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Hohe Lebenserwartung
Spanien und seine Alten

Spanien könnte Japan 2040 als Land mit der höchsten Lebenserwartung ablösen, so eine Studie. Dabei war die Lebenserwartung der spanischen Bevölkerung Anfang des 20. Jahrhunderts niedrig, die Kindersterblichkeit hoch. Einer der ausschlaggebenden Faktoren: das spanische Gesundheitssystem.

Von Marc Dugge und Oliver Neuroth |
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Glockenläuten mit vereinten Kräften - Ricardo Garía (li.) und Fortu Torralba. (Natalia Bachmayer, ARD Madrid)
Josefa Santos ist 113 Jahre alt. Sie zu verstehen ist nicht ganz leicht. "Wie viele Kinder hast Du bekommen?", fragt ihre Tochter, die von einem Team des spanischen Fernsehens begleitet wird. "Ich hab’s gleich", sagt Josefa. Fünf waren es, drei sind noch am Leben. Und dank ihnen hat sie 15 Enkel, 24 Urenkel und sechs Ururenkel. Josefa ist 1906 geboren, sie hat so viele überlebt – und ihren Humor noch nicht verloren. Nach aktuellem Stand ist sie die älteste Frau, die in Spanien lebt. Ihre Tochter:
"Sie lebt gesund. Weder trinkt sie noch raucht sie. Nichts von allem", sagt sie. Ihre Mutter wohnt ein einer Seniorenresidenz im Norden von Madrid. Von einem Altersheim ist Charito dagegen noch weit entfernt. Obwohl auch sie schon seit 95 Jahren auf der Welt ist. In einem Alter, in dem manche in Resignation und Altersdepression versinken, sieht Charito das Leben von der sonnigen Seite. Und steckt außerdem voller Tatendrang. Charito heißt eigentlich Maria del Rosario. Sie wohnt in Patones, einem 500 Seelendorf in den Bergen nahe der Hauptstadt Madrid.
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"Charito", Maria del Rosario, die 95jährige Bürgermeisterkandidatin (Oliver Neuroth, ARD Madrid)
Im Frühjahr wollte sie hier Bürgermeisterin werden – mit 95 Jahren. Das hat sie zwar nicht geschafft, aber immerhin sitzt sie jetzt im Gemeinderat. Charito strahlt über das ganze braungebrannte Gesicht, ihre Knopfaugen leuchten.
"Ich bleibe fröhlich, auch wenn es mal nicht so rund läuft. Eine Schwester von mir macht es genau anders: Sie zweifelt alles an. Ich dagegen bin davon überzeugt, dass man Dinge auch zum Positiven wenden kann, wenn man sie mit einem Lächeln betrachtet. Mir hilft das! Auch wenn ich durch mein ewiges Lachen mal in ein Fettnäpfchen trete - ich lebe besser fröhlich als traurig."
Lebensverlängernd: Gesunde, mediterrane Diät
Für Charito ist klar: Ein Lächeln auf den Lippen hilft beim Älterwerden. Außerdem Gelassenheit und ein entspannter Lebensstil. Und sie rät, unbedingt auf die Ernährung zu achten:
"Ich sehe, dass mein 19 Jahre alter Enkel immer wieder Hamburger isst. Er liebt sie! Ich käme nie auf die Idee, irgendwo einen Hamburger zu bestellen, nie! Ich esse immer Gerichte mit einem Löffel: Suppen, Eintöpfe. Keine Canapé oder so einen Quatsch. Die Basis meiner Ernährung bildet Gemüse, Bohnen zum Beispiel oder Kichererbsen. Fleisch esse ich nur sehr wenig. Dafür mehr Fisch."
Die traditionelle, sogenannte "mediterrane Diät" also: Viel Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und das Beste aus dem Meer; wenn Fleisch, dann mehr weißes als rotes. Und als Fett wird hauptsächlich Olivenöl verwendet.
Das amerikanische Medienunternehmen Bloomberg kommt in einer Studie aus diesem Frühjahr zu dem Ergebnis, dass Spanier heutzutage die gesündesten Menschen der Welt sind. Die Forscher haben 169 Nationen miteinander verglichen – Spanien schafft es auf den ersten Platz. Als Hauptgrund dafür nennen die Forscher die mediterrane Diät.
