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Historischer Vulkanausbruch

Vulkanologie. - Vor 120 Jahren ereignete sich morgens um 10.13 Uhr Ortszeit, am 27. August 1883 eine der gewaltigsten Explosionen, von denen die Menschheit weiß. Die indonesische Vulkaninsel Krakatau explodierte - und der Knall war noch in 4000 Kilometern Entfernung zu hören. Es war der drittgrößte Vulkanausbrüche der Erdgeschichte, zehnmal stärker als die des Mount St. Helens im Jahr 1980 und doppelt so groß wie der historische des Vesuvs, der Pompeji vernichtet hat.

27.08.2003
    Von Dagmar Röhrlich

    Schon seit Mai war der Krakatau aktiv gewesen. Immer wieder hatte es Eruptionen gegeben, mit der Zeit wurden sie immer stärker. Dann, am Morgen des 27. August, war es so weit: Der Förderschlot hatte sich so weit geöffnet, dass gewaltige Mengen an Magma schlagartig den Weg aus der sechs Kilometer tiefen Magmenkammer an die Oberfläche fand. Haraldur Sigurdsson von der Universität von Rhode Island:

    Die Energie des Krakatau-Ausbruchs wurde auf mehrere Wege in die Umwelt freigesetzt. Eine gewaltige Schockwelle umrundete die Erde. Im Meer löste sie einen Tsunami mit 40 Meter hohen Wellen aus, der auf den Nachbarinseln Java und Sumatra 36.000 Menschen tötete. Und es gab einen Glutstrom aus heißer, vulkanischer Asche, der über das Meer geflossen ist. Es klingt unglaublich: Die heiße Asche floss über das Wasser und erreichte die 50 Kilometer entfernte Südspitze von Sumatra, wo 2000 Menschen verbrannten. Inzwischen kennen wir auch andere Beispiele für dieses Phänomen, und wir haben sogar Lava über das Wasser fließen sehen.

    Nach dieser gewaltigen Eruption brach der Berg über seiner leeren Magmenkammer zusammen.

    Durch die Explosion war ein Krater, eine Caldera, entstanden, die sich mit Seewasser füllte. Aber die vulkanische Aktivität war nicht vorbei. Seit 1927 baut sich in der Mitte der Caldera eine neue Insel auf: Anak Krakatau. Anak ist indonesisch und heißt Kind. Es gibt ständig Ausbrüche, jeden Tag, aber es sind kleine Ausbrüche. Trotzdem ist die Insel inzwischen auf mehr als 300 Meter über dem Meeresspiegel angewachsen. Wann immer ich dorthin komme, ist sie wieder ein wenig höher.

    Obwohl das Kind heute noch nicht einmal halb so groß ist wie die Reste des Krakatau selbst, wächst es doch unaufhörlich zu einem wirklich großen Vulkan heran. Noch sind die Ausbrüche harmlos, aber in einigen Hundert Jahren könnte auch Anak Krakatau gewalttätig werden. Schon jetzt registrieren die Geologen erste Veränderungen. So steigt die Zahl der Erdbeben derzeit an. Wie explosiv der Charakter eines Vulkans ist, hängt von der chemischen Zusammensetzung der Lava ab, von ihrem Gas- und Wassergehalt:

    Das Magma aus der heutigen Aktivität des Anak Krakatau enthält wenig Silizium und Wasser. Das Magma von 1883 führte wesentlich mehr Silizium und sehr viel Wasser. Magma entwickelt sich mit der Zeit weiter. Die Chemie in der Magmenkammer ändert sich durch die Schwerkraft. Es ist etwa so, als ob sich die Sahne auf der Milch absetzt. In den jüngsten Laven des Anaks sehen wir, dass sich der Siliziumgehalt wieder aufbaut.

    Die Eruption des Krakatau war vor 120 Jahren das erste weltweite Medienereignis. Telegraphen sorgten dafür, dass sich die Kunde des Geschehens bis in entferntesten Winkel des Globus verbreitete. Das brachte die Wissenschaft weiter: Die Forscher in Europa bemerkten die besonders schönen Sonnenuntergänge nach der Explosion - und sie zogen ihre Schlüsse, erklärt Tom Simkin vom Smithsonian Institute in Washington:

    Die Menschen erkannten Effekte auf große Distanz und korrelierten sie mit dem Ausbruch. Sie entdeckten, was in den großen Höhen in der Atmosphäre passiert. Man identifizierte den Jetstrom, und wie er die bei der Explosion freigesetzten Aerosoltröpfchen transportiert, die dann wie feinster Nebel die ganze Oberfläche des Planeten einhüllte, bevor dann wieder alles vorbei war.

    Die Natur auf Krakatau hat sich inzwischen wieder erholt. Pflanzen wuchern, es ist ein Vogelparadies, und es gibt viele große Pythons, die sich aber vor allem von den allgegenwärtigen Ratten ernähren, abends fliegen große Fledermäuse nach Sumatra. Nur der Mensch ist nicht zurückgekehrt. Krakatau ist für ihn gesperrt.