Seit 13 Jahren arbeitet Iolany Pérez bei dem Sender Radio Progreso in Yoro, im Norden Honduras. Ihre Themen: Migration, Frauen, Menschenrechte. In den letzten acht Jahren unter dem ehemaligen Präsidenten Juan Orlando Hernández wurden sie und ihre Kollegen im öffentlichen Raum regelmäßig von Militär- und Polizeikräften an der Berichterstattung gehindert. Doch bei ihren Recherchen stößt Pérez nach wie vor an ihre Grenzen.
Das hat sich auch mit der neuen Regierung von Xiomara Castro nicht verändert: "Wir haben viele Informationen über die Machenschaften von lokalen Bürgermeistern, Abgeordneten, Politikern, die in den Drogenhandel verstrickt sind. Aber wir können das nicht aufdecken, weil wir dann bedroht werden. Wir würden unser Leben aufs Spiel setzen. Auch, wenn wir eigentlich Beweise haben, können wir das nicht einfach so veröffentlichen. Wir könnten lediglich mit einem internationalen Medium kooperieren, damit ein Reporter von außen darüber berichtet. Aber wir können unsere eigenen Journalisten nicht exponieren. Das wäre zu gefährlich."
Recherchen zu Rechten der Indigenen verhindert
Gerade lokale Korrespondenten würden sich Gefahren aussetzen. Die Radioreporterin nennt das jüngste Beispiel ihrer Kollegin Sonia Pérez. Sie recherchierte zu Land- und Bodenrecht von Indigenen, die vertrieben werden sollten.
"Sobald sie mit ihrer Berichterstattung begann, wurde sie von denjenigen, die das Land für sich beanspruchten und ihren Angestellten bedroht. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen sie erhoben, ebenso wie die Gruppe von Bauern, die um ihr Land kämpften. Sie wurde als Besetzerin angezeigt, obwohl sie die ganze Zeit als Journalistin von Radio Progreso akkreditiert war. Am Ende wurde zwar die Klage fallengelassen, aber die Drohungen der Landbesitzer gingen weiter. Wir mussten sie aus ihrer Gemeinde wegbringen, um ihr Leben zu sichern."
Lokaljournalistinnen und -journalisten werden nach wie vor regelmäßig bedroht. Obwohl Xiomara Castro immer wieder betonte, dass sie sich für die Pressefreiheit einsetzen wolle, kürzte sie nun das nationale Schutzprogramm ein. Innerhalb weniger Monate entließ sie ohne stichhaltige Begründung mehr als zwei Drittel des Personals, das für die Umsetzung der Schutzmaßnahmen zuständig ist, kritisiert die Referentin für Mittelamerika von Reporter ohne Grenzen Juliane Matthey: "Der Schutzmechanismus ist bisher schon finanziell und personell sehr schlecht ausgestattet gewesen und konnte den vielen Hilfsanfragen gar nicht nachkommen. Und wenn man sich das vor Augen führt und sieht, dass in den letzten Monaten zwei Drittel des Personals, das ohnehin schon zu wenig war, jetzt auch noch entlassen wurde, dann sieht es jetzt nochmal schlechter aus für die Sicherheit von Medienschaffenden in Honduras."
Misstrauen in die Polizei
Das Schutzprogramm existiert bereits seit 2015. Doch die wenigsten hätten Vertrauen in das Programm, sagt Iolany Pérez: "Zu den Maßnahmen gehört, dass Polizisten zum Schutz bereitgestellt werden. Aber gerade in die öffentliche Sicherheit haben wir kein Vertrauen. Wir haben hier bei Radio Progreso acht bis zehn Kollegen, die an dem Schutzprogramm teilnehmen. Ich selbst würde das nie in Anspruch nehmen. Da wird dir ein Polizeibeamter zur Seite gestellt, der möglicherweise selbst Leuten droht. Aber all diese Kürzungen bei dem Schutzmechanismus zeigen, dass die freie Presse keine Priorität für die Regierung von Xiomara Castro hat."
Honduras ist eins der gefährlichsten Länder Lateinamerikas für Medienschaffende. Auf der Rangliste von Reporter ohne Grenzen befindet sich das mittelamerikanische Land auf Platz 165 von 180. Ein großes Problem bleibt die Straflosigkeit. Nach Gewalttaten gegen Medienschaffende gibt es kaum Ermittlungen. Die Straflosigkeitsrate liege bei fast 100 Prozent, erklärt Iolany Pérez: "Auch, wenn Juan Orlando Hernández mittlerweile wegen Drogenhandels in die USA ausgeliefert wurde, gibt es nach wie vor Richter und Staatsanwälte, Beamte aus seiner Amtszeit, die kriminellen Strukturen sind weiter intakt." Und solange diese Strukturen weiter existieren, werden Medienschaffende in Honduras nicht frei arbeiten können.