Ein Standort hier, ein Standort da – überfüllte Hörsäle und Labors, zwischen denen die Studenten der Technischen Fakultät an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hin- und herpendeln. So ist die Situation seit Jahren und jahrelang wurde auch darüber diskutiert, wie Abhilfe zu schaffen ist.
Doch nun hat die bayerische Staatsregierung eine überraschende Lösung präsentiert. In den nächsten zehn bis zwölf Jahren soll in Nürnberg eine neue und eigenständige Universität entstehen, was Finanzminister Markus Söder immer wieder gerne mit großen Worten ankündigt:
"Die klare Aussage, dass Nürnberg eine eigene Universität bekommt, ist eine historische Entscheidung."
Langwierige politische Taktierereien
Diese Entscheidung scheint zumindest einen Schlussstrich unter langwierige politische Taktierereien zu ziehen. Dass der Hochschulstandort im Großraum Nürnberg-Fürth-Erlangen gestärkt werden soll, ist seit Jahren Konsens. Ursprünglich ging es darum, die Technische Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität auszubauen.
Die Nürnberger Stadtspitze unter SPD-Oberbürgermeister Ulrich Maly hatte deswegen angeregt, Teile der Uni auf dem Quelle-Areal anzusiedeln. Allerdings zu Zeiten des letzten Kommunalwahlkampfs. Und so präsentierte die CSU-Staatsregierung nur kurz darauf ihre eigene Lösung: genau auf der anderen Straßenseite, auf dem ehemaligen AEG-Gelände.
Großer Wurf statt kleine Lösung
Tatsächlich hat sich die bayerische Staatsregierung nun zum großen Wurf entschlossen: Es gibt keinen Technologiecampus auf AEG, sondern eine neue eigenständige Universität in Nürnberg. Und dafür nimmt die bayerische Staatsregierung viel Geld in die Hand. Eine Milliarde Euro ist zunächst für den Bau der neuen Uni veranschlagt, 100 Professorenstellen sollen neu eingerichtet werden und 5.000 bis 6.000 Studienplätze entstehen.
Aber Ministerpräsident Horst Seehofer ist sich sicher, dass dieses Geld gut angelegt ist. Denn Hochschulansiedlungen sind für ihn ein wirksames strukturpolitisches Werkzeug:
"Wissenschaftliche Einrichtungen sind für die Entwicklung einer Region wichtig. Wir haben die Erfahrung: Überall dort, wo wir Fachhochschulen haben, also Hochschulen für angewandte Wissenschaft, Universitäten, dass dort dann auch die wirtschaftliche und soziale Entwicklung für die Bevölkerung sich positiv gestaltet."
Eine Meinung, mit der Seehofer nicht alleine dasteht. Auch Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly ist mit der großen Lösung sehr zufrieden. Denn der Trend zum Hochschulstudium ist ungebrochen und deswegen gibt es eher zu wenige als zu viele Studienplätze. Darüber hinaus sind Elektro- und Fahrzeugtechnik, Maschinenbau und andere technische Branchen wichtige Industriezweige in der Stadt und das soll auch in Zukunft so bleiben:
"Wir haben ja immer drunter gelitten, dass die Verteilung der Friedrich-Alexander-Universität auf die beiden Standorte Erlangen und Nürnberg etwas asymmetrisch war: deutlich mehr in Erlangen, in Nürnberg die Lehrerbildung und die Wirtschaftswissenschaften – zahlenmäßig weniger, kaum technologische Ansätze und eigentlich haben wir schon immer gesagt: Wir brauchen eigentlich zu unserer ja immer noch zukunftsfähigen Wirtschaftsstruktur auch die passenden Forschungseinrichtungen. Wenn die jetzt neu entstehen und nicht durch Zellteilung innerhalb der Technischen Fakultät soll's mir nur recht sein – dann ist das 'ne ganz eigene Einrichtung, die ihren Standortvorteil für Nürnberg entwickeln kann."
Kreatives Konzept gesucht
Mittlerweile hat eine Strukturkommission unter der Leitung von Wolfgang Herrmann, dem Präsidenten der Technischen Universität München, die Arbeit aufgenommen. Sie soll ein Konzept für die neue Uni in Nürnberg erarbeiten und darf dabei auch durchaus kreativ sein.
Wenn man so will, darf sie eine Universität völlig neu erfinden. Auch als selbstverständlich geltende Strukturen werden dabei hinterfragt, zum Beispiel, ob eine Gliederung in Fakultäten überhaupt noch zeitgemäß ist.
Vor allem aber muss geklärt werden, wie das bereits bestehende Hochschulangebot in der Region sinnvoll ergänzt werden kann. Dabei ist der Zeitplan ambitioniert: im Sommer 2018 soll zumindest eine Grobstruktur erarbeitet sein. Denn in zehn bis zwölf Jahren soll Deutschlands erste echte Campus-Uni in Nürnberg den Betrieb aufnehmen. Ein 90 Hektar großes Areal im Süden der Stadt wird dann zu einen Drittel mit reinen Universitätsgebäuden bebaut sein, ein weiteres Drittel soll Wohnungen für die Studierenden bieten und auf dem Rest des Geländes soll eine Parklandschaft für eine angenehme Atmosphäre sorgen.