Archiv

Hitzeresistente Ackerpflanzen
Klimawandel macht fremde Sorten für Landwirte attraktiv

Deutsche Landwirte bekommen Wetterextreme wie lange Hitze- und Trockenperioden inzwischen immer stärker zu spüren. Auch für diese Saison rechnen Agrarverbände wieder mit Ertragsverlusten. Fremde Feldfrüchte, künstliche Bewässerung und Regenrückhaltung werden darum künftig eine größere Rolle spielen.

Von Volker Mrasek |
Beregnungsanlage auf einer Sojabohnenplantage
Beregnungsanlage auf einer Sojabohnenplantage (imago stock&people)
"Ich mach‘ jetzt hier ‘mal das auseinander. Hier haben wir auch schon die ersten Ansätze für die Hülsen, wie so kleine behaarte Erbsen oder Böhnchen dann."
Andreas Butz vom LTZ, dem Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg in Karlsruhe, durchstreift ein Versuchsfeld. Darauf wachsen Sojabohnen. An seiner Seite Roland Metzger, der Leiter des Versuchsbetriebs:
"Der Bestand ist gut entwickelt." "Unkrautfrei." "Ja." "Keine Beikräuter." "Jetzt muss es nur noch regelmäßig regnen, dann wird es ein schöner Ertrag. Sojabohne ist ‘ne Kultur, die im Süden Deutschlands im Kommen ist. Eine interessante Option für die deutsche Landwirtschaft."
Winterweizen und Raps in Not
Denn die kriegt den Klimawandel inzwischen immer stärker zu spüren. Zuletzt ließ der extrem trockene Sommer 2018 viele Felder verdorren. Kurt Möller, Leiter des Referates Pflanzenbau im LTZ:
"Also, im letzten Jahr hatten wir zum Beispiel teilweise sehr starke Ertragsausfälle im Maisanbau."
Auch Winterraps traf es hart. Viele Landwirte säten das gelbblühende Kohlgewächs deshalb gar nicht erst wieder aus. Die Anbaufläche in Deutschland schrumpfte um fast 30 Prozent. Als Winterkultur leide Raps unter der zunehmenden Frühjahrstrockenheit, erklärt LTZ-Biologe Holger Flaig:
"Das Jahr 2011 zum Beispiel. Das war ein katastrophales Jahr für den Raps, weil es quasi von Februar bis Anfang Juni kaum geregnet hat. Sonst ist es eigentlich eher ‘ne robuste Pflanze. Wenn‘s jetzt wirklich immer heißer und trockener wird und diese Frühjahrstrockenheit sich zu einem Trend entwickeln sollte, dann könnte es schon sein, dass sie hier im Süden allmählich ein Problem bekommt."
Hartweizen und Soja sind auf dem Acker im Kommen
Starke Ertragseinbrüche hat auch Winterweizen schon erlebt, das wichtigste deutsche Brotgetreide. Immer mehr Bauern schwenkten inzwischen auf hitzetolerantere Sorten um, die es auch gebe, so Andreas Butz. Aber: Diese Weizen-Varianten müsse man früher im Jahr ernten:
"Man erkauft es immer mit Ertrag und unter Umständen auch mit Qualität."
Durch die Unwägbarkeiten des Klimawandels werden nun auch fremde Feldfrüchte für Landwirte interessanter – wie etwa die Sojabohne. Eigentlich stammt sie aus Asien. Aus dem Eiweiß-Lieferanten macht man Tierfutter und Tofu. Dort, wo es besonders trocken ist, bauen Bauern jetzt auch vermehrt Hartweizen an – kein Brot-, sondern ein Pastagetreide, ursprünglich verbreitet im Mittelmeer-Raum:
"Um das Risiko vom Klimawandel zu minimieren, ist ein wichtiges Instrument, auf vielfältigere Fruchtfolgen zu setzen, / die unterschiedliche klimatische Ansprüche haben."
Bewässerung und Regenrückhaltung werden immer wichtiger
Auch das gibt es auf den Testfeldern des LTZ: Versuche mit großen Regenmaschinen, in diesem Fall zur Bewässerung von Körnermais, der im Moment seine Kolben ausbildet. Bisher bewässern Landwirte knapp drei Prozent der Anbaufläche in Deutschland, vornehmlich auf sehr trockenen Böden. Dabei wird es für Agrarwissenschaftler Butz aber vermutlich nicht bleiben:
"Das ist ‘ne Sache, die in Zukunft relevanter werden kann. Wenn so ‘ne Trockenphase ist wie dieses Jahr oder wie letztes Jahr, dann nutzen sie auch die Möglichkeiten zur Beregnung."
Das verteuert nicht nur das Getreide – das strapaziert auch die Trinkwasser-Vorräte. Nach den Simulationen der Klimaforscher werden sich die Dürre-Jahre weiter häufen. Pflanzenbau-Experte Kurt Möller denkt deshalb über den Tag hinaus:
"Also, wir werden uns Gedanken darüber machen müssen, wie wir die verstärkten Winterniederschläge in der Region halten. Was machen die Italiener, was machen die Spanier? Die haben Rückhaltebecken und haben Kanäle, und führen das Wasser im Sommer auf die landwirtschaftlichen Flächen. Darüber, denke ich, müssen wir uns Gedanken machen."