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Holocaust-Erinnerung
"KZ-Gedenkstätten sind auch Zeitzeugen"

Erinnerung wach halten, auch wenn kaum noch Zeitzeugen leben - vor dieser Aufgabe stehen KZ-Gedenkstätten in den kommenden Jahren. Umso wichtiger werde das "topografische Gedächtnis", sagte Gedenkstätten-Leiter Axel Drecoll im Dlf. Die Stätten seien "steinerne Zeugen" der NS-Verbrechen.

Axel Drecoll im Gespräch mit Maja Ellmenreich |
Gedenkzeichen im ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen
Ort des Verbrechens: Gedenkzeichen im ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen (Deutschlandradio / Ann-Kathrin Büüsker )
76 lange Jahre ist das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland und Europa mittlerweile her. Mehrere Generationen sind seitdem groß geworden und längst ist es an den sogenannten Kriegsenkeln oder sogar Kriegsurenkeln, die Erinnerungen an den Holocaust wach zu halten. Welche Rolle dabei den einstigen Konzentrationslagern der Nationalsozialisten, den heutigen KZ-Gedenkstätten, zukommt – das ist in diesen Tagen das Thema einer internationalen Konferenz, zu der die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten eingeladen hat.

"Digitalisierung ist notwendig"

Stiftungsdirektor Axel Drecoll sagte im Dlf, die permanent hohen und teilweise sogar steigenden Besucherzahlen zeigten, dass KZ-Gedenkstätten nach wie vor ein wichtiger Teil der Erinnerungskultur seien. Vieles spreche dafür, dass die "verräumlichte Erinnerung" umso wichtiger werde, wenn uns diejenigen, die die persönliche Erinnerung tragen, verlassen.
Axel Drecoll, Leiter der Gedenkstätte Sachsenhausen (25.1.2018).
Sieht "große Herausforderung von rechts": Axel Drecoll, Historiker und Leiter der Gedenkstätte Sachsenhausen (dpa / picture alliance / Ralf Hirschenberger)
Der Historiker und Leiter der Gedenkstätte Sachsenhausen betonte außerdem, dass die Digitalisierung in der Gedenkstätten-Arbeit eine immer wichtigere Rolle spiele: "Die Digitalisierung ist notwendig, weil sich das Rezeptionsverhalten der Besucherinnen und Besucher erheblich verändert hat." Man wolle die Menschen dort abholen, wo sie stehen. Außerdem finde Zivilgesellschaft zunehmend im Netz statt und die KZ-Gedenkstätten "wollen selbstverständlich Teil dieser Zivilgesellschaft sein."

"Starke Herausforderung von rechts"

Dennoch stehe die Arbeit am historischen Ort nach wie vor im Zentrum der Gedenkstätten-Tätigkeiten: "Unsere Bildung ist maßgeblich darauf ausgerichtet, am historischen Ort Geschichte zu analysieren und zu diskutieren." Das könne man auf Dauer nicht eins zu eins im virtuellen Raum ersetzen, so Drecoll im Dlf.
Mit Blick auf die jüngsten antisemitischen Vorfälle in Deutschland sagte der Gedenkstättenleiter: "Es gibt eine starke Herausforderung von rechts. Was uns da besonders Sorge bereitet, ist der Umgang mit Sprache. Dass wir in den letzten Jahren zunehmend erleben müssen, dass im Alltagsgebrauch und auch in Parlamenten diskriminierende Äußerungen gegenüber Jüdinnen und Juden und anderen Minderheiten fallen, ist für uns ganz besorgniserregend."