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Holzsiegel

Gütesiegel und Zertifikate sind eigentlich dazu da, dem Verbraucher bei seiner Kaufentscheidung zu helfen. Wer beispielsweise ein Hotel für den Urlaub bucht, schaut dabei auch auf die Anzahl der Sterne, die der Reiseveranstalter im Katalog abdruckt und weiß dadurch in etwa welcher Standard ihn dann in der Unterkunft erwartet. Und wer fair gehandelten Kaffee oder Kakao trinken und damit die Idee unterstützen möchte, daß die Produzenten in den Entwicklungsländern mehr Geld bekommen als bei den herkömmlichen Vertriebsstrukturen, der schaut beim Einkauf aufs TransFair-Siegel. Fatal wird die Situation für den Verbraucher allerdings dann, wenn zwei verschiedene Zertifikate mit dem - oberflächlich betrachtet - gleichen Anspruch auf dem Markt sind, wie in der Holz- und Waldwirtschaft. Warum gibt es diese Konkurrenz ? Und woran soll sich der Verbraucher orientieren? Darüber informierte in einem Hintergrundgespräch der WWF, der World Wide Fund for Nature.

Von Georg Ehring |
    Noch findet der Käufer von Brettern, Gartenbänken oder Fenstern aus Holz nur selten Produkte mit den neuen Umwelt-Siegeln, doch das dürfte sich in den nächsten Monaten ändern: Ganze Bundesländer in Deutschland lassen sich durch die Pan Europäische Forstzertifizierung PEFC bescheinigen, dass ihre Wälder auf umweltverträgliche Weise genutzt werden. Unter anderem Hessen, Bayern und Baden-Württemberg setzen auf dieses Siegel. Und auch Holz mit dem vor allem von Umweltverbänden getragenen Gütesiegel des Forest Stewardship Council FSC kommt verstärkt auf den Markt, Baumarktketten und Warenhäuser gehören zu den Anbietern. Den Kunden bleibt die Qual der Wahl - und die Frage, ob die neuen Öko-Siegel tatsächlich eine Verbesserung im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit der Forstwirtschaft bringen. Der World Wide Fund for Nature WWF bevorzugt aus Umweltsicht das FSC-Siegel. Heiko Liedeker, beim WWF für internationale Forstpolitik zuständig, erklärt warum.

    Heiko Liedeker: "FSC stellt ein Zertifikat zur Verfügung, das aufeiner einzelbetrieblichen Prüfung beruht. Das heißt: Derjenige, der das Zertifikat haben muss und möchte, wird auch tatsächlich abgeprüft. Damit komme ich zum PEFC. Der wohl gravierendste Unterschied zwischen FSC und PEFC liegt darin, dass bei PEFC ganze Regionen abgeprüft werden."

    Ob der einzelne Waldbesitzer sich dann an die Kriterien hält, ist eine andere Frage. Mit der pauschalen Beurteilung ganzer Regionen geht den Prüfern die Arbeit der Zertifizierung natürlich flott von der Hand. Kornelius Kremkau vom WWF Deutschland.

    Kornelius Kremkau: "PEFC ist jetzt mit einer Fläche von 3 Millionen Hektar nach vorne geprescht, wenn Sie so wollen, aber diese Zertifikate für sage und schreibe 3 Millionen Hektar sind vergeben worden, ohne dass der Zertifizierer auch nur einen Fuß in die entsprechenden Wälder gesetzt hat. Und das kann nach unserer Auffassung nicht angehen. Das wäre also so wie wenn der TÜV an alle Autobesitzer in Deutschland die Plakette per Post verschicken würde und nach ein paar Jahren mal bei einigen nachguckt, ob die Bremsen noch funktionieren."

    Die schnelle Zertifizierung bringt dem Markt allerdings das, was er verlangt: Große Mengen Holz, auf denen ein Umwelt-Zertifikat prangt. Und Baumarkt-Ketten, Warenhäuser und die Möbelindustrie brauchen mehr Holz als es derzeit mit Umwelt-Zertifikat gibt. Die Baumarktkette Praktiker drängt deshalb auch den FSC auf mehr Tempo bei der Zertifizierung von Wäldern in Deutschland, denn das Unternehmen will unter anderem wegen der fehlenden Unterstützung durch die meisten Umweltverbände nicht auf das PEFC-Siegel setzen. Zentral-Einkäufer Christian Reith:

    Christian Reith: "Wir fordern eine konsequente und schnelle FSC-Zertifizierung, kein PEFC-Zertifikat in allen Bereichen der Forst- und Holzwirtschaft. Wird die deutsche und europäische Forstwirtschaft dieses Ziel nicht erreichen, werden wir versuchen, unser gestecktes Ziel 30 % FSC mit außereuropäischen Hölzern einzudecken. Es gibt Länder, Polen ist genannt worden mit einer sehr sehr positiven Entwicklung, Schweiz vielleicht, aber die Schweiz ist für uns vom Aufkommen her relativ gering. Die deutsche Forstwirtschaft kann dadurch ins Hintertreffen gelangen, wenn wir uns international versorgen müssen."

    Von den Anforderungen an die Öko-Bilanz her könnten viele deutsche Wälder auch nach FSC zertifiziert werden, so die Einschätzung des World Wide Fund for Nature. Die forstliche Praxis in Deutschland sei im Vergleich zu vielen Ländern relativ umweltverträglich, die Zertifizierung werde aber aus politischen Gründen in vielen Bundesländern blockiert. Der WWF setzt deshalb auch auf die neue Landwirtschaftsministerin Renate Künast.

    Kornelius Kremkau: " Wir fordern von Frau Künast, dass sie sich einsetzt, für eine überwindung der FSC-Blockade auf Bundesebene und in einer ganzen Reihe von Bundesländern in den nationalen Gremien der deutschen Forst- und Holzwirtschaft und wir fordern von ihr, dass sie die Bundesforsten, um mit gutem Beispiel voran zu gehen, jetzt nach FSC zertifizieren läßt."