Reber Alrahman steht im Münchener Hauptbahnhof. Hier trafen im September 2015 die ersten Züge aus Österreich ein - mit Flüchtlingen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak; damals herzlich begrüßt von vielen Münchnerinnen und Münchnern.
Alrahman kam im Dezember vor drei Jahren nach Bayern. Allein. Seine Frau ließ er im syrischen Aleppo zurück. Er wollte sie nicht den Strapazen der Flucht aussetzen:
"Hier steht mein Name, hier steht der Name meiner Frau. Wir haben geheiratet in dieser Zeit und alles steht hier. Ich habe viel Papier."
Auf seinem Handy sind seit Monaten unzählig viele deutsche und syrische Behördendokumente gespeichert. Darunter sein Aufenthaltstitel, ausgestellt von seinem jetzigen Wohnort Aschaffenburg. Die nordbayerische Stadt bestätigt, dass er ein "25-zweier-Fall" ist. So werden subsidiär Schutzberechtigte in den Ausländerbehörden genannt – nach Paragraf 25, Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes.
Reber Alrahman ist Kurde, geboren 1987 im syrischen Ain-al-arab, auf Kurdisch Kobane. Fluchtgrund: der Krieg in seiner Heimat. Sein Asylantrag wurde zwar abgelehnt, aus humanitären Gründen genießt er aber den nach erwähnten Paragrafen subsidiären, also behelfsmäßigen Schutz in Deutschland. Er gehört zu den rund 140.000 syrischen Flüchtlingen, die laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über einen humanitären, überwiegend befristeten Aufenthaltstitel verfügen.
Schon seit langem will Reber Alrahman seine Ehefrau zu sich nach Deutschland holen. In Artikel 6 des Grundgesetzes ist vom Recht auf Schutz von Ehe und Familie die Rede, was eigentlich auch für hier Schutzsuchende gilt. Doch die Bundesregierung hat den Familiennachzug im März 2016 wegen der damals stark gestiegenen Flüchtlingszahlen vorübergehend ausgesetzt.
Hoffen auf Familiennachzug dank neuer Regelung
Eine Regelung, die jetzt endet: Von 1. August an sollen pro Monat bis zu 1.000 Angehörige von Flüchtlingen nach Deutschland übersiedeln können. Der 31-Jährige zeigt ein Foto seiner Frau auf dem Handy: Es gehe ihr schlecht in Aleppo.
"Meine Frau Neirouz. Neirouz Sheikh Ibrahim. Sie wohnt jetzt in Aleppo. Jetzt meine und ihre Eltern in Aleppo schon seit zehn Jahre."
2014, erzählt Alrahman, habe er die heute 21-Jährige geheiratet. Dass die Ehe bereits vor der Flucht bestand, muss er nun nachweisen. Auf seinem Handy ist die syrische Heiratserklärung samt Familiennummer gespeichert, genehmigt von einem Schariagericht. Die ausstellende Behörde: Das Zentrum des Direktorats für Zivilwesen in Aleppo. Ob seine Heiratserklärung mit einer deutschen Heiratsurkunde vergleichbar ist, muss nach Antragstellung das Standesamt in Aschaffenburg entscheiden.
"Ohne Familie ist es ein bisschen schwer, seit drei Jahren schaue ich nach meiner Familie und dann ist sie im Krieg, meine Familie."
Zehn bis zwölf Monate Warten auf einen Anhörungstermin
In Aschaffenburg hat er eine Wohnung, er hat mehrere Jobs und wird von der Arbeiterwohlfahrt betreut. Hier half man Alrahman im vergangenen Dezember auch, einen Antrag auf Anhörung seiner Ehefrau in der Deutschen Botschaft in Beirut zu stellen. Eine automatisch generierte Bestätigungs-E-Mail erhielt er noch am selben Tag. Danach begann das Warten. Seit sieben Monaten ist Neirouz Sheikh Ibrahim nun laut email "auf der Terminliste in Beirut in der Kategorie Familienzusammenführung zu Schutzberechtigten aus Syrien gebucht". Daneben steht eine Registrierungsnummer. Und der Hinweis ist zu lesen:
"Die Wartezeit auf den endgültigen Termin beträgt derzeit etwa zehn bis zwölf Monate."
