"Alle waren guter Hoffnung, haben sich auf ein besseres Leben gefreut als in der Kolonialzeit unter den Briten. Es hat auch gut angefangen, bis dann alles den Bach runtergegangen ist."
Try Mugavazi sitzt tief in seinem Sessel. Die großen braunen Augen unter den grauen Haaren wirken erschöpft, schauen ins Leere, als er zurückdenkt. 1980, als Simbabwe unabhängig wurde, da waren sie in seiner Generation noch positiv und optimistisch. Heute, 33 Jahre später und wenige Tage vor einer richtungsweisenden Wahl, ist davon nicht viel übrig geblieben.
Das Städtchen Marondera, etwa 70 Kilometer östlich von Simbabwes Hauptstadt Harare. Von einer der Hauptstraßen geht ein holpriger Weg ab. Kinder spielen Fußball. Auf der rechten Seite ein einfaches, graues, gemauertes Haus. Das Eingangstor aus Metall hängt schief in den Angeln, einen Zaun gibt es nicht. Der Hof besteht aus Staub und Sand. Entlang der Hauswand haben die Bewohner ein bisschen Gemüse angepflanzt.
Man betritt das Haus durch die Küche. Innen alte, abgenutzte Möbel. Zwei Stühle ohne Rückenlehne, ein wackliger Holztisch. An manchen Stellen der unverputzten Wände sieht man Schimmel. Ein Raum weiter ist das kleine Wohnzimmer. Ein paar durchgesessene Sessel und ein Sofa. Auf dem Fernseher das pixelige Bild eines Nachrichtensenders. Es ist duster, nur eine nackte Energiesparlampe im Giebel gibt ein funzeliges Licht.
"Eigentlich bin ich alt genug für die Rente und könnte ins Altersheim. Gemütlich mein Frühstück genießen. Stattdessen radele ich jeden Tag durch die Gegend, um meine Familie mitzufinanzieren. Mit 61 sollte ich das nicht mehr tun müssen."
Seit 13 Jahren ist Try arbeitslos. Mit Gelegenheitsjobs verdient er ein bisschen Geld. Ebenso wie sein Sohn Shepherd. Der ist 31, lebt aber immer noch zu Hause. Mit fünf anderen Menschen in drei Räumen.
"Wir leben von der Hand in den Mund. Das Leben ist wirklich hart. Morgens hänge ich im Ort auf den Straßen rum und schaue, wie ich an Geld komme. Normalerweise verkaufe ich Passfotos für einen Dollar oder einen Dollar fünfzig. Oder ich schaue nach anderen Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Manchmal kommt z.B. jemand vorbei und braucht ein Handy. Und weil ich ganz gute Beziehungen habe, weiß ich dann, wer gerade eines verkauft. Und dann bekomme ich einen Anteil."
Ein paar Dollar hier, ein paar Dollar da. Shepherd hat sich damit abgefunden, mit einem Leben, in dem ein Tag dann ein guter Tag war, wenn er Mal 20 Dollar verdient hat. Dann kann er für fünf Dollar etwas Fleisch und Gemüse für das Abendessen der Familie kaufen und sich an der Miete beteiligen.
Vier Jahre lang ist Shepherd als Gelegenheitsarbeiter in Südafrika gewesen. Doch irgendwann wollte er zurück in seine Heimat. Eine Heimat allerdings, die ihm kaum Möglichkeiten bietet.
Wie Millionen anderer Simbabwer führt Shepherd ein Leben ohne Perspektiven. Aber wenn man ihn und seinen Vater Try fragt, wer daran schuld ist, dann werden sie still.
Man merkt geradezu, wie die Angst das kleine Wohnzimmer füllt. Try drückt sich um eine Antwort. Er druckst, sucht nach Worten, will nichts sagen. Aber irgendwann, nach einem langen Gespräch, im Schutz der eigenen Wände, kommt sie dann doch: die Kritik an dem 89jährigen diktatorischen Präsidenten Robert Mugabe, seiner Partei ZanuPF und seiner Machtclique. Denjenigen, die sich die Millionengewinne der Diamantenfelder in Marange in die eigene Tasche schieben, während Millionen von Simbabwern in bitterer Armut leben.
"Die Menschen bekommen nichts. Außer leerer Versprechungen. Stattdessen haben sie sogar Angst, Kritik zu üben. Zu fragen: Was passiert denn mit dem ganzen Geld, das die Regierung für die Rohstoffe bekommt? Der alte Mugabe ist seit 33 Jahren an der Macht. Und es hat sich nichts getan. Außer für die Elite. Mugabe hat immer nur für seine Leute gesorgt. Nie für die, die ihn gewählt haben."
Und dann traut sich endlich auch Shepherds Vater seine Hoffnung zu äußern:
"Mein Wunsch ist: Wir brauchen einen Wechsel! Damit wir es besser haben als in den vergangenen 27 Jahren oder so. Wir brauchen jemanden anderen an der Spitze. Mit einem friedlichen Wechsel, ohne Einschüchterung. Wir warten ab und hoffen, dass die Wahl am 31. Juli gut verläuft."
