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Hoffnungsvolle Science-Fiction
(Hope-)Punk is not dead

Klimakatastrophe, Überbevölkerung, Kriege: Die Zukunft wird seit ein paar Jahren als besonders düster wahrgenommen. In der SF-Literatur bezeichnet man diese Art der Erzählung als "Grimdark". Das Genre "Hopepunk" distanziert sich mit hoffnungsvollen Geschichten von apokalyptischen Visionen.

Von Dennis Kastrup |
Feiernde Menschen im Trockeneisnebel beim Alternativen Musicfestival in Drebkau-Casel / Brandenburg
Irgendwo im Nebel - Die Zukunft (www.imago-images.de)
"Das Gegenteil von Grimdark ist Hopepunk! Sagt es weiter".
So lautete im Juli 2017 ein Beitrag auf Tumblr, geschrieben von der Schriftstellerin Alexandra Rowland:
"Für mich bedeutet Hopepunk nicht, dass das Glas halbleer oder halbvoll ist. Wichtig ist, dass überhaupt Wasser im Glas ist. Die menschliche Natur hält beides bereit: Sie kann unglaublich grausam, gemein und schrecklich sein, besitzt aber auch die große Fähigkeit, göttliche Gnade zu zeigen."
Am Anfang war Trump
Entstanden ist der Begriff ein paar Monate nach der Wahl von Donald Trump. Unter ihren Freunden haben Zynismus und Verzweiflung geherrscht, berichtet Rowland. Frustration über die damalige Situation und die eigene Zukunft machten sich breit. Als das alles in Resignation mündete, entschied sich die Autorin aus den USA, dem entgegen zu wirken:
"Science-Fiction und Fantasy passen gut zum Hopepunk, weil es darin diese seltsame Konstellation gibt, die überhaupt keiner Realität entspricht. Das wird also nicht in der nächsten Woche so geschehen. Es geht um etwas, das in einem oder fünf, oder sogar in zehn oder fünfzig Jahren passieren kann. Es ist eine Welt, die man vorher noch nie gesehen hat, ein ungeschriebenes Blatt. Das sind die Regeln. Und was machst du jetzt daraus?"
Lob des Altruismus
Rowland schrieb das Buch "A Choir of Lies", das im vergangenen Herbst erschienen ist: eine Geschichte über einen Mann, der eine besondere Gabe beim Erzählen besitzt. Diese kann aber für das Gute und das Böse eingesetzt werden. Der Protagonist entscheidet sich für das Gute. Es geht darum, Menschen zu bewegen, sich in Gesellschaften zu organisieren und nicht nur auf einzelne Helden zu schauen. Eine eher untypische Botschaft in dem Genre, wie Medienproduzentin und Autorin Alessandra Reß sagt, deswegen also "Hopepunk". Reß schreibt für das Magazin "Tor Online" und betreibt einen Blog, der sich mit der Fantastik-Szene auseinandersetzt.
"Dieser Kooperationsgedanke, ich glaube, dass der sehr zentral ist, wirklich. Dass man nicht diese typische Fantasy-Struktur hat oder auch Science-Fiction-Struktur, dass man irgendwie zu einer Weltenrettung hinarbeitet, sondern dass da eher Episoden sind, und diese Episoden irgendwie zu einer Klärung führen zwischen Parteien, die aber nicht im Finale daraus bestehen, dass jetzt irgendwie die Welt gerettet werden muss. Es ist eher ein episodenhaftes Erzählen, kein episches Erzählen."
Für Reß ist Hopepunk aber kein neues Phänomen. Die Idee finde sich bereits vor dem Aufkommen des Begriffs in Büchern wieder, sogar im scheinbar so düsteren Grimdark.
Raus aus der Misere
"Man hat auch Dystopien vor allem mit so einem gewissen pädagogischen Wert verbunden und dachte irgendwie, es müsste den Leuten eine Warnung sein, was da drin passiert, aber das hat nicht richtig funktioniert. Und deshalb ist jetzt stattdessen der Ruf nach Utopien eben laut geworden, also nach realistischen Zukunftsvisionen auch, die sich eben anwenden lassen und die irgendwie aus dieser Misere herausführen."
Judith Vogt und Christian Vogt haben genau das in dem wohl ersten deutschen Hopepunk-Buch verarbeitet: "Wasteland" spielt 45 Jahre in der Zukunft. Die Ruinen eines zerstörten Deutschlands bilden die Kulisse. Ein Teil der Gesellschaft lebt auf einer Art Markt. Drumherum bedrohen Gangs das Leben. Das Ehepaar Vogt beschreibt diesen Zustand als "Utopie in einer Dystopie".
Christian Vogt: "Wir konnten nur diesen Markt schaffen, indem wir die Welt vorher zerstört haben. Also die Apokalypse hat erst diese Chance für diese bessere Gesellschaft geschaffen auf der einen Seite. Auf der anderen Seite hat sie auch das Schlechteste in den Menschen hervorgebracht in der ganzen Welt drum herum. Darum teilen wir das auf: in ‚Toxers‘ und ‚Hopers‘."
Wir gegen die
Die Vergiftenden kämpfen also gegen die Hoffenden. Dieses Bild lässt sich auch auf den Alltag übertragen: wir gegen die.
Judith Vogt: "Ich würde sagen, es ist nicht nur eine Genre-Sache, die irgendwie in der Fantasy und Science-Fiction jetzt im Moment ein bisschen Gehör findet und wo Geschichten geschrieben werden, sondern es kann auch tatsächlich so ein bisschen so eine Lebenseinstellung sein, wie so ein loses, politisches Konzept."
Ob Hopepunk sich als eigenes Genre etabliert und weiter entwickelt, ist noch Zukunftsmusik. Der Bekanntheitsgrad des Begriffs ist in den vergangenen Jahren aber auf jeden Fall deutlich gestiegen. Die Zeit scheint bereit zu sein. Manchmal brauche es eben einen Namen, um ein Gefühl greifbar und öffentlich zu machen, meint Autorin Alexandra Rowland:
"Hopepunk ist tatsächlich Punk, weil es ein Kampf gegen Autoritarismus, und Faschismus ist. Er richtet sich auch gegen Menschen in Machtpositionen, die wollen, dass man sich fügt und damit zufrieden ist."
Judith C. Vogt, Christian Vogt: "Wasteland"
Knaur Taschebuch Verlag München, 2019. 400 Seiten, 14,99 Euro.

Alexandra Rowland: "A Choir of Lies"
Saga Press Verlag New York, 2019. 464 Seiten, 26,99 US-Dollar.