Laut Auswärtigem Amt liegen bislang bereits circa 34.000 Terminanfragen von Angehörigen vor: 22.000 davon gingen in der Deutschen Botschaft in Beirut/Libanon ein, 3.700 in Istanbul/Türkei und 4.900 in Erbil/Irak. Die restlichen Anträge würden sich auf Botschaften und Konsulate in Jordanien, Kenia, Äthiopien und Ägypten verteilen.
Ob tatsächlich alle Anfragen nach wie vor gültig sind, wie viele doppelt gestellt wurden oder sich zwischenzeitlich erledigt haben, weil sich die Familien anders entschieden haben, werde seit Tagen überprüft, erklärt ein Sprecher des Außenministeriums in Berlin. Man versuche derzeit, die Antragssteller telefonisch oder per E-Mail zu erreichen.
In der deutschen Botschaft in Beirut, wo vor allem syrische Flüchtlinge betreut werden, werden die ersten Gespräche mit Angehörigen bereits geführt - von arabisch und kurdisch sprechenden Mitarbeitern der Internationalen Organisation für Migration, kurz IOM. Mit dieser wurde 2016 ein Programm zur Familienzusammenführung nach Deutschland vereinbart, das sogenannte Family Assistance Programme - finanziert von der Bundesrepublik.
Die Warteliste ist lang
Schon im September 2016 schalteten die deutschen Auslandsvertretungen auf ihren Webseiten die Online-Formulare frei, die die Familienmitglieder für die Terminvergabe ausfüllen müssen. Die Warteliste ist lang. Mit der Wiederaufnahme des Familiennachzugs würde sie nun chronologisch, das heißt nach Eingangsdatum der Anträge abgearbeitet, so der Sprecher des Auswärtigen Amtes.
Die endgültigen Entscheidungen, wer schließlich zu den Angehörigen nach Deutschland reisen darf, trifft das dem Bundesinnenministerium unterstellte Bundesverwaltungsamt im Rahmen des Visumverfahrens. Dort sind dafür 60 zusätzliche Planstellen vorgesehen. Nach welchen Kriterien entschieden wird, erläuterte eine Mitarbeiterin des Bundesinnenministeriums bei einem Hintergrundgespräch.
"Zum einen sind zum Familiennachzug berechtigt die Angehörigen der Kernfamilie: Das sind die Ehegatten, das sind die minderjährigen, ledigen Kinder, und das sind die Eltern von minderjährigen Kindern. In der Sache ist ein Familiennachzug eröffnet, wenn bei den Betroffenen humanitäre Gründe vorliegen. Die gesetzlichen Gründe sind zum Beispiel, dass ein Minderjähriger betroffen ist von der Familientrennung. Zum Beispiel, dass eine konkrete Gefahr für Leib und Leben eines der Angehörigen droht. Oder dass einer der Angehörigen von einer schweren Krankheit, einer schweren Behinderung oder einer schweren Pflegebedürftigkeit betroffen ist. Oder dass die Trennungsdauer schon lange Zeit anhält."
Bei Personen, die als Gefährder eingestuft sind oder Straftaten in Deutschland verübt haben, ist eine Familienzusammenführung definitiv ausgeschlossen. Bei allen anderen werde auch nach Härtefall entschieden, so die Ministeriumsmitarbeiterin. Dabei würden zusätzlich sogenannte Integrationsaspekte berücksichtigt:
"Integrationsaspekte können zum Beispiel sein, dass der hier lebende subsidiär Schutzberechtigte den Lebensunterhalt sichern kann für sich und seine Angehörigen. Ein Integrationsaspekt kann auch sein, dass der nachziehende Angehörige schon gute Deutschkenntnisse aufweist."
Befristete Großzügigkeit
Der ab Anfang August wieder aufgenommene Familiennachzug ist auf 1.000 Personen pro Monat begrenzt. Weil die Warteliste aber lang ist und mit der Abarbeitung erst jetzt begonnen wird, hat man sich im Bundesinnenministerium auf die Bewilligung von insgesamt 5.000 Anträgen zwischen August bis Dezember geeinigt. Eine Großzügigkeit, die ab Anfang 2019 endet: Wird dann das monatliche Kontingent von 1.000 Aufnahmen nicht erfüllt, verfällt es.