Nur wenige Kilometer weiter ist die Sehnsucht nach einem Wechsel genau so groß. Die Geschichte dahinter allerdings eine ganz andere. Mit dem Auto fährt man durch das weitläufige Städtchen Marondera, vorbei an einer Reihe von Einfamilienhäusern, in denen sich vor allem der verbliebene Teil der Mittelklasse eingerichtet hat.
Es geht über eine mit Schlaglöchern übersäte Straße. Hinter einem hohen Metalltor eröffnet sich eine kleine Idylle. Ein hübscher, gepflegter Garten, ein kleiner Pool, um den zwei Hunde herumspringen, ein wunderschöner Blick ins Mashonaland mit der untergehenden Sonne. Eine sorgenfreie Umgebung – könnte man meinen.
"Ich heiße Cathy Buckle, bin 55 Jahre alt. Ich bin in Simbabwe geboren, aufgewachsen, erzogen worden, habe hier mein ganzes Leben lang gelebt. Ich habe kein anderes Zuhause. Wählen darf ich nicht, weil meine Eltern nicht in Simbabwe geboren wurden. Ich werde jetzt offiziell als "Ausländerin" bezeichnet."
Cathy Buckle, eine kleine Frau mit kurzen, grauen Haaren, einem zurückhaltenden Lächeln und vielen Lachfalten um die Augen trägt ein verwaschenes T-Shirt mit der Aufschrift "I Love Zimbabwe". Sie ist Schriftstellerin und Autorin. 1990, zehn Jahre nach Ende der Kolonialzeit hat sie mit ihrem Mann dem simbabwischen Staat ein Stück Land abgekauft. Sie haben Vieh aufgezogen, außerdem ein wenig Land- und Forstwirtschaft betrieben. Bis zu 15 Menschen haben auf ihrer Farm gearbeitet. Bis zum Jahr 2000, als Veteranen aus dem Befreiungskampf Land von weißen Farmern gewaltsam besetzt haben – mit Unterstützung der Regierung Mugabe.
"Als die Kriegsveteranen kamen, war mein Mann nicht da. Ich war alleine mit meinem siebenjährigen Sohn. Da ich zwei Tage vorher mitbekommen hatte, dass sie kommen würden, konnte ich meinen Sohn bei Freunden unterbringen. Ich war also ganz alleine, als sie gekommen sind. Sie haben am Tor herumgebrüllt, haben mich als Hure beschimpft, das Haus mit Backsteinen beworfen und gesagt, das sei jetzt ihr Land. Am Anfang waren es etwa acht bis zehn. Ein paar Stunden später waren es schon mehr als 50 Leute. Sie kamen aus allen Richtungen über die Felder geströmt und haben mit Stöcken die Bereiche markiert, die sie für sich haben wollten."
Fast sieben Monate haben Cathy Buckle und die Besetzer Seite an Seite auf der Farm gelebt. Sie in ihrem Haus, die Kriegsveteranen in Zelten auf den Feldern, später in selbst gebauten Holz- oder Lehmhütten. Cathys Stimme klingt immer noch verzweifelt, wenn sie erzählt, wie hilflos sie sich gefühlt hat.
"Ich habe fast jeden Tag die Polizei angerufen. Habe gesagt, dass die Veteranen Land klauen, Bäume fällen, wildern. Und jedes Mal hat die Polizei gesagt: Es tut uns sehr leid, aber wir können nicht kommen. Unsere Vorgesetzten haben uns befohlen, nicht zu helfen. Das ist politisch motiviert. Nach etwa sieben Monaten waren wir bankrott. Wir mussten unsere Tiere verkaufen und sind weggezogen."
Die ehemals florierende Farm, die viele Menschen ernährt hat, liegt heute größtenteils brach. Das, was angebaut wird, reicht laut Cathy nicht mal aus die zehn Familien zu ernähren, die heute dort leben. Das Land, das der Staat ihr verkauft hat und das offiziell immer noch ihr gehört, ist nur wenige Kilometer von Cathys jetzigem Haus entfernt. Aber dorthin zurückkehren kommt für sie nicht infrage.
"Niemals. Ich würde niemals wieder auf diese Farm gehen. Vor einigen Jahren habe ich sogar Angstzustände bekommen, wenn ich nur einen Kilometer entfernt war. Ich habe gezittert und geschwitzt. Die sieben Monate mit diesen Besetzern waren eine traumatische Zeit. Mein sieben Jahre alter Sohn ist zum Bettnässer geworden und hat in der Nacht geschrien, weil er Albträume hatte. Ich hatte noch viele Jahre danach große Angst. Jetzt bin ich einfach nur noch sehr traurig. Wenn die Besetzer wenigstens etwas aus der Farm gemacht hätten. Wenn sie sich um die Pflanzen gekümmert hätten, die ich mit meinen eigenen Händen gepflanzt habe, dann wäre es fast okay. Aber es ist alles ruiniert."
Marondera: der Ort, in dem Cathy, Try und Shepherd wohnen. Früher eines der Zentren Simbabwes für Land- und Forstwirtschaft. Heute ist davon nicht viel übrig geblieben. Die Gegend kahl. Es gibt viel Arbeitslosigkeit und wenig Hoffnung. Ein Abbild des ganzen Landes.
