Als dreckige Schwule - so beschimpften Rechtsextreme die Teilnehmer der Budapest Pride vor sechs Jahren. Schwule und Lesben wurden von Homo-Hassern damals mit Tomaten und Eiern beworfen und verprügelt. Darunter auch Abgeordnete. Die Szenen wiederholen sich. Auch für dieses Wochenende haben rechtsextreme Gruppen mobilisiert, auch die Partei Jobbik.
"Wir halten das für eine Provokation der Mehrheitsgesellschaft", erklärt der Jobbik-Abgeordnete Adam Mirkoczki - und meint die Homosexuellen-Parade. Steuergelder würden dafür verschwendet. Auch von Perversion spricht er. Auch von konservativer Seite gibt es Gegenwind: Eine Facebook-Gruppe ruft "im Namen der Familie" zur Gegendemonstration auf. Im Vorfeld der Veranstaltung machte auch der christdemokratische Vizepremier Zsolt Semjén keinen Hehl aus seiner Weltsicht:
"Kleine Homo-Interessengruppen wollen der Welt ihre abartigen Auffassungen aufzwingen. Wenn zwei Männer heiraten, warum dann nicht drei? Warum wird Bigamie dann bestraft? Aus welcher Perversion könnte nicht eine Ehe werden?"
Laut neuer Verfassung ist klar gestellt, dass kinderlose, unverheiratete oder gleichgeschlechtliche Paare vor dem Gesetz nicht als Familie gelten. Heiraten können in Ungarn nur Mann und Frau. Eine neuer, erzkonservativer Geist bricht sich Bahn in Ungarn, hat der Lehrer László festgestellt:
"Ich habe seit 1992 in vielen Schulen gearbeitet. Und eigentlich hat niemand etwas wegen meiner sexuellen Orientierung gesagt. Aber dann, etwa ab 2006 veränderte sich das: Es gab eine konservative Werte-Wende in der Gesellschaft."
Die Diskriminierung verläuft eher schleichend
László spürte das am eigenen Leib. Er verlor seinen Job als Lehrer. Er klagte. Bis heute wartet er auf eine Abfindung und seinen ausstehenden Lohn. Kein Einzelfall, so Homosexuellen-Verbände in Ungarn. Die Diskriminierung verläuft eher schleichend, sagt Tamás Dombos von "Háttér", zu deutsch Hintergrund:
"Wir hatten einen konkreten Fall, einen Angestellten bei einem staatlichen Arbeitgeber. Sein Vertrag wurde nicht verlängert. Die seiner Kollegen sehr wohl. Auf Nachfrage sagte die Sekretärin dann: Der Chef hätte gesagt, er wolle nicht mit einem Schwulen arbeiten."
Reichen die Vorurteile bis zu offener Gewalt? "Háttér" befragte vor vier Jahren 1.700 homosexuelle Magyaren. Jeder Sechste gab an, schon einmal Opfer von Gewalt geworden zu sein. Zwei von drei Homosexuellen in Ungarn haben deshalb Angst mit ihrem Partner öffentlich Händchen zu halten, so eine andere Umfrage der Europäischen Grundrechteagentur.
Dominika Milanovich, Organisatorin der Budapest Pride 2014, sagt:
"Wir wünschen uns, dass sich Homosexuelle und Angehörige anderer Minderheiten hier immer sicher fühlen können. Dass sie jeden Tag händchenhaltend mit ihrem Partner über die Andrássy-Straße gehen können - und nicht nur bei einer Parade."