Der Jet Stream ist den meisten bekannt als starker Höhenwind, der Flugreisen von Westen nach Osten beschleunigt. Er prägt aber auch maßgeblich unser Wetter in der gemäßigten Zone zwischen dem 40. und 60. Breitengrad. Der Jet Stream weht nämlich in Schlangenlinien um die Nordhalbkugel wie ein wilder Fluss, mit starken Schlenkern nach Norden und Süden. Man spricht auch von planetarischen Wellen, die dabei entstehen. Und aus ihren Bergen und Tälern schnüren sich unsere Hoch- und Tiefdruck-Gebiete ab.
Dabei beeinflusst der Jet Stream auch extreme Wetterereignisse auf der Nordhalbkugel offenbar entscheidend. Und zwar immer dann, wenn sich sein Schlingerkurs verstärkt, was eine Folge des Klimawandels sein könnte. Der Umweltforscher James Screen von der Universität Exeter in England:
"Wenn die planetarischen Wellen verstärkt werden, machen sie noch größere Schlenker nach Norden und Süden. Dann neigen sie dazu, in einem quasi-stationären Zustand steckenzubleiben. Die Westwind-Strömung wird blockiert, und das Wetter verharrt wochenlang in demselben Zustand. Ein Hochdruckgebiet zum Beispiel kann dann lang andauernde Hitze und Trockenheit bringen."
Zusammen mit einem australischen Kollegen hat James Screen jetzt Wetterextreme aus den letzten 35 Jahren untersucht. Dabei zeigte sich: Wenn der Jet Stream stärker ins Schlingern gerät, erhöht das die Wahrscheinlichkeit für längere Extremwetter-Episoden auf der Nordhalbkugel. Allerdings mit regionalen Unterschieden:
"Wenn sich die Wellen verstärken, begünstigen sie nach unseren Daten unterschiedliche Wetterextreme. Im Westen Nordamerikas und in Zentralasien Hitzewellen, im Zentrum der USA und in Europa Dürren. Und in Westasien Regenperioden. 2010 war ein Jahr, da litt Russland unter großer Hitze und Pakistan gleichzeitig unter Überschwemmungen - zwei gegensätzliche Wetterextreme! Aber beide waren Ausdruck desselben Wellenmusters in der Atmosphäre."
Temperatur-Gegensatz treibt Jet Stream an
Eine populäre Theorie besagt, dass der Klimawandel die planetarischen Wellen verstärken könnte oder es vielleicht sogar schon tut. Seit Jahren erwärmt sich die Arktis viel stärker als mittlere und tiefere Breiten. Dadurch verringert sich der Temperaturunterschied zwischen dem Polargebiet und den Tropen. Und das verändert die Westwind-Strömung. Die Meteorologin Jennifer Francis von der Rutgers University in New Jersey in den USA:
"Es ist der Temperatur-Gegensatz zwischen Arktis und Äquator, der den Jet Stream antreibt. Wenn dieser Gradient abnimmt, sollte der Wind schwächer werden. Und genau das beobachten wir. Ein schwächerer Jet Stream hat auch Auswirkungen auf die planetarischen Wellen. Auch sie bewegen sich dann langsamer. Genauso wie die größeren Schlenker, die sie in einem solchen Fall machen, sorgt das für beständigeres Wetter am Boden."
Es gibt inzwischen einige Studien, die diesen Zusammenhang mit dem Klimawandel herstellen. Dass sich durch die Aufheizung der Arktis Wetterextreme in mittleren Breiten häufen. Für James Screen dagegen ist das noch nicht sicher:
"Die Sache ist immer noch umstritten. Es gibt auch andere Studien, die sagen: Die Belege für eine Beteiligung der Klimaerwärmung sind im Moment noch nicht überzeugend."
Soll heißen: Es ist nicht ausgeschlossen, dass es sich auch um natürliche Schwankungen der atmosphärischen Zirkulation handeln kann. Sollte es aber wirklich so sein, dass der Jet Stream durch steigende Treibhausgas-Konzentrationen ausgebremst wird und stärker ins Schlingern gerät, dann liefert Screens neue Studie jetzt Hinweise darauf, was passieren könnte, wenn der Klimawandel fortschreitet: Auf Mitteleuropa kommen dann womöglich länger andauernde Dürre-Perioden zu.