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Hochschul-Sanierung
Die Uni als Dauerbaustelle

Viele deutsche Hochschulen müssten eigentlich saniert werden. Allerdings fehlt dafür oft das nötige Geld, beklagen viele Betroffene auf dem Jahrestreffen des Deutschen Hochschulverbands (DHV). Deshalb suchen viele Universitäten notgedrungen eigene Lösungen für das Problem.

Von Manfred Götzke |
    Ein junger Bauarbeiter steht an einer Betonmischmaschine auf einer Baustelle. Er trägt eine gelbe Warnweste und einen bleuen Helm.
    An vielen deutschen Hochschulen sind Bauarbeiten notwendig. (imago)
    Anke Rita Kaysser-Pyzalla nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn sie über den baulichen Zustand ihrer Hochschule spricht. Schließlich musste die Präsidentin der TU Braunschweig kürzlich ein ganzes Gebäude dicht machen:
    "Nachdem zu unserem großen Bedauern die Instandhaltung durch das Baumanagement des Landes nicht garantiert werden konnte – da gab es Sicherheitsmängel aufgrund von Brandschutz."
    Nicht alles an der TU-Braunschweig ist marode, einsturzgefährdet oder komplett veraltet. Mit Mitteln des Landes wurde kürzlich sogar ein hochmodernes Chemielabor-Gebäude eröffnet. Doch in die "normalen" Hörsäle und Seminarräume, in denen Studierende die meiste Zeit ihres Uni-Alltags verbringen, wurde seit Jahrzehnten kaum mehr Geld gesteckt.
    Probleme mit Bausubstanz aus den 60ern und 70ern
    "Wir haben bei den alten Gebäuden eine ganze Menge, die extrem marode sind, insbesondere haben wir ein Problem mit der Bausubstanz aus den 60er und 70er-Jahren und das gilt für alle anderen Hochschulen, die zu einem großen Teil in der Zeit entstanden sind genauso. Also wenn sie das funktionsgerecht sanieren wollen, kostet das viel Geld und ist extrem schlecht zu planen."
    Alte Gebäude sanieren und instand halten sei eben nicht so glamourös wie rote Bänder durchschneiden.
    "Und niemand kommt, wenn sie einen Abriss machen…"
    Bei 20 Milliarden liegt der Investitionsstau heute. Bis 2025 müssten die Hochschulen in Deutschland sogar 35 Milliarden Euro in die Hand nehmen, um ihre Gebäude halbwegs instand zu halten. Das hat das HIS-Institut für Hochschulentwicklung kürzlich ausgerechnet. Bernhard Kempen, der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes nennt das – eine mittlere Katastrophe.
    "Bildungsrepublik heißt auch, dass wir in Umfeld schaffen, in dem Lehren und Lernen attraktiv ist, sie lernen als Student doch ganz anders, wenn sie in Baulichkeiten sich bewegen, die adäquat sind, sie müssen nicht luxuriös sein aber sie müssen wenigstens funktional sein, und das sind sie heute nicht."
    "Wissenschaft hat einen längeren Atem als eine Legislaturperiode"
    Dass das so ist, hängt vor allem mit dem System der Hochschulfinanzierung zusammen. Die grundständigen Budgets der Hochschulen wurden in den vergangenen 20 Jahren kaum erhöht. Den Ausbau der Hochschulen – mehrere Hunderttausende zusätzliche Studienplätze – all das finanzieren die Hochschulen vor allem mit Drittmitteln oder temporären Bund Länderprogrammen – den Hochschulpakten.
    "Die Pakte sind das Problem, die sind immer nur auf Sicht – keine Ahnung wie es danach weiter geht. Und das bedeutet, wir können nicht langfristig investieren. Aber genau das brauchen wir in der Wissenschaft – Wissenschaft hat einen längeren Atem als eine Legislaturperiode."
    Ein weiteres Problem: Mit der Föderalismusreform von 2006 ist der finanzstärkste Player im Wissenschaftssystem – der Bund – komplett aus dem Hochschulbau ausgestiegen.
    "Das bedeutet, dass die Bundesländer alleine auf die Hochschulbaufinanzierung verwiesen sind – und wir wissen schon jetzt, dass das die meisten Bundesländer – wegen der Schuldenbremse nicht schaffen werden."
    Unterschiedliche Ausgaben je nach Bundesland
    Wie viel den einzelnen Bundesländern ihre Hochschulen wert sind, ist dann auch noch höchst unterschiedlich, sagt Mathias Brodkorb. Der SPD-Politiker war bis 2016 Wissenschaftsminister in Mecklenburg-Vorpommern. Seitdem ist er für die Finanzen zuständig.
    "Die Ausgaben der Länder weichen sehr stark voneinander ab, allerdings nicht die Finanzausstattung der Länder – durch den Länderfinanzausgleich sind die Länder relativ gleich ausgestattet, und so sollte man vermuten, dass eigentlich auch jeder einen ähnlichen Anteil für Hochschulen ausgeben könnte, zumal wir alle ein bundesweites Recht auf Berufswahlfreiheit zu garantieren haben."
    Brodkorb macht sich deshalb für eine Reform des Länderfinanzausgleichs stark. So sollten die Länder finanziell belohnt werden, die überdurchschnittlich viel in die Hochschulen und deren Gebäude investieren:
    "Um einfach einen Ausgleich zu schaffen, dass die Länder sich in ihren Niveaus einigermaßen angleichen. Also das wäre gesamtgesellschaftlich ein sinnvoller Mechanismus."
    Doch bis Brodkorbs Idee – wenn überhaupt – mal umgesetzt wird, dürften Jahre vergehen. TU-Präsidentin Kaysser-Pyzalla muss jetzt ihre einsturzgefährdeten Altbauten reparieren. Weil der Staat ihr nicht genügend Geld für die nötigsten Sanierungen gibt – holt sie es sich jetzt bei der Industrie – durch Forschungskooperationen.