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Hohe Benzinpreise - höhere Pendlerpauschale?

Warum bekommt jemand, der auf dem Land wohnt, eine Pendlerpauschale und der Arbeitskollege, der in der Stadt wohnt, nicht? Angesichts der hohen Benzinpreise werden Forderungen nach einer Anhebung der Pauschale laut - Umweltverbände protestieren.

Von Dieter Nürnberger |
    Die Entfernungs- oder auch Pendlerpauschale steht ja schon seit Jahren in der Kritik von Umweltverbänden. Und auch das Umweltbundesamt, welches die Bundesregierung ja fachlich beraten soll, hat schon des Öfteren kritisiert, dass die Pauschale – in Zeiten, in denen das Verkehrsaufkommen nachweisbar wachse und auch der Trend zu längeren Arbeitswegen zunehme – im Grunde die Zersiedlung der Landschaft begünstige. Der BUND fordert innerhalb der aktuellen Diskussion nun eine Reform der Pauschale. Die Argumentation ist die, dass durch die gegenwärtige Regelung ökologische und auch soziale Aspekte des Umweltschutzes außer Acht gelassen würden. Werner Reh ist verkehrspolitischer Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland.

    "Erstens ist sie ökologisch kontraproduktiv, weil sie weite Entfernungen vom Arbeitsplatz und zudem das Autofahren generell begünstigt. Zweitens ist die Pauschale sozial ungerecht, weil sie die Besserverdienenden viel höher entgeltet als Geringverdiener. Letztere gehen zum Teil sogar leer aus. Drittens ist sie ineffizient und hochbürokratisch. Kein Mensch weiß genau, was er wirklich bekommt, wenn die Steuererstattung durch ist."
    Seitdem die Spritpreise wieder steigen, ist auch die Diskussion über die Pendlerpauschale erneut in den Blickpunkt gerückt. Die FDP fordert beispielsweise eine Erhöhung, was der Bundesfinanzminister bekanntlich ablehnt. Auch der Bund der Steuerzahler hat sich dieser Forderung angeschlossen. Reiner Holznagel, der Vizepräsident des Steuerzahlerbundes:

    "Die Zulage beziehungsweise die Entfernungspauschale in Höhe von 0,30 Euro ist 2004 das letzte Mal angehoben worden. Seitdem eben nicht mehr. Wir können aber grundsätzlich feststellen, dass die Kosten für die Mobilität seit dem Zeitraum um mehr als ein Drittel gestiegen sind. Insofern sollte man hier schnell eine Änderung herbeiführen."

    Der Bund der Steuerzahler macht in diesem Zusammenhang auch darauf aufmerksam, dass sozusagen der Bund oder der Bundesfinanzminister durch die gegenwärtig hohen Spritpreise bestens mitverdiene, denn 55 Prozent des gegenwärtigen Benzinpreises würden allein für Steuern und Abgaben draufgehen.

    Eine Erhöhung der Pauschale lehnt der Bund für Umwelt- und Naturschutz hingegen ab, der Verband will dafür aber eine andere Struktur bei der Berechnung erreichen. Das Alternativmodell des BUND ist eine Art Umverteilung von oben nach unten, wie Verkehrsexperte Werner Reh betont.

    "Wir sehen eine Pendlerzulage sinnvoll an, die einkommensunabhängig gewährt wird – mit realen Erstattungssätzen von Anfang an: vom ersten bis zum 20. Kilometer eine Erstattung von 0,10 Euro pro Entfernungskilometer. Danach soll sie degressiv, also absenkend gestaltet werden: auf 0,08 oder 0,06 Euro pro Kilometer. Der Vorteil wäre, dass auch niedrige Einkommen die Pauschale bekämen. Und dass man eben einen konkreten Anreiz hätte – orientiert am günstigsten Auto, am öffentlichen Nahverkehr, an der Bahn. Damit könnte man den Leuten signalisieren, sich darauf einzustellen, dass die Mobilitätskosten höher werden und sie auch langfristig damit klarkommen müssen."

    Die Pauschale sollte also nach Ansicht des Umweltschutzverbandes ökologisch reformiert und auch sozialer ausgestaltet werden. Das decke sich auch mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes, welches ja bereits mehrmals höchstrichterliche Entscheidungen dazu getroffen hat.

    Eine klare Absage bekommt dieses Öko-Modell des BUND hingegen durch den Bund der Steuerzahler. Hier hält man nicht viel von ökologischen Lenkungswirkungen bei der Gestaltung der Pendlerpauschale. Reiner Holznagel:

    "Man muss eben wissen, dass die Pendlerpauschale dazu da ist, dass die Wege zur Arbeitsstätte entgolten beziehungsweise die Arbeitnehmer entlastet werden. Insofern sollte man das Steuerrecht nicht missbrauchen, um irgendwelche Lenkungstatbestände zu etablieren. Die Entfernungspauschale ist tatsächlich zur Entlastung der Steuerzahler da und nicht für umweltpolitische Maßnahmen."

    Somit ist der kleinste gemeinsame Nenner zwischen dem Bund der Steuerzahler und dem Bund für Umwelt- und Naturschutz allein die Tatsache, dass beide mit der derzeitigen Ausgestaltung unzufrieden sind. Die jeweiligen Reformvorschläge – das ist keine große Überraschung – gehen doch sehr weit auseinander.