Simbabwe ist eines der ärmsten Länder der Welt. 80 bis 90 % der Einwohner haben keinen festen Job. In den vergangenen Jahren hat fast jeder sechste Simbabwer das Land verlassen, um in einem der Nachbarländer Arbeit zu finden. Gut ausgebildete Lehrer, Juristen und Banker schuften in Südafrika, Botswana oder Sambia als Gärtner, Kellner oder Zimmermädchen, um ihre Familien durchzubringen.
Das ist nicht das Simbabwe, das sich Menschen wie Solomon Chikowero erhofft haben, als das Land 1980 unabhängig von Großbritannien geworden ist. Solomon war unter Mugabe Luftwaffen-Offizier – heute lebt er in Südafrika im Exil.
"Alle dachten, wir haben den Kolonialismus hinter uns und haben jetzt eine demokratische, schwarze Regierung. Alle dachten, jetzt wird alles gut. Aber das Problem ist: Wir haben neuen Wein bekommen – aber in den alten Schläuchen. Kolonialismus, Schinderei, Unterdrückung – all das ist geblieben. Und er hat die Wirtschaft ruiniert. Wir sind zu einem Land ohne Hoffnung geworden."
Dabei galten Simbabwe und Mugabe lange als die Hoffnungsträger Afrikas. Simbabwe war dank seiner florierenden Landwirtschaft der Brotkorb des Kontinents. Das Bildungs- und Gesundheitssystem war vorbildlich.
Doch schon früh in den 80erJahren hat Mugabe sein wahres Gesicht gezeigt. Das des skrupellosen Machthabers. In einem Bürgerkrieg mit ehemaligen Mitrevolutionären im Matabeleland hat er bis zu 20.000 Zivilisten töten lassen. Von der Weltöffentlichkeit weitgehend ignoriert.
Simbabwe wurde immer mehr zur Diktatur. Wer gegen Mugabe aufmuckte, wurde verprügelt, festgenommen, gefoltert, getötet. Bis heute sterben Mugabes Gegner unter ungeklärten Umständen bei seltsamen Autounfällen. Menschenrechte und Pressefreiheit gelten nicht viel. Solomon Chikowero ist davon überzeugt, dass Mugabe schon immer die absolute Macht angestrebt hat.
"Sein Plan war, einen Einparteienstaat zu errichten. Das ist gescheitert. Die MDC hat sich als Oppositionspartei etabliert. Und als Mugabe dann auch noch das Verfassungsreferendum im Jahr 2000 verloren hat, hat er verstanden, dass seine Macht auf dem Spiel steht."
Mugabe ist ein gewiefter und skrupelloser Politiker. Bei der letzten Wahl vor fünf Jahren hat er eine klare Wahlniederlage nicht akzeptiert und Simbabwe mit Terror überzogen. Marodierende Milizen haben mehr als 200 seiner Gegner getötet. Am Ende stand eine von Nachbarstaaten vermittelte Einheitsregierung mit seinem großen Rivalen Morgan Tsvangirai von der Partei MDC. Eine Zwangskoalition.
Seitdem hat sich die Situation beruhigt, die Wirtschaft stabilisiert, Simbabwe hat seit Kurzem eine neue Verfassung. Aber niemand im Land möchte, dass diese Koalition weitergeführt wird. Am wenigsten Robert Mugabe.
Er und seine Machtclique haben viel zu verlieren: Geld, Privilegien, ihre Freiheit. Deshalb tun sie alles, um eine Wahlniederlage am 31. Juli zu verhindern. Seit Wochen häufen sich die Meldungen, dass die Wahlen manipuliert sind.
Demnach werden jüngere Wähler, die potenziell eher für einen Wechsel stimmen, aus den Listen gestrichen. Stattdessen werden Mugabe-Unterstützer doppelt registriert. In manchen Gegenden sind Menschen auf den Listen, die schon lange tot sind. Und unabhängige Bürgerrechtsorganisationen haben herausgefunden, dass 110.000 Menschen mit über 100 Jahren registriert sind. In einem Land, in dem die durchschnittliche Lebenserwartung bei 51 Jahren liegt. Vor diesem Hintergrund meint der Politikanalyst Gideon Chitanga von der Universität Johannesburg:
"Über freie und faire Wahlen brauchen wir doch gar nicht mehr reden. Wir haben ja gesehen, wie betrogen wird. Die chaotische Vorwahl vor zwei Wochen hat außerdem gezeigt, dass die Wahlkommission nicht ausreichend vorbereitet ist. Wir haben außerdem Einschüchterung und Gewalt gesehen. Auch wenn es sehr subtile Gewalt ist. Es werden Ängste geschürt mit dem Verweis auf die letzten Wahlen. Und in den ländlichen Gegenden herrscht echte Angst, dass die Leute nicht frei entscheiden können, für wen sie stimmen."
