Jeder Fan US-amerikanischer Historienfilme im Stile von "Kleopatra" von 1963 kann sich diese Räume eingerichtet vorstellen. Mit reich verzierten Tischen und Stühlen, mit bequemen Triclina, wie man in der Antike hölzerne Sofas nannte, auf die sich die gut betuchten Römer beim Speisen bequem ausstreckten, mit Truhen und Leuchtern, die die reich mit Malereien bedeckten Wände im rechten Licht erstrahlen ließen. Zum Beispiel im sogenannten "studiolo". Den Archäologen zufolge befand sich in diesem Raum das Arbeitszimmer von Gaius Octavius, als dieser noch nicht Kaiser war, und sich noch nicht Augustus nannte. Ein Zimmer, das Malereien mit architektonischen Motiven auf pompejanischrotem Untergrund zeigt. Ein fast schon bescheidenes Arbeitszimmer, meint der römische Historiker Giovanni Brizzi:
"Es gibt so viele Historienfilme, die Roms Kaiserpaläste als riesig und monumental wiedergeben. Auf Augustus trifft das nicht zu, nicht auf diesen ersten Kaiser, dafür aber auf seine späteren Nachfolger. August hingegen wohnte auf dem Palatin in einer Villa, luxuriös, sicherlich, aber nicht riesig. Eine fast schon bescheidene Unterkunft für den Gründer des römischen Reiches."
Nach Jahre langen Restaurierungsarbeiten ist sie nun endlich begehbar: die mehrstöckige Domus Augusti, die privaten und auch öffentlichen Gemächer des Augustus, die sich auf dem südwestlichen Teil des Palatinhügels befinden. Auch wenn der Großteil der Kaiserresidenz zerstört ist vermitteln die Ruinen und die erhaltenen Räume einen beeindruckten Einblick in das Wohnhaus des ersten römischen Kaisers. Das 22.000 Quadratmeter große Gebäude besteht aus einem klassischen Atrium, um das herum die domus privata und die öffentliche domus publica errichtet wurde. Fast alle erhaltenen Zimmer sind reich mit Fresken ausgeschmückt, die nach dem damaligen Geschmack Architektur- und Naturelemente zeigen.
Im "Zimmer der Masken" erinnern die Malereien an den Wänden an Theaterszenografien, mit jenen typischen Masken, die damals auf Bühnen von Schauspielern getragen wurden. Es gibt Räume für kultische Zwecke, die ehemalige Bibliothek, Palatina genannt, damals die umfangreichste Roms, einen Speisesaal, ein Schlafzimmer, in dem, so schrieb der antike Schriftsteller Sueton, der Kaiser auf einem einfachen Holzbett schlief.
Eine Kaiservilla, kein Palast
Eine Kaiservilla, kein Palast, meint die Archäologin Mariarosaria Barbera, Verantwortlich für die Altertümer auf dem Palatin:
"All das kann jetzt besichtigt werden. Der Besucher wird sehen, wie zurückhaltend in Geschmack und Pomp der erste römische Kaiser privat und öffentlich in seinem Haus lebte. Dieses Haus repräsentiert den Charakter eines Mannes, der keinen Pomp brauchte, um Macht zu symbolisieren. Um die Luftfeuchtigkeit in den freskengeschmückten Räumen konstant zu halten, dürfen jeweils nur 20 Personen an den Führungen teilnehmen."
Die Casa di Augusto verfügt über mehrere symbolträchtige Attribute, die sie entschieden von den Villen anderer Standesgenossen abhob. Augustus wählte sich diesen Ort für seine Villa auch aus einem ganz präzisen ideologischen Grund aus: unter dem Gebäude soll sich der Legende nach die Grotte des Lupercale befinden, jene für die römische Mythologie so wichtige Höhle, in der die römische Wölfin Romulus und Remus gesäugt haben soll.
Als aus Octavius Augustus wurde ließ der Kaiser sein Haus vergrößern. So ordnete er an, dass direkt neben seiner Villa ein prächtiger Apollotempel entstand, dazu ein weiter Tempelvorplatz und verschiedene Versammlungssäle.
Kaiser Augustus starb im Jahr 14 nach Christus. Wahrscheinlich in seiner Villa auf dem Palatin. Nach ihm wohnte dort niemand mehr. Teile des Gebäudes galten fortan als Heiligtum zum Gedenken an den Staatsgott Augustus oder wurden Teil späterer Paläste. Es gleicht fast schon einem Wunder, dass während der regen Bautätigkeit späterer Kaiser auf dem Palatinhügel die wenigen aber dafür gut erhaltenen ausgemalten Privaträume des Augustus nicht zerstört wurden.