Auch einen Tag nach den massiven Regenfällen sieht man immer noch die rostbraunen Fluten, wie sie in großen Wellen durch kleine Harzstädte rasen. Kleine meist nur knöchelhohe Bäche wurden binnen Stunden zu reißenden Flüssen.
In Teilen Niedersachsens ist die Lage noch sehr angespannt. In Hildesheim beispielsweise kämpft man seit den Nachtstunden gegen steigende Pegelstände. Obwohl es nicht mehr regnet, drückt das Wasser aus dem Harz ins Flachland weiter nach. Inzwischen ist man bei einem Pegel von über sieben Metern, die Feuerwehr ist mit 250 Leuten im Einsatz. Die Deiche in der Stadt werden ständig verstärkt und "neuralgische Punkte" besonders geschützt, sagt Helge Miethe, Sprecher der Stadt Hildesheim. Evakuierungen seien bisher nicht nötig gewesen. Die Einsatzkräfte sind durch den Dauereinsatz erschöpft.
"Ich mach das jetzt 43 Jahre, Feuerwehr, und das hab ich auch selber noch nicht erlebt."
Für den Nachmittag werden in Braunschweig hohe Pegelstände erwartet. Man sei vorbereitet und stelle sich auf Rekord-Pegel der Oker ein, heißt es seitens der Feuerwehr.
Immense Schäden an denkmalgeschützten Häusern
In Goslar dagegen mit seinen UNESCO-Weltkulturstätten dagegen beruhigt sich die Lage, der Katastrophenalarm wurde bereits gestern Abend aufgehoben. Aber die Schäden, auch an denkmalgeschützten Häusern sind immens, sagt CDU-Oberbürgermeister Oliver Junk
"Tatsache ist, dass wir ganz erhebliche Schäden im Stadtgebiet haben. Unser Zinnfiguren-Museum zum Beispiel ist vollgelaufen. Die Stadt selbst ist mit Brückenbauwerken, mit Straßen betroffen, aber viele Privateigentümer sind auch betroffen."
Auch in Bad Harzburg - das zeitweilig komplett vom Verkehr abgekoppelt war, wo gebietsweise der Strom abgeschaltet wurde - hat sich die Lage am Vormittag deutlich entspannt, auch hier gehen mittlerweile die Pegel zurück.
In Sachsen-Anhalt haben heute Vormittag bereits die Aufräumarbeiten begonnen.
Nachdem es in der Nacht nur noch einzelne Regenfälle gab, stagnieren die Fluss-Pegel in der Ostharz-Region. Allein im Harz-Vorland in Harsleben bei Halberstadt spitzt sich die Lage zu, hier droht das 2.000 Einwohner große Dorf durch einen kleinen Bach überflutet zu werden.
Im Großen und Ganzen aber, atmen die Menschen in Sachsen-Anhalt auf, sind froh, dass sich das Tief Alfred verzogen hat.
"Hätten wir nicht gedacht, dass es so schlimm wird."
Die Einkaufsstraße als künstliches Flußbett
Jetzt laufen die Pumpen, um die Keller wieder trocken zu legen. Zum Beispiel in Ilsenburg, einem kleinen beschaulichen Städtchen im Harz in der Nähe der früheren innerdeutschen Grenze, das vom Hochwasser besonders betroffen war. Hier hatte der Extrem-Regen die ganze Innenstadt geflutet.
Um das in den Griff zu bekommen, hatte man kurzerhand aus der Haupteinkaufsstraße des kleinen Ortes aus Sandsäcken ein künstliches Flussbett gemacht. Somit konnte man das Hochwasser in das etwas tiefergelegene Flüsschen – die Ilse - einleiten.
In Wernigerode mit seiner denkmalgeschützten Fachwerk-Innenstadt hat das Bauamt mit aufgeschütteten Bitumenresten eine Art Ringwall gebaut, um das einzigartige Zentrum vor den Wassermassen zu schützen. War im Nachhinein aber gar nicht nötig war, denn das Wasser das von der oben in den Bergen gelegenen Zilliertalsperre kommen sollte - die wie eine Badewanne vollgelaufen war – konnte einigermaßen normal ablaufen. Aber bis heute fehlt in Wernigerode jede Spur einer 69-jährigen Frau, es sei nicht ausgeschlossen, dass sie in die durch Wernigerode fließende Holtemme gefallen sei, sagte eine Polizeisprecherin.