In Simbabwe ist die Endphase des Wahlkampfs angebrochen. Auf den ersten Blick scheint Robert Mugabe alles im Griff zu haben. Wohin man auch schaut, überall hängen seine Wahlplakate. In den ländlichen Gegenden sind sogar jede Menge Bäume damit zugeklebt. Im Radio laufen Werbespots für Mugabe und ZanuPF rauf und runter. Die seines Gegners Morgan Tsvangirai hört man nur gelegentlich. Das Staatsfernsehen überträgt die Veranstaltungen von Mugabe in voller Länge live. Über Tsvangirais Auftritte wird nur kurz in den Nachrichten berichtet.
Im Nationalstadion von Harare klettert Robert Mugabe unter dem Jubel von rund 30.000 Menschen auf die Bühne. Körperlich sieht man ihm seine 89 Jahre beim Wahlkampf durchaus an. Das Treppensteigen fällt ihm sichtlich schwer. Während seiner Wahlkampfreden stützt er sich mit beiden Ellbogen auf dem Rednerpult ab.
Aber wenn er spricht, wirkt er immer noch kraftvoll und zielgerichtet. In bunt gemusterten Sakkos steht er dann auf der Bühne, meist mit Sonnenbrille und einer Baseballmütze.
"Zieht in diese Schlacht in der Gewissheit, dass es einen politischen Feind gibt. Es ist ein Kampf um Leben oder Tod!"
Trotz der Spur der Verwüstung, die Robert Mugabe in Simbabwe hinterlassen hat, hat er noch viele Unterstützer. Und es sind nicht nur alte Männer, die mit ihm gegen die Kolonialisten gekämpft haben.
"Der Präsident hat so viel für uns getan. Er hat unser Land befreit und uns Frieden gebracht. Wir jungen Menschen können unsere eigenen Geschäfte aufmachen. Wir können uns alles leisten. Wir sind ein freies Land – und das haben wir nur ihm zu verdanken."
Wobei wohl nicht jeder der Besucher mit ganzem Herzen Mugabe-Fan ist. Viele sind offenbar nicht freiwillig da. Schon nach der Hälfte der zweistündigen Mugabe-Rede haben Tausende das Stadion verlassen. Aber die Polizei lässt sie nicht vom Gelände. Erst als die Rede zu Ende ist, dürfen sie gehen.
Es ist nur eine kleine Episode am Rande. Aber sie hat Symbolkraft. Immer mehr Menschen in Simbabwe trauen sich gegen Mugabe und ZanuPF aufzubegehren. Nach dem geklauten Wahlsieg von 2008 soll Mugabe jetzt endgültig in die Rente geschickt werden.
"Wir Simbabwer sind müde. Wir brauchen einen Wechsel. Mugabe brauchen wir nicht mehr, wir haben wirklich die Schnauze voll. Der redet seit 33 Jahren nur von Befreiung, Befreiung, Befreiung. Weiß der nicht, dass wir Jobs brauchen? Jobs nach der Schule – darauf kommt es an."
Die Abschlussveranstaltung der Partei MDC. Sie findet auf einem großen, staubigen Feld in der Nähe von Harares Stadtzentrum statt. Obwohl ein normaler Wochentag ist, haben Zehntausende sich versammelt, um die letzte große Rede Morgan Tsvangirais vor der Wahl zu hören. Fast alle tragen rot, die Parteifarbe. Auch Tsvangirai, als er auf die Bühne tritt.
"Das Volk, die Nation wird eine der wichtigsten Entscheidungen seit 1980 treffen. Ihr habt die Wahl zwischen dem trostlosen Gestern und einem besseren Morgen, zwischen wirtschaftlichem Niedergang oder Aufschwung, zwischen autoritärem Herrschen und einer demokratischen Regierung. Wir glauben an das Recht der Simbabwer, selbst über ihr Schicksal zu entscheiden."
Zurück in Marondera, der Heimat von Cathy Buckle und Shepherd Mugavazi. Hier die weiße Farmerin, der ihr Besitz geraubt wurde, dort der schwarze Mann, der nie wirklich eine Chance bekommen hat. Zwei Menschen mit ganz unterschiedlichen Geschichten. Beide verkörpern typische Schicksale in Simbabwe. Aber auch wenn sie viel trennt, so eint sie doch der Wunsch nach einem politischen Neuanfang, die Hoffnung auf eine bessere Zukunft für ihr Land und sich selbst. Es eint sie aber auch die Sorge, was nach dem Wahltag am 31. Juli passieren könnte.
"Ich bin ein bisschen skeptisch. Vor fünf Jahren haben die Leute auch für einen Wechsel gestimmt, aber er ist nicht gekommen. Wenn unsere afrikanischen Politiker eine Wahl verlieren, dann stellen sie sicher, dass sie trotzdem an der Macht bleiben. Ich bin sicher, dass Mugabe diese Wahl verliert. Aber er wird das nicht einfach so akzeptieren."
"Ich bin schon recht optimistisch, denn ich sehe keinen Hass zwischen Schwarz und Weiß, wie das früher einmal war. Zum ersten Mal fühle ich wirklich, dass wir zusammengehören. Und es gibt diesen überragenden Wunsch nach einem Wechsel. Weil wir schon so lange feststecken, weil kaum einer Arbeit hat, oder genug Geld. Wir müssen dermaßen kämpfen und die Wirtschaft wächst nicht. Deswegen wollen so viele den Wechsel. Wovor ich aber Angst habe ist: Wird die andere Seite dann wirklich gehen, oder werden sie sich weigern?"
