An den Universitäten wächst die Sorge um ihre künftige Finanzierung. Vor allem nach den neuesten Berechnungen der Kultusministerkonferenz, wonach die Zahl der Studienanfänger in den nächsten Jahren nicht, wie erwartet, sinken wird, sondern sich weiter auf hohem Niveau befindet. Auch ein halbes Jahr nach der Bundestagswahl haben sich die Koalitionsparteien noch nicht darauf geeinigt, wie die fest zugesagten Bundesmittel für die Grundfinanzierung der Universitäten verteilt werden. Auf der diesjährigen Jahresversammlung der Hochschulrektorenkonferenz war die prekäre finanzielle Lage daher auch das vorherrschende Thema.
"Die Mitgliederversammlung warnt eindringlich davor, dass Studienplätze wegbrechen in der Zeit, wenn die Blockade weitergeht. Es gibt einen Stillstand bei der Verfassungsänderung, der Beteiligung des Bundes an der Grundfinanzierung der Hochschulen, es ist der Hochschulpakt II nicht ausfinanziert."
Beklagt Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz.
Zahlreiche Studienanfänger
Etwas über 500.000 junge Menschen pro Jahr nehmen derzeit in der Bundesrepublik ein Studium auf – 2005 waren es noch 360.000. Seit Jahren haben die stetig steigenden Studienanfängerzahlen regelmäßig dazu geführt, dass der sogenannte Hochschulpakt aufgestockt wurde - er war ursprünglich von Bund und Ländern auf den Weg gebracht worden, um die Finanzierung der doppelten Abiturjahrgänge durch die Einführung des achtjährigen Gymnasiums zu gewährleisten. Auch durch den Wegfall der Wehrpflicht strömten mehr Schulabsolventen an die Hochschulen.
Doch diese Finanzierungszusage der Politik wird jetzt von der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag infrage gestellt. Steigende Studienanfängerzahlen dürften "nicht automatisch zum weiteren Ausbau der Hochschulen führen", ließ der bildungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion verlauten. "Der gesellschaftliche Grenznutzen der Akademisierung ist längst erreicht." Die Entwicklung dürfe nicht dazu führen, dass die Ausbildungsberufe immer unattraktiver würden, sagte auch sein Fraktionskollege und Michael Kretschmer:
"Wir kommen ja in die Situation, dass in Zukunft 50 Prozent eines Jahrgangs duale Ausbildung wählen und 50 Prozent ein Studium aufnehmen. Die Frage ist, was für die Jugendlichen selbst und was für unsere Volkswirtschaft das richtige Verhältnis ist."
HRK-Präsident Hippler hält dagegen:
"Wollen wir Planwirtschaft einführen? Wäre meine Antwort an dieser Stelle, oder wollen wir den jungen Menschen die Möglichkeiten geben zu nutzen, wenn sie denken, dazu sind sie fähig. Allerdings sollten wir natürlich Kriterien einführen und sagen, wenn die Hochschulen ein bestimmtes Anforderungsprofil haben, dann sollten die Hochschulen entscheiden, wen sie aufnehmen, und nicht dass durch ein Abitur festgelegt wird, dass jemand Anspruch auf einen Studienplatz hat. Das ist unser großes Problem."
Wenn der Hochschulpakt III nicht zustande komme, würden die Hochschulen nur noch zwei Drittel der Studienplätze anbieten können, warnte Hippler. Weitere und härtere Zulassungsbeschränkungen und längere Wartezeiten wären die Folge. Auch die Opposition sieht die steigenden Studierendenzahlen positiv – schließlich sei es erklärtes Ziel der Bildungspolitik gewesen, auch bildungsfernen Schichten den Zugang zu Hochschulen zu ermöglichen.
"Das ist aus unserer Sicht eine Chance für mehr Bildungsgerechtigkeit, die wir nicht verspielen dürfen, denn wer studieren möchte, muss einen Studienplatz mit guten Studienbedingungen bekommen, und deshalb muss die Prognose Ansporn für Bund und Länder sein, dieses Studierendenhochplateau auskömmlich zu finanzieren und deshalb den Hochschulpakt aufzustocken und fortzusetzen."
Forderte der grüne Bundestagsabgeordnete und Bildungspolitiker Kai Gehring.
Bund, Länder und das Kooperationsverbot
Die Unis bräuchten langfristige Planungssicherheit, statt ständig wieder als Bittsteller bei Bund und Ländern auf der Matte stehen zu müssen. Doch Bildung ist Ländersache, und damit der Bund in die Grundfinanzierung der Universitäten einsteigen könnte, müsste erst das Grundgesetz geändert werden. Erst 2006 hatte die damalige Große Koalition im Rahmen der Föderalismusreform das sogenannte Kooperationsverbot in der Bildung in die Verfassung geschrieben. Die Länder befürchten, dass der Bund dann nicht nur zahlen, sondern auch mitreden will. Zwischen Union und SPD herrscht derzeit Streit darüber, wie die im Koalitionsvertrag fest zugesicherten zusätzlichen neun Milliarden Euro Bundesmittel für Bildung trotzdem fließen können. Für HRK Hippler steht fest: "Das Kooperationsverbot muss fallen!"