"Um einen ausgewogenen Ausgleich zwischen der Aufnahmefähigkeit der Bundesrepublik Deutschland und den Interessen der subsidiär Schutzberechtigten zu schaffen."
Schrieb das Bundesinnenministerium in der Drucksache 19/2740 - bevor der Bundestag Mitte Juni die neue Regelung zur Familienzusammenführung beschloss. Dem vorausgegangen war ein zähes Ringen zwischen den Regierungsparteien CDU, CSU und SPD. Herausgekommen ist eine Neuregelung zum Familiennachzug, die keinen Rechtsanspruch mehr vorsieht. Was rechtlich zumindest bedenklich sei, meint Alexander Graser. Er ist Professor für Öffentliches Recht und Ordnung an der Universität Regensburg:
"Wir haben im Bereich Familiennachzug denke ich drei wesentliche Probleme: Das eine ist die Verfahrensdauer, das zweite ist die womöglich eben rigide Grenze von 1.000, die jetzt eingeführt worden ist und die Berücksichtigung von Einzelfällen zumindest erschwert. Und das dritte ist das Problem, wer konkret zur Familie gehört. Dabei ist anerkannt, dass Familienbegriffe in den verschiedenen Kulturen sehr unterschiedlich sind."
In einem libanesischen Flüchtlingscamp in Qob Elias nahe der syrischen Grenze wartet auch die 42-jährige Palästinenserin Nebal Alboush seit drei Jahren auf Familienzusammenführung nach Deutschland. Mit drei Töchtern lebt sie in zwei Räumen. Als Toilette dient ein Loch im Boden in einem Verschlag davor. Ihre Töchter Heba, Nour und Shad sind 19, 16 und neun Jahre alt. Ihre Älteste ist in der Türkei verheiratet.
Nebals Ehemann Nedal Alboush und der 13-jährige Sohn Mohamad flohen 2015 über das Mittelmeer nach Europa. Seit ihrer Ankunft in Deutschland wohnen sie als subsidiär Schutzberechtigte im nordrhein-westfälischen Städtchen Düren.
"Der Aufenthaltstitel meines Mannes wurde jetzt zwar um ein weiteres Jahr verlängert. Ich könnte zu ihm kommen, aber meine drei Kinder nicht."
Per Ehegattennachzug könnte Nebal zwar das Dreimonats-Visum für Deutschland bekommen und müsste dann hier einen Asylantrag stellen. Ihre Kinder allerdings müssten im Libanon bleiben - vorerst.
Für Familiennachzug gibt es nur drei Möglichkeiten
Für den Familiennachzug gibt es nur drei Möglichkeiten: den Nachzug als Ehegatte. Den Nachzug eines Elternteils zu einem Kind. Und den Nachzug eines Kindes zu einem Elternteil in Deutschland. Der Nachzug von Geschwisterkindern ist ausgeschlossen. Für die Mutter eine schwierige Situation. Unter Juristen wird diese Handhabe kontrovers diskutiert, sagt der Rechtsexperte Graser:
"Ein in dem Bereich schon länger diskutiertes Problem ist das der Kettennachzüge. Es gibt eben die Konstellation, dass Minderjährige ihre Geschwister nicht nachholen können. Was aber dazu führen kann, dass womöglich auch der Nachzug der Eltern vereitelt wird. Denn die Eltern stehen dann vor der Wahl, ziehen sie zu ihren Kindern hierher oder bleiben sie bei ihren Kindern im Ursprungsland.
Tatsächlich antwortet das deutsche Recht in der Praxis bisher mit einer absurd anmutenden Lösung: Man beharrt darauf, dass keine Geschwister zueinander ziehen und zunächst kann das Kind den Elternteil oder ein Elternteil das Kind nachholen. Und dann kann das Elternteil die anderen Kinder nachholen."
Erst wenn Mutter Nebal von der deutschen Ausländerbehörde einen Aufenthaltstitel erhalten hat, könne sie die minderjährigen Kinder nachholen, ergänzt der Münchner Anwalt Hubert Heinold. Der 70-Jährige beschäftigt sich seit 30 Jahren mit Asyl- und Migrationsrecht. Aufgrund der hohen Wartezeiten könne es aber dauern, bis die Töchter nach Deutschland dürfen, weiß er. Sicher sei aber, die 19-jährige muss im Libanon bleiben, denn sie ist mit der Volljährigkeit vom Familiennachzug ausgeschlossen.