Try Mugavazi sitzt tief in seinem Sessel. Die großen braunen Augen unter den grauen Haaren wirken erschöpft, schauen ins Leere, als er zurückdenkt. 1980, als Simbabwe unabhängig wurde, da waren sie in seiner Generation noch positiv und optimistisch. Heute, 33 Jahre später und wenige Tage vor einer richtungsweisenden Wahl, ist davon nicht viel übrig geblieben.
Das Städtchen Marondera, etwa 70 Kilometer östlich von Simbabwes Hauptstadt Harare. Von einer der Hauptstraßen geht ein holpriger Weg ab. Kinder spielen Fußball. Auf der rechten Seite ein einfaches, graues, gemauertes Haus. Das Eingangstor aus Metall hängt schief in den Angeln, einen Zaun gibt es nicht. Der Hof besteht aus Staub und Sand. Entlang der Hauswand haben die Bewohner ein bisschen Gemüse angepflanzt.
Man betritt das Haus durch die Küche. Innen alte, abgenutzte Möbel. Zwei Stühle ohne Rückenlehne, ein wackliger Holztisch. An manchen Stellen der unverputzten Wände sieht man Schimmel. Ein Raum weiter ist das kleine Wohnzimmer. Ein paar durchgesessene Sessel und ein Sofa. Auf dem Fernseher das pixelige Bild eines Nachrichtensenders. Es ist duster, nur eine nackte Energiesparlampe im Giebel gibt ein funzeliges Licht.
"Eigentlich bin ich alt genug für die Rente und könnte ins Altersheim. Gemütlich mein Frühstück genießen. Stattdessen radele ich jeden Tag durch die Gegend, um meine Familie mitzufinanzieren. Mit 61 sollte ich das nicht mehr tun müssen."
Seit 13 Jahren ist Try arbeitslos. Mit Gelegenheitsjobs verdient er ein bisschen Geld. Ebenso wie sein Sohn Shepherd. Der ist 31, lebt aber immer noch zu Hause. Mit fünf anderen Menschen in drei Räumen.
"Wir leben von der Hand in den Mund. Das Leben ist wirklich hart. Morgens hänge ich im Ort auf den Straßen rum und schaue, wie ich an Geld komme. Normalerweise verkaufe ich Passfotos für einen Dollar oder einen Dollar fünfzig. Oder ich schaue nach anderen Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Manchmal kommt z.B. jemand vorbei und braucht ein Handy. Und weil ich ganz gute Beziehungen habe, weiß ich dann, wer gerade eines verkauft. Und dann bekomme ich einen Anteil."
Ein paar Dollar hier, ein paar Dollar da. Shepherd hat sich damit abgefunden, mit einem Leben, in dem ein Tag dann ein guter Tag war, wenn er Mal 20 Dollar verdient hat. Dann kann er für fünf Dollar etwas Fleisch und Gemüse für das Abendessen der Familie kaufen und sich an der Miete beteiligen.
Vier Jahre lang ist Shepherd als Gelegenheitsarbeiter in Südafrika gewesen. Doch irgendwann wollte er zurück in seine Heimat. Eine Heimat allerdings, die ihm kaum Möglichkeiten bietet.
Wie Millionen anderer Simbabwer führt Shepherd ein Leben ohne Perspektiven. Aber wenn man ihn und seinen Vater Try fragt, wer daran schuld ist, dann werden sie still.
Man merkt geradezu, wie die Angst das kleine Wohnzimmer füllt. Try drückt sich um eine Antwort. Er druckst, sucht nach Worten, will nichts sagen. Aber irgendwann, nach einem langen Gespräch, im Schutz der eigenen Wände, kommt sie dann doch: die Kritik an dem 89jährigen diktatorischen Präsidenten Robert Mugabe, seiner Partei ZanuPF und seiner Machtclique. Denjenigen, die sich die Millionengewinne der Diamantenfelder in Marange in die eigene Tasche schieben, während Millionen von Simbabwern in bitterer Armut leben.
"Die Menschen bekommen nichts. Außer leerer Versprechungen. Stattdessen haben sie sogar Angst, Kritik zu üben. Zu fragen: Was passiert denn mit dem ganzen Geld, das die Regierung für die Rohstoffe bekommt? Der alte Mugabe ist seit 33 Jahren an der Macht. Und es hat sich nichts getan. Außer für die Elite. Mugabe hat immer nur für seine Leute gesorgt. Nie für die, die ihn gewählt haben."
Und dann traut sich endlich auch Shepherds Vater seine Hoffnung zu äußern:
"Mein Wunsch ist: Wir brauchen einen Wechsel! Damit wir es besser haben als in den vergangenen 27 Jahren oder so. Wir brauchen jemanden anderen an der Spitze. Mit einem friedlichen Wechsel, ohne Einschüchterung. Wir warten ab und hoffen, dass die Wahl am 31. Juli gut verläuft."
