"Ich habe das Gefühl, dass sie ihrer Zeit weit voraus war - und sehr darunter gelitten hat. Sie war bisexuell, sehr talentiert und sehr sensibel. Außerdem war sie schon als junges Mädchen krank und hatte ihr ganzes Leben Gesundheitsprobleme. Als sie 30 war, erlitt sie einen Schlaganfall und war halbseitig gelähmt. Trotzdem hat sie jeden Tag gearbeitet, und ihr Werk zeichnet sich durch viel Mitgefühl aus. Dafür bewundere ich sie."
Für Suzanne Vega war Carson McCullers eine starke, kämpferische Frau. Eine Rebellin der Literatur, die provoziert und polarisiert hat. Und deren Romane wie "Das Herz ist ein einsamer Jäger" für liberales Gedankengut in einer extrem konservativen Zeit standen. Doch ihr Lebensweg war steinig: Sie saß im Rollstuhl und empfand ihre Ehe als regelrechtes Gefängnis. Eine Figur, mit deren Leben und Werk Vega erstmals am College in Berührung kam - und so fasziniert war, dass sie 2011 ein Theaterstück namens "Carson McCullers Talks About Love" inszenierte. Weil sie damit nie wirklich zufrieden war, gibt es nun eine neue Version, die am 21. Oktober in Los Angeles Premiere hat.
McCullers Ansätze sind nachhaltig aktuell
"Sie ist komplett überarbeitet, was bedeutet, dass es ein ganz anderes Stück ist. Ich arbeite zum Beispiel mit jüngeren Schauspielerinnen, die dem Ganzen mehr Energie verleihen und Carson regelrecht zum Leben erwecken. Es ist, als wäre sie dort."
Wobei Suzanne Vega mit dem Gedanken spielt, die Hauptrolle über kurz oder lang selbst zu übernehmen, sofern es ihre sonstigen Verpflichtungen zulassen. Und vielleicht auch Abstecher nach Europa zu unternehmen. Einfach, weil sie Carson McCullers - 49 Jahre nach deren Tod - für aktueller denn je hält. Wegen ihres Engagements für Bürgerrechte, gegen Rassenhass und Homophobie. Themen, die 2016 in aller Munde sind.
"Seit 2011 können Homosexuelle heiraten. Und ich bin mir sicher, sie wäre überglücklich gewesen, das miterleben zu dürfen. Gleichzeitig wäre sie aber entsetzt, dass wir immer noch Slogans wie "Black Life Matters" brauchen. Denn das war ein zentraler Punkt ihrer Arbeit: Die Idee, dass Afro-Amerikaner ein Recht auf ein vernünftiges Leben haben. Es ist peinlich, dass wir das nach all den Jahren immer noch einfordern müssen."
Charmantes Werk mit relevantem Inhalt
Eine Einsicht, die Suzanne Vega in den vergangen Wochen mehrfach auf die Straße gebracht hat - gegen Polizeigewalt, Waffengesetze und die rassistischen Bemerkungen von Donald Trump. Zudem hat sie den Soundtrack zu ihrem Theaterstück bewusst so angelegt, dass er als eigenständiges Werk funktioniert - und ein möglichst breites Publikum anspricht. Mit einem charmanten Mix aus Folk, Rock, Jazz und Pop, vielen kleinen Ohrwürmern und Texten, die auf Zeilen aus McCullers Romanen basieren. Womit Suzanne Vega fast so etwas wie eine Mission verfolgt.
"Ich will es richtig machen und Carson zurück ins öffentliche Bewusstsein bringen. Sollte mir das gelingen, ziehe ich mich davon zurück und überlasse es anderen Leuten. Das ist mein Ziel."