Eingelegte Oliven werden frisch in Schüsseln auf einem Verkaufsstand in der Markthalle "La Paz" von Madrid angeboten
Olivenverkauf in der Markthalle "La Paz" von Madrid (Deutschlandradio/Oliver Neuroth)
Montse Fitó kommt zu ähnlichen Erkenntnissen. Die Ernährungswissenschaftlerin aus Barcelona wollte schon vor fünf Jahren die Wirkung der Mittelmeerküche auf den Menschen untersuchen. An dem Versuch nahmen 7.500 Probanden teil. Das Ergebnis:
"Wir konnten belegen, dass diejenigen, die sich nach der traditionellen mediterranen Diät ernähren, eine geringere Wahrscheinlichkeit haben, eine Herzkreislauf-Erkrankung zu bekommen oder sogar daran zu sterben. Konkret an einem Herzinfarkt oder an einem Hirnschlag."
Auch gegen ein kleines Glas Rotwein habe sie aus wissenschaftlicher Sicht nichts einzuwenden, sagt Montse. Aber wie gesund leben die Spanier heute wirklich?
Nur zwölf Prozent der Spanier ernähren sich gesund
Wer genauer hinschaut, merkt: Mit "mediterran" hat die Ernährungsweise von vielen wenig zu tun. Und mit "Diät" erst recht nicht. Um das zu erkennen, reicht ein Blick auf die Speisekarte eines typisch spanischen Restaurants oder in die Auslage einer Tapasbar. Kroketten, Tortilla, Schinken, frittierte Tintenfischringe: An Öl, Fleisch und Zucker wird in der spanischen Küche nicht gespart. Gemüsegerichte spielen hier eindeutig eine untergeordnete Rolle.
Zwei Studien der Autonomen Universitäten Madrid und Barcelona zeigen, dass gerade einmal zwölf Prozent der Erwachsenen in Spanien ernsthaft versuchen, sich nach der mediterranen Diät zu ernähren. Immerhin hat fast die Hälfte der Befragten das Ziel, Teile davon in ihr tägliches Leben zu integrieren. Und doch: Für viele Spanier ist die Tiefkühlpizza zu Hause erste Wahl. Ihnen fehle oft die Zeit ein, zwei Stunden in der Küche stehen, um etwas Gesundes zu kochen, sagt Montse Fitó:
"Viele Leute arbeiten auch außerhalb, müssen daher mittags zum Beispiel in Restaurants essen gehen. Ein Fehler ist es, immer das Gleiche zu essen. Variation ist wichtig, um mit unterschiedlichen Nährstoffen versorgt zu werden. Sie lösen schließlich verschiedene biologische Prozesse im Körper aus."
Wichtige Vitamine und Nährstoffe stecken bekanntlich in Obst und Gemüse – den Grundpfeilern der mediterranen Diät. Doch die positive Wirkung dieser Lebensmittel entfaltet sich nicht automatisch, erklärt Montse Fitó. Man sollte sie frisch zubereiten und weniger Produkte essen, in denen Obst und Gemüse verarbeitet sind:
"Es gibt Marken, die gesunde Soßen herstellen – sofern das möglich ist. Aber es ist klar, dass ein frisches Produkt immer besser ist als eines aus der Dose. Darin stecken oft Konservierungsstoffe, Süßungsmittel und viel Salz."
Lange Pausen, frische Luft und Geselligkeit
Doch die Ernährungswissenschaftlerin stellt auch klar: Wer hin und wieder auf Fertigprodukte zurückgreift, kann trotzdem alt werden. Man solle sich nicht verrückt machen lassen von Regeln und Vorschriften einer gesunden Ernährung:
"Wir können nicht alles kontrollieren, das ist unmöglich. Wir können nicht nur frische Produkte aus dem Garten essen. Selbst wenn sie von einem Acker kommen, setzt der Bauer dort möglicherweise Pestizide ein. Es ist ein Irrsinn, alles akribisch zu überprüfen. Deshalb ist es gut, in den Supermarkt zu gehen. Dort gelten strenge Vorschriften für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln – Grenzwerte, die nicht überschritten werden dürfen."
