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Hochschul-Finanzierung
Brexit-Sorgen an Edinburghs Universität

An der Universität von Edinburgh genießen EU-Bürger ein kostbares Privileg: Sie können studieren, ohne Studiengebühren zu zahlen. Doch mit einem möglichen Brexit ist die Zukunft dieser Regelung ungewiss. Die Sorgen gehen noch weiter: EU-Fördergelder für die Traditionshochschule könnten wegfallen.

Von Burkhard Birke |
Blick auf das historische Gebäude des New College der University of Edinburgh, dahinter ein grauer Wolkenhimmel.
Die Universität von Edinburgh ist 400 Jahre alt, hat Bürgerkriege und Hungersnöte überstanden - nun auch den Brexit? (imago / Renzo Frontoni)
"Ein völliges Durcheinander, peinlich sei der Brexit, es mache keinen Sinn die EU zu verlassen."
So wie die Schottin Olivia denken die meisten der rund 40 000 Studenten der Universität von Edinburgh, bestätigt auch die Deutsche Larissa:
"Meine Kommilitonen sind alle sehr sehr offen. Also ich habe so noch niemanden getroffen, der Brexit befürwortet."
Keine Studiengebühr für EU-Studierende
Larissa ist eine von 600 deutschen Studierenden an der University of Edinburgh und genießt als EU Bürgerin ein besonderes Privileg:
"Für das Erststudium gibt es für europäische Studenten keine Studiengebühr und für das Lehramtsstudium auch nicht, das heißt, die werden für mich übernommen. Zuerst wollte ich in Großbritannien studieren und das ist einer der Gründe warum ich nach Schottland gekommen bin."
Gemeint hat Larissa natürlich England, aber der Versprecher ist interessant, zeigt er doch, dass Schottland für Studierende sehr anders als der Rest Großbritanniens ist. Das Grundstudium dauert vier statt drei Jahre.
90 Millionen Euro von der EU
Die Studiengebühren für Schotten und EU Bürger übernimmt - anders als in England – die Regionalregierung bestehend aus schottischen Nationalisten der SNP und Grünen. Larissa und Olivia sparen so 9.250 Pfund pro Jahr, aber wie lange kann sich die schottische Regierung das noch leisten? Denn mit dem Brexit schwebt Ungewissheit auch über solchen Privilegien, glaubt Rektor Peter Mathieson:
"Wir sind gewissermaßen ein Kollateralschaden, wir werden zum nicht beabsichtigten Opfer der politischen Veränderung. Wir müssen stark genug sein, um das zu überstehen. Wir brauchen Selbstvertrauen. Die Universität von Edinburgh ist über 400 Jahre alt, hat Bürgerkriege, Hungersnöte und verschiedene soziale Unruhen überlebt, wir werden auf jeden Fall auch den Brexit überleben."
Peter Mathieson, Rektor der Universität von Edinburgh
Peter Mathieson, Rektor der Universität von Edinburgh (Deutschlandradio / Burkhard Birke)
Die University of Edinburgh hat einen Ruf zu verteidigen. Im internationalen Ranking der besten Hochschulen weltweit belegt sie Platz 20, liegt also weit vor deutschen Unis, allerdings hinter Oxford und Cambridge. Bereits in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde hier Künstliche Intelligenz unterrichtet. Mit UNA Europa und über andere Forschungskooperationen arbeitet man eng mit Hochschulen in der EU Zusammen, in Deutschland mit Freiburg, Heidelberg, München und neuerdings der FU Berlin. EU-Förderprogramme spielen eine maßgebliche Rolle für die Forschung. Zwar hat die britische Regierung kurzfristig die Übernahme von Fördergeldern im Zuge eines Brexits versprochen, aber man profitiere überproportional von der EU, betont Peter Mathieson:
"Unser Forschungsetat beläuft sich auf 300 bis 400 Millionen Pfund pro Jahr. Dazu steuert die EU etwa 80 bis 90 Millionen bei. Und da sind nur die Großprojekte berücksichtigt. Wir vergeben auch eine Menge Stipendien mit Hilfe von EU Geldern. Da sind enorme Summen im Spiel, aber uns geht es fast noch mehr um die Menschen als um das Geld."
Wie wird die Uni im Fall eines Brexit finanziert?
Denn beschränkt Großbritannien nach dem EU Austritt die Arbeitnehmerfreizügigkeit, könnte der Universität von Edinburgh hochqualifiziertes Personal in Lehre und Forschung abhandenkommen. Eventuell fällige Studiengebühren würden zudem Studenten aus anderen EU Staaten fernhalten, glaubt auch die deutsche Studentin Larissa:
"Ich glaube, dass das eine sehr traurige Situation ist, weil ich das als eine sehr positive Erfahrung erlebt habe, hier studieren zu können. Und es wäre schade, dass anderen nicht möglich machen zu können und ich glaube, dass das auch eine Veränderung an den Universitäten sein wird. Da an den Universitäten, wo ich war – in Aberdeen vorher – es ein großer Einschnitt sein würde, wenn keine EU Studenten mehr kämen oder nicht mehr so viele."
Ungewissheit und fehlende Planungssicherheit
Rektor Peter Mathieson von der University of Edinburgh sieht das genauso. Der Mediziner war der erste in seiner Familie, der dank staatlicher Unterstützung studieren konnte.
"Ich habe die schottische Regierung mehrfach nach dem Geld gefragt. Denn momentan subventioniert sie das Studium von EU Bürgern mit rund 90 Millionen Pfund. Nach dem Brexit wissen wir nicht, ob diese Summe für Hochschulen oder für Straßenbau, Gefängnisse oder Krankenhäuser ausgegeben wird. Denn in der Bildungspolitik ist die schottische Regierung autonom."
Die Regionalregierung finanziert derzeit nahezu die Hälfte des eine- Milliarde-Pfund-Jahresetats der Universität von Edinburgh. Der Brexit könnte aber zum Versickern der Geldquellen führen. Es ist vor allem diese Ungewissheit, die fehlende Planungssicherheit, die Rektoren wie Peter Mathieson zurzeit in Großbritannien das Leben schwer macht.
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