Die Arbeiter in Amiens kämpfen seit Langem. Auch gestern wieder. Ihre Reifenfabrik soll geschlossen werden. Firmenleitung und Gewerkschaft hatten jahrelang vergeblich einen Sozialplan aushandeln wollen. Ein Investor ist nicht in Sicht, es sei denn, die Mitarbeiter übernehmen den Laden selbst, wie sie gestern überlegten. Der letzte ausländische Kapitalgeber, der von der Regierung gefragt worden war, ein amerikanischer Reifenproduzent, hatte statt eines Übernahmeangebots vor einer Woche einen Spottbrief nach Frankreich geschickt: Es werde zu wenig gearbeitet, zu viel diskutiert, höhnte es aus Übersee.
Das war selbst Kritikern der neuen sozialistischen Regierung zu viel. Wenn der Feind von außen kommt, hält das Land zusammen.
Der "Feind", für die Gewerkschaften ist die Sache klar. Das Reifenwerk von Amiens sei nur ein Beispiel von vielen, sagt Bernard Thibault von der linken CGT:
"Multinationale Konzerne, die Produktionsstätten schließen, obwohl sie gut arbeiten, um sie aus Profitgründen an anderer Stelle, in einem anderen Land wieder aufzubauen."
Mit Argumenten wie diesen heizt sich die Stimmung in Frankreich mehr und mehr auf. Die Linke streitet über die richtigen Rezepte und der sozialistische Hoffnungsträger vermag das Blatt nicht zu wenden. In seiner ersten Neujahrsansprache nach dem Wahlsieg hatte Francois Hollande versprochen, der Arbeitslosenkurve zum Jahresende 2013 eine andere Richtung zu geben, koste es, was es wolle.
Das klingt jetzt, acht Wochen später, deutlich vorsichtiger: Er habe die Regierung aufgefordert, alle Maßnahmen zu ergreifen, wo kein Ziel sei, sei kein Wille.
Und vorerst sprechen die Statistiken eine andere Sprache: Gestern Abend gab das Ministerium die Arbeitslosenzahlen bekannt, sie stiegen auf das höchste Niveau seit 1997. Drei Millionen einhundertsiebzigtausend Menschen waren im Januar arbeitslos gemeldet.
"Ein dramatischer Rekord bei den erfassten Arbeitslosen. Aber hinzu kommen die Millionen Beschäftigten in prekärer Lage."
Befristete Verträge, Geringverdiener - mehr als sechs, vielleicht sieben Millionen Franzosen könnten von ihrer Arbeit nicht mehr leben, sagt der Gewerkschafter.
Inakzeptabel, sagt Thibault, deshalb werden wir auf die Straße gehen, wenn das Kabinett nächste Woche das Gesetz zur Flexibilisierung des französischen Arbeitsmarktes präsentiert. Ein Gesetz, auf das sich ein Teil der Gewerkschaften mit den Arbeitgebern nach monatelangen Verhandlungen geeinigt hatten. Eine Reform des französischen Arbeitsmarktes, auf die Frankreichs Partner in Europa warten - nicht aber die mächtigen Syndikate CGT und FO. Thibault:
"Deshalb machen wir mobil am 5., am Vorabend der Kabinettsentscheidung, auch die Gewerkschaft Force Ouvriére macht mit und Juristen, die sich Sorgen um die Entwicklung unserer Sozialgesetzgebung machen."
Die Politik Hollandes sei widersprüchlich. Und er spiele der Sparpolitik Brüssels in die Hand:
"Man muss reagieren wie in Belgien, in Portugal, in Spanien ..."
Unterdessen hat Frankreichs konservative Opposition leichtes Spiel.
" "Diese Woche, das ist doch eine Abfolge von Niederlagen für die Regierung", "
sagt Nathalie Kosciusko-Morizet von der UMP.
Defizitziel von drei Prozent - von Hollande versprochen, 2013 nicht haltbar; keine weiteren Steuererhöhungen in diesem Jahr - von der Regierung versprochen, inzwischen infrage gestellt. Bezahlbarer Wohnraum in den Großstädten - versprochen, aber vorerst unerreichbar, auch die Baubranche vergleicht die Lage bereits mit den krisengeschüttelten 90er-Jahren .
Und nun die höchste Arbeitslosenrate seit Sommer 1997. Arbeitsminister Michel Sapin widersprach zwar bei einem Besuch in Berlin der These, Hollande könne seine Zusagen für den Arbeitsmarkt in diesem Jahr nicht halten, so recht kommt die Botschaft in Frankreich aber nicht an.
Und während in deutschen Zeitungen eine EU-Kommissarin "die Vereinigten Staaten von Europa" fordert, drucken Frankreichs Blätter eine Umfrage ab, die eine gänzlich andere Sprache spricht: Nur noch 38 Prozent der Franzosen setzen demnach Hoffnungen auf die europäischen Institutionen. Vor zehn Jahren waren es noch doppelt so viele. Vor allem Arbeiter, Geringverdiener und Bewohner des ländlichen Raums wenden sich von Europa ab.