Am Essen allein kann es also nicht liegen, dass Spanier statistisch gesehen besonders alt werden. Montse Fitó denkt, dass auch das gute Wetter eine Rolle spielt: Spanien ist von der Sonne verwöhnt. Das trägt zu Entspannung und guter Laune bei. Das Leben findet zu einem großen Teil an der frischen Luft statt. Und es läuft oft in einem gemächlicheren Tempo ab als in anderen Ländern. Der Anthropologe Jesús Contreras aus Barcelona sieht die Ruhe als das eigentliche Geheimnis an, das das Leben verlängert. Er schwört deshalb auf lange Mittagspausen, wie sie in Spanien oft noch üblich sind – auf das gute Gefühl, das eine Pause idealerweise als Effekt bringt. Contreras sagt:
"Sich gut zu fühlen, ist ein wichtiger Faktor, der sich sicher auf die Gesundheit auswirkt. Klar, es ist ein subjektives Gefühl: Die einen fühlen sich gut, wenn sie alleine sind – die anderen eher in der Gruppe. Wenn wir an gemeinsame Mittagessen denken, an lange Gespräche am Tisch: Viele Pausen sind einfach dafür gemacht, dass man sie mit anderen teilt. Gibt es also eine direkte Verbindung zwischen dem Wohlfühlen und der Langlebigkeit? Ich denke schon."
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Schon heute zählt Spanien zu den vier Nationen mit der langlebigsten Bevölkerung (Getty Images Europe)
Gerade die Geselligkeit ist für viele Spanier wichtig. Sie sitzen so gut wie nie alleine in Restaurants und essen zu Mittag – das passiert fast immer mit Freunden oder Arbeitskollegen. Und wer spanische Gruppen beim Essen sieht, merkt schnell, dass die Stimmung meistens nicht die schlechteste ist: Man lacht, genießt zusammen die Zeit.
Familie als Eckpfeiler des Lebens
Auch Ernährungswissenschaftlerin Montse Fitó ist sich sicher, dass die Gemeinschaft die Gesundheit stärkt. Daher habe die Familie einen enorm hohen Stellenwert in Spanien, sagt sie:
"Hier herrscht ein Gefühl vor, dass die Familie so etwas wie der Eckpfeiler des Lebens ist. In Spanien – ich denke auch in Italien und Griechenland – will man die Familie daher zusammenhalten, man möchte nah bei ihr sein. Wenn Du ein Problem hast, weißt Du, dass Du Dich zum Beispiel auf Deine Brüder verlassen kannst."
Aber was lässt die Spanier nun so alt werden? Ist es eine Mischung aus Ernährung, sozialem Umfeld und dem Klima?
"Also, da gibt es zunächst keine eindeutige Antwort", sagt der Demograph Mathias Voigt. Er ist Doktorand und arbeitet beim spanischen Wissenschaftsrat zum Thema Langlebigkeit.
Ein gerechtes Gesundheitssystem führt zu einem späteren Tod
"Einige sagen, es ist der Wein. Andere sagen, es ist das soziale Umfeld. Da glaube ich viel dran, es ist schwer zu überprüfen. Es gibt ein sehr gleich behandelndes Gesundheitssystem, das halt dafür sorgt, dass es relativ wenig Ungleichheit gibt – oft ist es genau diese Ungleichheit in den Lebensaltern oder den Sterbealtern, die dazu führt, dass Lebenserwartung sinkt oder steigt in modernen Gesellschaften."
Das heißt: Wie alt ein Mensch wird, hängt in vielen Ländern auch von seinem Geldbeutel ab. Wer eine gute Ausbildung hat, verdient in der Regel mehr Geld – und kann sich auch eine bessere medizinische Versorgung leisten.
"Wir sprechen oft von "Health Inequalities". Das bedeutet, dass über den Lebenslauf soziale Ungleichheiten dazu führen, dass ich früher eine Krankheit bekomme oder später – dass diese Krankheiten dann früher zum Tod führen oder später, abhängig von meiner sozialen Position quasi. Und das sehen wir in Spanien nicht so extrem wie in anderen Ländern."
Anfang des 20. Jahrhunderts: Hohe Kindersterblichkeit, niedrige Lebenserwartung
In Spanien sorgt das staatliche Gesundheitssystem dafür, dass auch arme Menschen eine gute Gesundheitsversorgung erwarten können. Das war nicht immer so. Spanien hat sich in den vergangenen Jahrzehnten rasant modernisiert – das gilt auch für das Gesundheitswesen. Diego Ramiro vom spanischen Wissenschaftsrat CSIC:
"Spanien hatte lange sehr hohe Raten von Kindersterblichkeit – fast 500 von 1.000 Kindern starben. Von zehn Kindern, die geboren wurden, erreichten nur etwa fünf das Alter von zehn Jahren. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts hatten wir in Spanien eine Lebenserwartung von gerade einmal knapp 35 Jahren! Im Laufe des 20. Jahrhunderts ist dann die Sterblichkeit sehr rasant gefallen, besonders mit dem Aufkommen der Antibiotika in den vierziger Jahren."