"Wenn der Vater mit dem Sohn da ist und jetzt die Mutter nachkommen kann oder will, dann verhält es sich ganz einfach so: Die Mutter kommt als Ehegattennachzug, denn ein Elternnachzug zu dem minderjährigen Sohn ist nicht möglich, weil ja bereits ein Elternteil da ist.
Die Eltern dürfen also nur nach Paragraf 36, Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes gemeinsam kommen, wenn aber einer vorher kommt, muss der andere drüben bleiben. Punkt."
Der Begriff der "Kernfamilie" ist also relativ eng gefasst. Womit Deutschland aber durchaus auf der Linie der Europäischen Menschenrechtskonvention liege, sagt Juraprofessor Graser:
"Also die Vorgaben in dem Fall geben wohl keine Grundlage von der Bundesrepublik zu verlangen, dass sie ein breiteres Familienverständnis zugrunde legt. Das liegt einerseits daran, dass die maßgeblichen Vorgaben über die wir hier sprechen einmal das Grundgesetz sind, das natürlich vom deutschen Kulturverständnis ausgeht. Ansonsten die Europäische Menschenrechtskonvention, die ähnlich geprägt ist, zumindest ist das Familienverständnis dort nicht wesentlich anders als wir es im Grundgesetz kennen."
Härtefallregelung als Nachzugsoption
Was den betroffenen Flüchtlingsfamilien dann bleibt? Anwalt Heinold nennt die Härtefallregelung laut Aufenthaltsgesetz:
"Paragraf 36, Absatz 2 verlangt eine außergewöhnliche Härte. Das ist so eine Ersatzvorschrift, die dann eingreift, wenn die normalen Familiennachzugsregelungen nicht passen. Da wird allgemein argumentiert: Die Lage in Syrien oder den anderen Bürgerkriegsländern ist nicht so außergewöhnlich. Es ist zwar eine Härte, aber keine außergewöhnliche.
Es gibt nämlich drei Härtegrade im Ausländerrecht: Die Härte, die besondere Härte und die außergewöhnliche Härte. Und dass Familien durch den Krieg getrennt werden, und die Eltern hier bleiben müssen und die anderen da sind, das ist keine außergewöhnliche, sondern eine typische Härte."
"Wir gehen nur alle oder keiner"
Nebal Alboush trägt alle Dokumente immer in einer Mappe bei sich, obwohl sie sie teilweise gar nicht lesen kann. Das Familienstammbuch des syrischen Innenministeriums, Ausweiskopien ihres Mannes, deutsche Behördenbriefe vom BAMF in Saarbrücken und die Anmeldebestätigung der Stadt Düren. Sie wartet auf einen Termin bei der Deutschen Botschaft in Beirut und hofft, dass ihre Kinder doch mit nach Deutschland kommen können.
"Wir gehen nur alle oder keiner. Ich lasse meine Kinder hier nicht zurück."
Rückblende. Im März 2016 wurde der Familiennachzug für subsidiär geschützte Flüchtlinge ausgesetzt: Erst für zwei Jahre, dann mit einer nochmaligen Verlängerung bis 31. Juli 2018. CDU und CSU wollten das so, vor allem um die Kommunen bei der Unterbringung der Menschen zu entlasten.
In den Koalitionsverhandlungen einigten sich Union und SPD dann darauf, einem zahlenmäßig begrenzten Personenkreis die Einreise zu erlauben. Über die Neuregelung wurde Mitte Juni im Bundestag kontrovers diskutiert. Die SPD-Abgeordnete Eva Högl sprach von einem "guter Tag" - für das Asylrecht, für verantwortungsvolle Politik und für ganz viele Familien:
"Familienzusammenführung ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie wir generell unsere Asylpolitik ausrichten sollen: nämlich basierend auf humanitärer Verantwortung, kombiniert mit staatlicher Steuerung und mit einem geordneten Verfahren."
