"Wenn ihr das sagt, muss das wohl stimmen. Und deshalb kommt hier der erste Teil meiner neuen Videoserie 'Hashtag Männerhass'."
Eigentlich macht Suzie Grime zurzeit am liebsten Kiffervideos. Aber die YouTuberin steht auf Frauen - und kommentiert in ihren Videos immer mal wieder unseren Umgang mit Lesben, Schwulen, Bi-, Trans-, Intersexuellen und queeren Menschen - abgekürzt und auf Englisch: den LGBTIQ. Sie ist eine der Sprecherinnen auf der Tincon, der Berliner Messe für digitale Jugendkultur.
Sie sagt: "Ich finde es absolut großartig, dass endlich mal ein Event gemacht wird, wo auch eine politische Haltung dahinter ist. Weil ich glaube, solche Themen werden in der Schule überhaupt nicht behandelt. Und auf jeden Fall gibt es da eine Lücke, die geschlossen gehört."
"Uns war das gar nicht bewusst"
Der thematische Schwerpunkt auf queere YouTuber wird den vor allem jugendlichen Messebesuchern aber nicht einfach so vor die Nase gesetzt. Die jungen Leute haben ihn selber ins Programm gehievt - auf einer Themenfindungskonferenz im Vorfeld - erklärt Organisator Johnny Haeusler, bekannt geworden als Blogger und Initiator der Digital-Konferenz re:publica:
"Die Jugendlichen haben selber mit vielen Post-Its an der Wand überlegt: Wie kann das Tincon-Programm aussehen? Und da war das Thema Sexualität, Identitätsfindung, Queerness, LGBTIQ-Rights. Und so 'ne Geschichten waren ganz groß plötzlich. Und uns war gar nicht bewusst, dass das so wichtig für Jugendliche ist."
Als ein Redner zum Thema Hasskommentare wurde Tarik Tesfu eingeladen - mit seiner Videokolumne "Tariks Genderkrise". Die wird von Internettrollen gern mit Hatespeech überschwemmt - wie viele andere queere Inhalte auch. Immer noch. Im Jahr 2017.
"Ja ich will. - Äh, du weißt schon, dass du nicht heiraten darfst?", geht einer seiner Video-Dialoge. "Wieso denn? – Na, weil du schwul bist. - In Deutschland gibt es doch die Homoehe. - Du glaubst doch wohl selber nicht, dass die Homoehe dasselbe ist, wie die heilige Ehe zwischen Mann und Frau?"
"Mein Anliegen ist, mit Witz und Humor Feminismus und Genderthemen in den Mainstream zu bringen. Das sind schwere Themen. Auf die haben wenige Menschen Bock. Nichtsdestotrotz ist es umso wichtiger, dass wir über diese Themen sprechen", erklärt Tarik.
Minderheiten sind Klickmagneten
Tesfu nennt sich selber: schwul und schwarz. Für eine Karriere als YouTuber fast ideal - in den Staaten zumindest. Dort hieß es früher: Wer mit seinen Videos groß rauskommen will, müsse mindestens einer Minderheit angehören, sagt Videoblogger Manniac, dessen YouTube-Kanal immerhin rund 270.000 Abonnenten hat.
"Ich glaube, es lag ein bisschen daran, dass die für sich so eine Nische einfach entdeckt haben. So eine Möglichkeit, endlich mal eine Plattform zu bekommen. Und da war das für die einfach sehr attraktiv. In Deutschland hat es das so in der Form nicht gegeben."
Mehrheiten sind für Produktwerbung besser adressierbar
Bei uns ging es auf YouTube von Anfang an straight zu: aggressive Games, Teenagerhumor, Schminktutorials. Gefühlt zumindest. In Deutschland seien die Videoblogger mit einer ernsthaften Agenda allerdings immer noch die Ausnahme, meint auch YouTuber Batz. Mit seinem Kanal will er das ändern:
"Es nervt: Leute, die sich für super aufgeschlossen und cool halten und ernsthaft zu einem kommen und sagen, wenn sie irgendeinen schnauzbärtigen Muskeltypen sehen: Da stehst du drauf? Das wäre doch was für dich! - Nee."
Wer viele Follower und ein eindeutiges Profil hat, erhält schnell Angebote von der Werbeindustrie, erklärt Batz:
"Die geht einfach dahin, wo Klicks sind. Wenn du etwas sehr Männliches bewerben möchtest, dann wirst du da sicher nicht hingehen. Aber der Beautybereich zeigt ja eindeutig, dass da auch extrem viel Geld ist und ein ideales Format ist, um Werbung unterzubringen."
In den USA testen VLogger längst Lifestyle-Produkte für ein dezidiert schwules Publikum - und lassen sich dafür bezahlen. Derart durchkommerzialisiert sind die Kanäle der deutschen LGBTIQ-Szene noch nicht. Dadurch können sie die eigene Sache vielleicht glaubhafter nach außen vertreten. Viele Reaktionen von Followern zeigen jedenfalls, dass die positive Message von Diversity ankommt.