Dazu kamen bessere Lebensbedingungen, eine bessere Ernährungslage - und ein entschiedenes Vorgehen gegen die hohe Kindersterblichkeit. Geholfen aber auch, so Ramiro, dass es in Spanien lange unüblich war, dass Frauen rauchen. So litten Frauen in Spanien etwa seltener an Lungenkrebs als Frauen in den Niederlanden. Eine zunehmend ungesunde Lebensweise könnte die Lebenserwartung der Spanier aber wieder deutlich senken, sagt Forscher Diego Ramiro:
"Wenn sich die bisher gesunde Lebensführung ändert und schädliche Lebensweise Einzug hält, hat das Auswirkungen. Das gilt besonders für schlechte Ernährung im frühkindlichen Lebensalter. Damit meine ich nicht, dass die Kinder Hunger leiden, sondern im Gegenteil, dass sie wegen einer schlechten Ernährung an Übergewicht leiden. Das kann dazu führen, dass die dicken Kinder von heute auch später an Übergewicht leiden werden – was zu einer höheren Anfälligkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes führen kann."
Übergewicht von Kindern als Herausforderung
Schon heute leidet rund ein Viertel der Kinder in der südspanischen Region Andalusien an Übergewicht. Eine Herausforderung für die Gesellschaft, sagt Diego Ramiro.
Eine Herausforderung ist allerdings auch, dass die Spanier immer älter werden. In Spanien gibt es rund 16.000 Menschen, die über 100 Jahre alt sind. In Deutschland sind es 17.000 - allerdings bei fast doppelt so vielen Einwohnern.
Wer in Spanien die Städte verlässt, könnte meinen, dass das Land vor allem aus alten Menschen besteht. Die Landflucht hat dafür gesorgt, dass die Jungen in die Städte gegangen und die Alten geblieben sind. Antonio Arroyo kann ein Lied davon singen. Antonio, den alle nur Toño, nennen, ist Pfarrer.
Er betreut 56 Landgemeinden in einer menschenleeren Gegend, drei Autostunden nordöstlich von Madrid. An den Sonntagen heißt das für ihn: drei oder vier Messen im Stundentakt.
Und in der Kirchenbank sitzt dann oft nicht mehr als eine Handvoll Menschen, meist ältere. Aber es sind meine Menschen, sagt Toño. Hier zählt meine Arbeit. Sie mögen es, wenn einer nach ihnen schaut und auf sie aufpasst. Und ich mag sie, erklärt er:
"Die, die jetzt so um die paar-und-sechzig bis 80 sind, deren Leben ist von ganz harter Arbeit geprägt. Das hat sie sehr authentisch gemacht. Sie sind nicht so romantisch und sie haben weniger Flausen im Kopf als die Jüngeren. Es sind starke und ehrliche Leute. Und das ist es, was zählt."
Dörfer sterben mit ihren letzten Einwohnern
Die Serranía Celtiberica, das keltiberische Bergland, ist etwa so groß wie Bayern. Ein riesiges Gebiet vom Norden Spaniens bis fast ans Mittelmeer, mit nur acht Einwohnern pro Quadratkilometer. Die Einheimischen nennen die Gegend "Spanisch Lappland". Und tatsächlich ist nur noch die Gegend um den Polarkreis ähnlich dünn besiedelt. Die Serranía Celtiberica ist die einsamste Gegend Europas.
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Höhepunkt des Jahres - Pfarrer Toño Arroyo beim Dorffest von Diustes (Natalia Bachmayer, ARD Madrid)
Toño hat im Schnitt nur noch eine Taufe pro Jahr – und dafür 30 Beerdigungen. Er findet das aber nicht weiter schlimm. Es seien eben fast nur noch ältere Menschen hiergeblieben. Und dann kämen noch Verstorbene aus der Stadt hinzu, die unbedingt im Dorf ihre letzte Ruhe finden sollen.
"In der Stadt wird es immer anonymer. Aber die Menschen, die mit der Dorfkultur aufgewachsen sind, die sind es noch gewohnt, dass man sich um die Eltern kümmert. Und wenn die Eltern dann sterben, hat es auch etwas Tröstliches, sie zur Beerdigung in die Heimat zurückzubringen. Hier haben sie das alles noch: die Würde, die Nähe, die Zuneigung."
Viele Dörfer in Spanien laufen Gefahr zu sterben – gemeinsam mit ihren letzten Einwohnern. So auch das Dorf Pescueza in der Region Extremadura. 170 Menschen leben dort, 70 Prozent von ihnen sind über 65. Die meisten jüngeren sind längst weg. Der Stadtrat rief schon vor zehn Jahren Alarmstufe rot aus – und beschloss, zu handeln. Die Menschen bauten ihr Dorf um.