Kein Zufall, dass der rechtsradikale Front National den Wahlausgang in Italien gestern als Sieg gegen die europäische Politik feierte.
Das war selbst Kritikern der neuen sozialistischen Regierung zu viel. Wenn der Feind von außen kommt, hält das Land zusammen.
Der "Feind", für die Gewerkschaften ist die Sache klar. Das Reifenwerk von Amiens sei nur ein Beispiel von vielen, sagt Bernard Thibault von der linken CGT:
"Multinationale Konzerne, die Produktionsstätten schließen, obwohl sie gut arbeiten, um sie aus Profitgründen an anderer Stelle, in einem anderen Land wieder aufzubauen."
Mit Argumenten wie diesen heizt sich die Stimmung in Frankreich mehr und mehr auf. Die Linke streitet über die richtigen Rezepte und der sozialistische Hoffnungsträger vermag das Blatt nicht zu wenden. In seiner ersten Neujahrsansprache nach dem Wahlsieg hatte Francois Hollande versprochen, der Arbeitslosenkurve zum Jahresende 2013 eine andere Richtung zu geben, koste es, was es wolle.
Das klingt jetzt, acht Wochen später, deutlich vorsichtiger: Er habe die Regierung aufgefordert, alle Maßnahmen zu ergreifen, wo kein Ziel sei, sei kein Wille.
Und vorerst sprechen die Statistiken eine andere Sprache: Gestern Abend gab das Ministerium die Arbeitslosenzahlen bekannt, sie stiegen auf das höchste Niveau seit 1997. Drei Millionen einhundertsiebzigtausend Menschen waren im Januar arbeitslos gemeldet.
"Ein dramatischer Rekord bei den erfassten Arbeitslosen. Aber hinzu kommen die Millionen Beschäftigten in prekärer Lage."
Befristete Verträge, Geringverdiener - mehr als sechs, vielleicht sieben Millionen Franzosen könnten von ihrer Arbeit nicht mehr leben, sagt der Gewerkschafter.
Inakzeptabel, sagt Thibault, deshalb werden wir auf die Straße gehen, wenn das Kabinett nächste Woche das Gesetz zur Flexibilisierung des französischen Arbeitsmarktes präsentiert. Ein Gesetz, auf das sich ein Teil der Gewerkschaften mit den Arbeitgebern nach monatelangen Verhandlungen geeinigt hatten. Eine Reform des französischen Arbeitsmarktes, auf die Frankreichs Partner in Europa warten - nicht aber die mächtigen Syndikate CGT und FO. Thibault:
"Deshalb machen wir mobil am 5., am Vorabend der Kabinettsentscheidung, auch die Gewerkschaft Force Ouvriére macht mit und Juristen, die sich Sorgen um die Entwicklung unserer Sozialgesetzgebung machen."
Die Politik Hollandes sei widersprüchlich. Und er spiele der Sparpolitik Brüssels in die Hand:
"Man muss reagieren wie in Belgien, in Portugal, in Spanien ..."
Unterdessen hat Frankreichs konservative Opposition leichtes Spiel.
" "Diese Woche, das ist doch eine Abfolge von Niederlagen für die Regierung", "
sagt Nathalie Kosciusko-Morizet von der UMP.
Defizitziel von drei Prozent - von Hollande versprochen, 2013 nicht haltbar; keine weiteren Steuererhöhungen in diesem Jahr - von der Regierung versprochen, inzwischen infrage gestellt. Bezahlbarer Wohnraum in den Großstädten - versprochen, aber vorerst unerreichbar, auch die Baubranche vergleicht die Lage bereits mit den krisengeschüttelten 90er-Jahren .
Und nun die höchste Arbeitslosenrate seit Sommer 1997. Arbeitsminister Michel Sapin widersprach zwar bei einem Besuch in Berlin der These, Hollande könne seine Zusagen für den Arbeitsmarkt in diesem Jahr nicht halten, so recht kommt die Botschaft in Frankreich aber nicht an.
Und während in deutschen Zeitungen eine EU-Kommissarin "die Vereinigten Staaten von Europa" fordert, drucken Frankreichs Blätter eine Umfrage ab, die eine gänzlich andere Sprache spricht: Nur noch 38 Prozent der Franzosen setzen demnach Hoffnungen auf die europäischen Institutionen. Vor zehn Jahren waren es noch doppelt so viele. Vor allem Arbeiter, Geringverdiener und Bewohner des ländlichen Raums wenden sich von Europa ab.
Kein Zufall, dass der rechtsradikale Front National den Wahlausgang in Italien gestern als Sieg gegen die europäische Politik feierte.