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Hochschulen
Hohe Hürden für deutsch-griechische Studiengänge

Hochschulrektoren aus Deutschland und Griechenland haben sich getroffen, um gemeinsame Projekte zu entwickeln. Angedacht sind zum Beispiel länderübergreifende Studiengänge. Der bürokratische Aufwand ist aber groß.

Von Thomas Wagner |
    Studenten sitzen in einem Hörsaal der Universität Koblenz-Landau
    Ein Plan der Rektoren: Ein gemeinsamer Studiengang für griechische und deutsche Studenten. (picture alliance / dpa / Thomas Frey)
    Stürmische Zeiten in Griechenland: Ein Orkan verzögert die Ankunft der griechischen Rektorendelegation auf der Insel Rhodos. Dort wollen sie gemeinsam mit Vertretern der deutschen Hochschulrektorenkonferenz über Hilfsmaßnahmen beraten. Die Vertreter der deutschen Hochschulen haben bereits vor Monaten beschlossen, dass sie ihre griechischen Kollegen nicht im Regen stehen lassen wollen. Professor Dieter Lenzen, Rektor der Universität Hamburg und stellvertretender Vorsitzender der deutschen Hochschulrektorenkonferenz, hat es dagegen rechtzeitig zum Tagungsort auf Rhodos gechafft und macht von Anfang an klar:
    "Wir können natürlich nicht mit Geldkoffern ankommen, weil die Hochschulrektorenkonferenz diese Funktion nicht hat."
    Wohl aber mit einem Koffer voller Ideen für Kooperationsprojekte zwischen griechischen und deutschen Hochschulen. Modell dafür ist das Programm "Hochschulpartnerschaft mit Griechenland" des Deutschen Akademischen Austauschdienstes. Hierbei werde derzeit bereits elf konkrete Projekte mit jeweils bis zu 100.000 Euro gefördert worden.
    "Also wir haben jetzt zum Beispiel ein Projekt zwischen der Universität Siegen und der Universität Piräus im Bereich internationaler Politik, Europawissenschaften. Und da wird es ganz konkret jetzt eine Sommerschule geben, wo eben auch Deutsche nach Griechenland kommen."
    So Alexander Roggenkamp, Leiter des Informationszentrums Athen des Deutschen Akademischen Austauschdienstes. Solche gemeinsamen Projekte halten auch die griechischen Partner für sehr wichtig. Professor Anastasios Kodakos ist Bildungsplaner an der "University of Aegean" auf Rhodos:
    "Man muss auch sagen, dass an den griechischen Universitäten sehr gute Wissenschaftler sind, die nicht die Möglichkeit hatten, sich international zu bewähren. Dadurch, dass wir mit einem Universitätssystem wie dem deutschen zusammenarbeiten würden, erwarte ich eben konstruktivere Zusammenarbeitsmöglichkeiten, dass junge und weniger bekannte Wissenschaftler zustande kommen."
    Sprachliche und bürokratische Hürden
    Aus solchen projektbezogenen Kooperationen, so die Vorstellung der Tagungsteilnehmer, könnten die Partnerhochschulen in Griechenland und in Deutschland gemeinsame Studiengänge entwickeln; die Absolventen bekämen ein "Doppel-Diplom", also den Abschluss beider Hochschulen. Derartige Partnerschaften unterhalten deutsche Hochschulen mit vielen Länden Europas. Allerdings, so Alexander Roggenkamp vom DAAD in Athen:.
    "Das muss man sagen, das es jetzt zwischen griechischen und deutschen Universitäten noch keine konkreten 'Double-Degree-Programme' gibt. Also es gibt zwei, drei auf dem Papier, die aber nicht richtig funktionieren. Das wäre jetzt eine große Chance, das mal zu realisieren."
    Bislang stehen dem aber bürokratische und sprachliche Hürden entgegen. Wie die abgebaut werden können ist ein wichtiges Thema der Tagung auf Rhodos. Denn wegen der sprachlichen Hürden funktioniert der Austausch bisher eher als "Einbahnstraße": Viele griechische Studierende möchten nach Deutschland. Doch kaum ein Deutscher findet sich an den griechischen Unis. Das hat damit zu tun, dass dort die meisten Studiengänge nur auf Griechisch und nicht auf Englisch oder gar Deutsch angeboten werden. Und das müsste sich, so Dieter Lenzen von der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz, langfristig ändern:
    "Also hier haben wir in der Tat auch ein Problem zu bewältigen, das da heißt: Finden wir eine gemeinsame Sprache. Ist das Englisch? Kann das Deutsch sein?"
    Es kann durchaus Deutsch sein, entgegnet Anatasios Kodakos von der "University of Aegean":
    "In den griechischen Universitäten sind in vielen Fakultäten Kollegen, die auch Deutsch sprechen. In unserem Fachbereich sind es acht Professoren, die in Deutschland studiert haben. Das heißt: Wir könnten ganz locker ein Studienprogramm aufbauen, das in deutscher Sprache gehalten wird."
    Was Kodakos und seine Kollegen daran hindert, sind die hohen bürokratischen Hürden, die der Einrichtung solche Studiengange entgegenstehen. Die Bildungspolitik in Athen habe bis heute nicht begriffen, wie wichtig so etwas für die Fortentwicklung vor allem kleinerer Hochschulen wäre. Von einer intensiveren Zusammenarbeit mit deutschen Hochschulen erwartet sich Kodakos, dass sich daran etwas ändert.
    Studenten kehren selten nach Griechenland zurück
    Und ändern müsse sich auch etwas an den beruflichen Perspektiven für Jung-Akademiker und Jung-Wissenschaftler in Griechenland, fordert Dieter Lenzen von der deutschen Hochschulrektorenkonferenz. Es sei ja erfreulich, dass viele griechische Studierende nach Deutschland kommen. Aber:
    "Nur jeder Zehnte kehrt nach Griechenland zurück. Das darf nicht die Regel sein. Denn: Wenn es so ist, ist das ja keine Hilfe für Griechenland, das Land noch weiter ausbluten zu lassen. Das darf Deutschland nicht wollen."
    Das liege auch an den schlechten Gehältern für Wissenschaftler in Griechenland. Wer erst einmal in Deutschland ist, will nicht mehr zurück. Folge: Die Lücken im griechischen Lehr- und Forschungsapparat werden immer größer.
    "Das heißt: Wir müssen auch darüber sprechen, wie eine wettbewerbsfähige Bezahlung des wissenschaftlichen Personals durchgesetzt werden kann. Das hat wiederum mit einer vernünftigen Gestaltung von Sparmaßnahmen zu tun."
    Hier könnten sich die deutschen Rektoren vorstellen, gemeinsam mit ihren griechischen Kollegen Überzeugungsarbeit leisten - bei der Regierung in Athen, aber auch bei den Verantwortlichen der EU, die die Sparauflagen formulieren.