Am Straßenrand gibt es jetzt einen Streifen mit einem Belag aus rutschfestem Harz – ideal für Gehhilfen und Rollstühle. Und an den Häuserwänden sind Handläufe angebracht, an denen sich die Senioren festhalten können. Fast 30 von ihnen haben einen Platz im Tageszentrum. Hier gibt´s Sportprogramm, einen Psychologen, Wäscheservice und Mittagessen – alles für 250 Euro im Monat. Pescueza hilft seinen Alten – und die Alten helfen dem Dorf.
Tagungszentrum zieht die Jungen zurück ins Dorf
Montaña Llanos kocht dort gerade das Mittagessen. Sie ist aus Pescueza, hat aber lange in der Stadt gearbeitet, in einem Restaurant. Als vor drei Jahren das Jobangebot im Tageszentrum kam, ging sie in ihr Dorf zurück. Sie ist froh, dass sie der Hektik und der Anonymität im Restaurant entkommen ist. Sie sagt:
"Wir sind hier wie eine Familie. Wenn sich alle kennen, gehen sie einfach anders miteinander um. Ja, meine Oma ist auch hier. Sie ist mittlerweile ein bisschen verwirrt. Aber wir sind total glücklich, weil sie hier gut behandelt wird."
Montaña Llanos fühlt sich einfach besser in der Nähe der Oma. Sie ist nicht die Einzige, die ins Dorf zurückkehren konnte, weil es in der Altenbetreuung Arbeitsplätze gab. Und einige andere mussten gar nicht erst weggehen, weil sie hier direkt einen Job fanden. So hat sich Pescueza, ganz nebenbei, wieder verjüngt.
Im Dorf bleiben anstelle in Altenheim zu gehen
Viel im Dorf dreht sich darum, dass alte Menschen mobil bleiben und weiter das machen können, was ihnen schon immer Freude gemacht hat.
Ángel Martín hat noch zwei seiner Kühe. Er ist mit Landarbeit aufgewachsen - ihm würde etwas fehlen, wenn er nicht täglich zu den Tieren rausgehen und sie füttern könnte. Ángel ist 94. Heute geht er ins Tageszentrum, um sich dort die Haare schneiden zu lassen. Ins Altenheim gehen kommt für ihn nicht in Frage – denn dafür müsste er aus seinem Dorf weg, in die nächste Stadt, ziehen. Undenkbar erklärt er:
"Unser Tageszentrum hier reicht mir doch, da geht's mir gut. Ich kriege da jeden Tag zu essen, und ich schlafe da hinten in meinem Zimmerchen. Geht alles."
Und für alle Fälle gibt es noch ein Handy mit einem roten Knopf. Einfach drücken, und schon ist der Notdienst dran.
Oft fühlt Ángel sich einsam. "Meine Señora", wie er sie nennt, ist vergangenes Jahr gestorben. Er vermisst sie schrecklich. Aber vieles andere aus seinem alten Leben ist ihm geblieben. Und dafür ist er jeden Tag dankbar.
Möglichst lange selbständig zu bleiben, eine Aufgabe zu haben und beweglich zu bleiben – Charito ist davon überzeugt, dass sich auch das lebensverlängernd auswirkt. Sicher spielten auch die Gene eine Rolle, sagt die 95jährige:
"Mein Vater wurde fast 100 Jahre alt, ein Monat fehlte ihm. Meine Mutter starb mit 101 Jahren und vier Monaten. Meine Eltern waren das älteste Paar im Dorf, das bis zum Schluss zusammenblieb", erzählt Charito und setzt wieder ihr charmantes Lächeln auf. Dass sie über 90 Jahre alt ist, glaubt man kaum – es könnten locker 20 Jahre weniger sein.
Ihr Geheimnis für eine jugendliche Optik:
"Als wir früher oft an den Strand gegangen sind, haben wir immer Nivea genommen, die blaue Dose, nichts Teures. Das haben uns vor dem Sonnenbad ins Gesicht geschmiert, auf die Beine, überall hin. Ich habe mir nie eine spezielle Creme gekauft, gegen die Falten oder so etwas. Falten bekommt man sowieso nur mit Lifting weg!"
Charito lacht auf ihre entspannte, gelassene Art.
Zusammen mit guten Genen offenbar das perfekte Rezept, um in einem spanischen Dorf uralt zu werden.