37 Prozent aller Hitzetoten in den letzten drei Jahrzehnten hätte es ohne den Klimawandel nicht gegeben – das ist die Kernaussage der neuen Untersuchung. Sie stützt sich auf Daten aus über 730 Städten in 42 Ländern der Erde. Für Ana Maria Vicedo-Cabrera sind die 37 Prozent eine Zahl, die jeden aufrütteln sollte. Die spanische Gesundheitswissenschaftlerin initiierte die erste so umfangreiche Studie dieser Art. Sie forscht an der Universität Bern: "Man kann auch sagen: Jeder dritte Todesfall, der im Zusammenhang mit Hitze steht, kann dem menschlichen Einfluss auf das Klima zugeschrieben werden. Das, finde ich, ist ein sehr frappierendes Ergebnis!"
Vicedo-Cabrera und ihre Ko-Autoren werteten insgesamt 30 Millionen Todesfälle aus. Alle traten während der heißen Sommermonate auf, in den Jahren 1991 bis 2015. Für jede einzelne Stadt der Studie ermittelten sie dann den Zusammenhang zwischen Todes- und Hitzerate – also wie stark die Sterblichkeit mit der Lufttemperatur vor Ort steigt.
Anstieg hitzebedingter Todesfälle
Abschließend wurden zwei verschiedene Welten im Computer simuliert: eine reale, wie sie wirklich war, und eine fiktive ohne die Treibhausgas-Emissionen des Menschen. Das Real-Szenario lieferte dabei viel höhere Zahlen von städtischen Hitzetoten als das fiktive. Die Differenz sei der Anteil, der auf das Konto des Klimawandels gehe, so Ana Maria Vicedo-Cabrera – eben jene 37 Prozent.
"Dieser Schätzwert gilt für viele Länder und Regionen – aber nicht für die ganze Welt! Aus Afrika haben wir zum Beispiel nur ein Land in der Studie, und zwar Südafrika. Auch in Asien und im Nahen Osten fehlen uns viele Länderdaten. Aber wir können hier sehen, wie wir selbst zum Anstieg hitzebedingter Todesfälle in den meisten Weltregionen beitragen. Unsere Studie zeigt eindeutig: Der Klimawandel betrifft nicht erst künftige Generationen. Wir haben schon jetzt mit ihm zu kämpfen!"
Sommer sind durchschnittlich wärmer
Laut der Studie waren Sommer in den 90er-Jahren noch 21,5 Grad Celsius warm – so der Durchschnittswert für die mehr als 730 Städte. Nach 2010 seien es dann 23 Grad gewesen. Das klinge nach keiner allzu großen Veränderung, sagt Alexandra Schneider, Ko-Autorin der neuen Studie. Man solle sich da aber nicht täuschen lassen, mahnt die Meteorologin und Epidemiologin vom Helmholtz-Zentrum München: "Das ist ja nicht so, dass sich sozusagen nur der Mittelwert der Temperatur verschiebt. Da würde man vielleicht sagen: Na ja, dann ist es jetzt im Mittel ein Grad wärmer, ist ja vielleicht ganz nett! Aber es verschieben sich eben vor allem die Extremwerte. Also, es werden ja immer mehr Hitzewellen, die Hitzewellen werden länger und eben auch wesentlich extremer als früher."
Würde man die Ergebnisse der Studie auf alle Länder und Großstädte der Welt übertragen, käme man im Schnitt auf über 100.000 Hitzetote durch den Klimawandel pro Jahr, heißt es in der Veröffentlichung.
Europa besonders betroffen
Auch Deutschland kommt in der Studie vor, mit Daten aus zwölf Großstädten. Berlin wird in der Veröffentlichung exemplarisch erwähnt – als Stadt, in der die Zahl der Hitzetoten besonders stark steigt, wenn die Sommertemperaturen Extremwerte erreichen. Dass Deutschland empfindlicher auf Hitzewellen reagiere als viele anderen Länder, habe kürzlich schon im Medizin-Fachjournal "The Lancet" gestanden, sagt Alexandra Schneider: "Da kam das auch schon raus, dass im Prinzip Europa wirklich eine sehr betroffene Region ist bezüglich Hitzetoten. Und da rangiert tatsächlich Deutschland an dritter Stelle nach China und Indien und noch vor den USA."
2018 gab es demnach rund 20.000 hitzebedingte Todesfälle in Deutschland. Ohne den Klimawandel wären es deutlich weniger gewesen.