Nur wenige Kilometer weiter ist die Sehnsucht nach einem Wechsel genau so groß. Die Geschichte dahinter allerdings eine ganz andere. Mit dem Auto fährt man durch das weitläufige Städtchen Marondera, vorbei an einer Reihe von Einfamilienhäusern, in denen sich vor allem der verbliebene Teil der Mittelklasse eingerichtet hat.
Es geht über eine mit Schlaglöchern übersäte Straße. Hinter einem hohen Metalltor eröffnet sich eine kleine Idylle. Ein hübscher, gepflegter Garten, ein kleiner Pool, um den zwei Hunde herumspringen, ein wunderschöner Blick ins Mashonaland mit der untergehenden Sonne. Eine sorgenfreie Umgebung – könnte man meinen.
"Ich heiße Cathy Buckle, bin 55 Jahre alt. Ich bin in Simbabwe geboren, aufgewachsen, erzogen worden, habe hier mein ganzes Leben lang gelebt. Ich habe kein anderes Zuhause. Wählen darf ich nicht, weil meine Eltern nicht in Simbabwe geboren wurden. Ich werde jetzt offiziell als "Ausländerin" bezeichnet."
Cathy Buckle, eine kleine Frau mit kurzen, grauen Haaren, einem zurückhaltenden Lächeln und vielen Lachfalten um die Augen trägt ein verwaschenes T-Shirt mit der Aufschrift "I Love Zimbabwe". Sie ist Schriftstellerin und Autorin. 1990, zehn Jahre nach Ende der Kolonialzeit hat sie mit ihrem Mann dem simbabwischen Staat ein Stück Land abgekauft. Sie haben Vieh aufgezogen, außerdem ein wenig Land- und Forstwirtschaft betrieben. Bis zu 15 Menschen haben auf ihrer Farm gearbeitet. Bis zum Jahr 2000, als Veteranen aus dem Befreiungskampf Land von weißen Farmern gewaltsam besetzt haben – mit Unterstützung der Regierung Mugabe.
"Als die Kriegsveteranen kamen, war mein Mann nicht da. Ich war alleine mit meinem siebenjährigen Sohn. Da ich zwei Tage vorher mitbekommen hatte, dass sie kommen würden, konnte ich meinen Sohn bei Freunden unterbringen. Ich war also ganz alleine, als sie gekommen sind. Sie haben am Tor herumgebrüllt, haben mich als Hure beschimpft, das Haus mit Backsteinen beworfen und gesagt, das sei jetzt ihr Land. Am Anfang waren es etwa acht bis zehn. Ein paar Stunden später waren es schon mehr als 50 Leute. Sie kamen aus allen Richtungen über die Felder geströmt und haben mit Stöcken die Bereiche markiert, die sie für sich haben wollten."
Fast sieben Monate haben Cathy Buckle und die Besetzer Seite an Seite auf der Farm gelebt. Sie in ihrem Haus, die Kriegsveteranen in Zelten auf den Feldern, später in selbst gebauten Holz- oder Lehmhütten. Cathys Stimme klingt immer noch verzweifelt, wenn sie erzählt, wie hilflos sie sich gefühlt hat.
"Ich habe fast jeden Tag die Polizei angerufen. Habe gesagt, dass die Veteranen Land klauen, Bäume fällen, wildern. Und jedes Mal hat die Polizei gesagt: Es tut uns sehr leid, aber wir können nicht kommen. Unsere Vorgesetzten haben uns befohlen, nicht zu helfen. Das ist politisch motiviert. Nach etwa sieben Monaten waren wir bankrott. Wir mussten unsere Tiere verkaufen und sind weggezogen."
Die ehemals florierende Farm, die viele Menschen ernährt hat, liegt heute größtenteils brach. Das, was angebaut wird, reicht laut Cathy nicht mal aus die zehn Familien zu ernähren, die heute dort leben. Das Land, das der Staat ihr verkauft hat und das offiziell immer noch ihr gehört, ist nur wenige Kilometer von Cathys jetzigem Haus entfernt. Aber dorthin zurückkehren kommt für sie nicht infrage.
"Niemals. Ich würde niemals wieder auf diese Farm gehen. Vor einigen Jahren habe ich sogar Angstzustände bekommen, wenn ich nur einen Kilometer entfernt war. Ich habe gezittert und geschwitzt. Die sieben Monate mit diesen Besetzern waren eine traumatische Zeit. Mein sieben Jahre alter Sohn ist zum Bettnässer geworden und hat in der Nacht geschrien, weil er Albträume hatte. Ich hatte noch viele Jahre danach große Angst. Jetzt bin ich einfach nur noch sehr traurig. Wenn die Besetzer wenigstens etwas aus der Farm gemacht hätten. Wenn sie sich um die Pflanzen gekümmert hätten, die ich mit meinen eigenen Händen gepflanzt habe, dann wäre es fast okay. Aber es ist alles ruiniert."
Marondera: der Ort, in dem Cathy, Try und Shepherd wohnen. Früher eines der Zentren Simbabwes für Land- und Forstwirtschaft. Heute ist davon nicht viel übrig geblieben. Die Gegend kahl. Es gibt viel Arbeitslosigkeit und wenig Hoffnung. Ein Abbild des ganzen Landes.