Widerspruch von der Opposition
Auch Stephan Mayer, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, sprach von einem großen Erfolg der Koalition. Europa- und völkerrechtlich sei Deutschland nicht zum Familiennachzug verpflichtet, betonte der CSU-Politiker. Es gäbe auch mit der neuen Regelung keinen rechtlichen Anspruch darauf:
"Ich bin aber auch der Überzeugung, dass wir mit diesem Gesetzentwurf drei Grundsätzen entsprechend gut Rechnung tragen: Zum einen mal dem Grundsatz auf Humanität und Hilfsbereitschaft, zum anderen dem Grundsatz auf Sicherheit und zum anderen den Grundsatz auch die Integrationsbereitschaft, der Integrationsfähigkeit unseres Landes mit zu berücksichtigen."
Widerspruch kam von der Opposition im Bundestag. FDP und Linke unterlagen mit eigenen Anträgen zum Familiennachzug. Die AfD lehnt diesen gänzlich ab. Und bei der Bundestagsabgeordneten der Grünen, Luise Amtsberg, stieß vorrangig die Begrenzung auf monatlich 1.000 Menschen auf Ablehnung:
"Dass niemand, weder Sie noch die Sachverständigen, noch das Parlament oder die beteiligten Behörden eigentlich wissen, wie konkret Sie diese 1.000 Menschen auswählen wollen, macht es aus fachlicher Sicht unmöglich, diesem Vorhaben zuzustimmen."
Man wolle vor allem den humanitären Notlagen Rechnung tragen, so Staatssekretär Mayer. Besonders schwer erkrankten und behinderten Personen werde man in besonderer Weise die Möglichkeit eröffnen, in dieses Kontingent von 1.000 Personen aufgenommen zu werden. An der Befristung der Aufenthaltserlaubnis für nachziehende Familienangehörige ändere sich aber nichts:
"Es handelt sich um Personen, die sich nur über einen bestimmten Zeitraum in Deutschland aufhalten sollen, die einen Schutzstatus für ein Jahr bekommen. Auch was die Regelungen anbelangt zur Erlangung der Niederlassungserlaubnis, aber auch die materiellen Voraussetzungen unterscheiden sich grundlegend auch von Personen, die nach Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt wurden. Deshalb gibt es aus meiner Sicht nach sehr gute Gründe dafür, dabei zu bleiben, dass der Rechtsanspruch ausgeschlossen ist."
Auch deshalb kritisiert der Münchner Anwalt Hubert Heinold die ab Anfang August gültige Neuregelung scharf. Neue Mandate nimmt der 70-Jährige nicht mehr an. Denn er sagt, dass die Gerichtsentscheide immer restriktiver und sogar zynischer würden, wenn es um die Frage des Familiennachzugs geht:
"Es gibt auch durchaus Gerichtsentscheidungen, in denen zynisch drinsteht: Das haben die selbst so gewollt, das Kind ist vorneweg geschickt worden. Die haben also von Anfang an die Trennung der Familie billigend in Kauf genommen. Und jetzt müssen sie halt damit zurechtkommen. Beziehungsweise sie müssen entscheiden, wenn ein Elternpaar existiert, ob das eine Elternteil hierher kommt zu dem einen Minderjährigen und das andere Elternteil vielleicht in der Heimat bleibt."
Viele offene Fragen
Offen ist, wie viele Menschen von der Möglichkeit des Familienanzugs Gebrauch machen werden. Schätzungen eines Forschungsinstituts der Bundesagentur für Arbeit gehen von insgesamt bis zu 60.000 aus. Wann die Ersten nach Deutschland reisen können, steht auch noch nicht fest. An vielen deutschen Botschaften und Konsulaten müssen erst mal Zehntausende Anträge bearbeitet werden. Den Münchener Rechtsanwalt würde es nicht wundern, wenn Familien sich gezwungen sehen könnten, illegale Wege nach Deutschland zu finden, um nicht noch länger warten zu müssen.
"Der Antrag lohnt sich schon, aber man muss sich klar darüber sein, dass es etwas von Lotterie hat. Von den aktuellen Antragstellern werden ein Prozent in absehbarer Zeit eine positive Entscheidung bekommen. 50 Prozent in einem Zeitraum von ein, zwei Jahren und der Rest in einem Zeitraum zwei plus Jahren. Das ist die objektive Situation."