Simbabwe ist eines der ärmsten Länder der Welt. 80 bis 90 % der Einwohner haben keinen festen Job. In den vergangenen Jahren hat fast jeder sechste Simbabwer das Land verlassen, um in einem der Nachbarländer Arbeit zu finden. Gut ausgebildete Lehrer, Juristen und Banker schuften in Südafrika, Botswana oder Sambia als Gärtner, Kellner oder Zimmermädchen, um ihre Familien durchzubringen.
Das ist nicht das Simbabwe, das sich Menschen wie Solomon Chikowero erhofft haben, als das Land 1980 unabhängig von Großbritannien geworden ist. Solomon war unter Mugabe Luftwaffen-Offizier – heute lebt er in Südafrika im Exil.
"Alle dachten, wir haben den Kolonialismus hinter uns und haben jetzt eine demokratische, schwarze Regierung. Alle dachten, jetzt wird alles gut. Aber das Problem ist: Wir haben neuen Wein bekommen – aber in den alten Schläuchen. Kolonialismus, Schinderei, Unterdrückung – all das ist geblieben. Und er hat die Wirtschaft ruiniert. Wir sind zu einem Land ohne Hoffnung geworden."
Dabei galten Simbabwe und Mugabe lange als die Hoffnungsträger Afrikas. Simbabwe war dank seiner florierenden Landwirtschaft der Brotkorb des Kontinents. Das Bildungs- und Gesundheitssystem war vorbildlich.
Doch schon früh in den 80erJahren hat Mugabe sein wahres Gesicht gezeigt. Das des skrupellosen Machthabers. In einem Bürgerkrieg mit ehemaligen Mitrevolutionären im Matabeleland hat er bis zu 20.000 Zivilisten töten lassen. Von der Weltöffentlichkeit weitgehend ignoriert.
Simbabwe wurde immer mehr zur Diktatur. Wer gegen Mugabe aufmuckte, wurde verprügelt, festgenommen, gefoltert, getötet. Bis heute sterben Mugabes Gegner unter ungeklärten Umständen bei seltsamen Autounfällen. Menschenrechte und Pressefreiheit gelten nicht viel. Solomon Chikowero ist davon überzeugt, dass Mugabe schon immer die absolute Macht angestrebt hat.
"Sein Plan war, einen Einparteienstaat zu errichten. Das ist gescheitert. Die MDC hat sich als Oppositionspartei etabliert. Und als Mugabe dann auch noch das Verfassungsreferendum im Jahr 2000 verloren hat, hat er verstanden, dass seine Macht auf dem Spiel steht."
Mugabe ist ein gewiefter und skrupelloser Politiker. Bei der letzten Wahl vor fünf Jahren hat er eine klare Wahlniederlage nicht akzeptiert und Simbabwe mit Terror überzogen. Marodierende Milizen haben mehr als 200 seiner Gegner getötet. Am Ende stand eine von Nachbarstaaten vermittelte Einheitsregierung mit seinem großen Rivalen Morgan Tsvangirai von der Partei MDC. Eine Zwangskoalition.
Seitdem hat sich die Situation beruhigt, die Wirtschaft stabilisiert, Simbabwe hat seit Kurzem eine neue Verfassung. Aber niemand im Land möchte, dass diese Koalition weitergeführt wird. Am wenigsten Robert Mugabe.
Er und seine Machtclique haben viel zu verlieren: Geld, Privilegien, ihre Freiheit. Deshalb tun sie alles, um eine Wahlniederlage am 31. Juli zu verhindern. Seit Wochen häufen sich die Meldungen, dass die Wahlen manipuliert sind.
Demnach werden jüngere Wähler, die potenziell eher für einen Wechsel stimmen, aus den Listen gestrichen. Stattdessen werden Mugabe-Unterstützer doppelt registriert. In manchen Gegenden sind Menschen auf den Listen, die schon lange tot sind. Und unabhängige Bürgerrechtsorganisationen haben herausgefunden, dass 110.000 Menschen mit über 100 Jahren registriert sind. In einem Land, in dem die durchschnittliche Lebenserwartung bei 51 Jahren liegt. Vor diesem Hintergrund meint der Politikanalyst Gideon Chitanga von der Universität Johannesburg:
"Über freie und faire Wahlen brauchen wir doch gar nicht mehr reden. Wir haben ja gesehen, wie betrogen wird. Die chaotische Vorwahl vor zwei Wochen hat außerdem gezeigt, dass die Wahlkommission nicht ausreichend vorbereitet ist. Wir haben außerdem Einschüchterung und Gewalt gesehen. Auch wenn es sehr subtile Gewalt ist. Es werden Ängste geschürt mit dem Verweis auf die letzten Wahlen. Und in den ländlichen Gegenden herrscht echte Angst, dass die Leute nicht frei entscheiden können, für wen sie stimmen."
In Simbabwe ist die Endphase des Wahlkampfs angebrochen. Auf den ersten Blick scheint Robert Mugabe alles im Griff zu haben. Wohin man auch schaut, überall hängen seine Wahlplakate. In den ländlichen Gegenden sind sogar jede Menge Bäume damit zugeklebt. Im Radio laufen Werbespots für Mugabe und ZanuPF rauf und runter. Die seines Gegners Morgan Tsvangirai hört man nur gelegentlich. Das Staatsfernsehen überträgt die Veranstaltungen von Mugabe in voller Länge live. Über Tsvangirais Auftritte wird nur kurz in den Nachrichten berichtet.
Im Nationalstadion von Harare klettert Robert Mugabe unter dem Jubel von rund 30.000 Menschen auf die Bühne. Körperlich sieht man ihm seine 89 Jahre beim Wahlkampf durchaus an. Das Treppensteigen fällt ihm sichtlich schwer. Während seiner Wahlkampfreden stützt er sich mit beiden Ellbogen auf dem Rednerpult ab.
Aber wenn er spricht, wirkt er immer noch kraftvoll und zielgerichtet. In bunt gemusterten Sakkos steht er dann auf der Bühne, meist mit Sonnenbrille und einer Baseballmütze.
"Zieht in diese Schlacht in der Gewissheit, dass es einen politischen Feind gibt. Es ist ein Kampf um Leben oder Tod!"
Trotz der Spur der Verwüstung, die Robert Mugabe in Simbabwe hinterlassen hat, hat er noch viele Unterstützer. Und es sind nicht nur alte Männer, die mit ihm gegen die Kolonialisten gekämpft haben.
"Der Präsident hat so viel für uns getan. Er hat unser Land befreit und uns Frieden gebracht. Wir jungen Menschen können unsere eigenen Geschäfte aufmachen. Wir können uns alles leisten. Wir sind ein freies Land – und das haben wir nur ihm zu verdanken."
Wobei wohl nicht jeder der Besucher mit ganzem Herzen Mugabe-Fan ist. Viele sind offenbar nicht freiwillig da. Schon nach der Hälfte der zweistündigen Mugabe-Rede haben Tausende das Stadion verlassen. Aber die Polizei lässt sie nicht vom Gelände. Erst als die Rede zu Ende ist, dürfen sie gehen.
Es ist nur eine kleine Episode am Rande. Aber sie hat Symbolkraft. Immer mehr Menschen in Simbabwe trauen sich gegen Mugabe und ZanuPF aufzubegehren. Nach dem geklauten Wahlsieg von 2008 soll Mugabe jetzt endgültig in die Rente geschickt werden.
"Wir Simbabwer sind müde. Wir brauchen einen Wechsel. Mugabe brauchen wir nicht mehr, wir haben wirklich die Schnauze voll. Der redet seit 33 Jahren nur von Befreiung, Befreiung, Befreiung. Weiß der nicht, dass wir Jobs brauchen? Jobs nach der Schule – darauf kommt es an."
Die Abschlussveranstaltung der Partei MDC. Sie findet auf einem großen, staubigen Feld in der Nähe von Harares Stadtzentrum statt. Obwohl ein normaler Wochentag ist, haben Zehntausende sich versammelt, um die letzte große Rede Morgan Tsvangirais vor der Wahl zu hören. Fast alle tragen rot, die Parteifarbe. Auch Tsvangirai, als er auf die Bühne tritt.
"Das Volk, die Nation wird eine der wichtigsten Entscheidungen seit 1980 treffen. Ihr habt die Wahl zwischen dem trostlosen Gestern und einem besseren Morgen, zwischen wirtschaftlichem Niedergang oder Aufschwung, zwischen autoritärem Herrschen und einer demokratischen Regierung. Wir glauben an das Recht der Simbabwer, selbst über ihr Schicksal zu entscheiden."
Zurück in Marondera, der Heimat von Cathy Buckle und Shepherd Mugavazi. Hier die weiße Farmerin, der ihr Besitz geraubt wurde, dort der schwarze Mann, der nie wirklich eine Chance bekommen hat. Zwei Menschen mit ganz unterschiedlichen Geschichten. Beide verkörpern typische Schicksale in Simbabwe. Aber auch wenn sie viel trennt, so eint sie doch der Wunsch nach einem politischen Neuanfang, die Hoffnung auf eine bessere Zukunft für ihr Land und sich selbst. Es eint sie aber auch die Sorge, was nach dem Wahltag am 31. Juli passieren könnte.
"Ich bin ein bisschen skeptisch. Vor fünf Jahren haben die Leute auch für einen Wechsel gestimmt, aber er ist nicht gekommen. Wenn unsere afrikanischen Politiker eine Wahl verlieren, dann stellen sie sicher, dass sie trotzdem an der Macht bleiben. Ich bin sicher, dass Mugabe diese Wahl verliert. Aber er wird das nicht einfach so akzeptieren."
"Ich bin schon recht optimistisch, denn ich sehe keinen Hass zwischen Schwarz und Weiß, wie das früher einmal war. Zum ersten Mal fühle ich wirklich, dass wir zusammengehören. Und es gibt diesen überragenden Wunsch nach einem Wechsel. Weil wir schon so lange feststecken, weil kaum einer Arbeit hat, oder genug Geld. Wir müssen dermaßen kämpfen und die Wirtschaft wächst nicht. Deswegen wollen so viele den Wechsel. Wovor ich aber Angst habe ist: Wird die andere Seite dann wirklich gehen, oder werden sie sich weigern?"