"Hongkong wird eine freie Gesellschaft bleiben. Die freie Meinungsäußerung, Demonstrationen und freie Presse werden bestehen bleiben, weil diese Rechte zu den Grundwerten von Hongkong gehören und durch unser Grundgesetz geschützt werden," sagt Carrie Lam Ende Mai über das sogenannte Sicherheitsgesetz.
Die Einschätzung der Regierungschefin der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong ist wenig überraschend. Sie gilt als Marionette der chinesischen Regierung. Der Nationale Volkskongress von China hatte kurz zuvor das Gesetz auf den Weg gebracht, das nun endgültig verabschiedet worden ist.
Ein Land zwei (Presse)Systeme
Die Arbeitsbedingungen für Journalisten vor Ort sind jetzt schon alles andere als optimal. In der jährlich veröffentlichten Rangliste der Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" liegt Hongkong nur auf Platz 80, 2002 war es noch Platz 18.
Der zunehmende Einfluss der chinesischen Regierung über die Regierung der Sonderverwaltungszone zeichnet sich auch an dieser Stelle deutlich ab. Innerhalb der vergangenen Jahre haben sich die Bedingungen deutlich verschlechtert. Mehrere Medien in Hongkong werden durch die chinesische Regierung kontrolliert und bei den Protesten im vergangenen Jahr wurden Journalisten mehrfach von regierungstreuen Gruppen angegriffen.
Die Bedingungen für Medien gelten aber nach wie vor als vergleichsweise frei, und mit den Bedingungen für Journalisten im restlichen China ist die Situation nicht vergleichbar. "Der Trend ist das Entscheidende. Der geht eben eindeutig in Richtung mehr Zensur, mehr Kontrolle, mehr Selbstzensur," sagt ARD-Korrespondent Steffen Wurzel. Das befürchten auch einheimische Journalisten wie der chinakritische Verleger Jimmy Lai.
Gewollte Unsicherheit
Tatsächlich ist das Gesetz in Bezug auf Medien nicht besonders klar formuliert, analysiert die Nichtregierungsorganisation "Reporter ohne Grenzen". Die neue Regelung werde aber wahrscheinlich zu Selbstzensur führen, weil die Furcht der Journalisten vor repressiven Maßnahmen der chinesischen Zentralregierung groß ist.
Bislang haben einige Medien vor Ort, wie "Hong Kong Free Press", offen und ausführlich über die Proteste berichtet. Der Chefredakteur Tom Grundy befürchtet, dass das unter den neuen Gesetzen nicht mehr möglich ist.
Seine Besorgnis ist nicht unbegründet: Die im vergangenen Jahr sehr aktive Demokratiebewegung wird von der Regierung als "Terrorismus" eingestuft. Allein die Berichterstattung über deren Proteste könnte, nach Einschätzung von "Reporter ohne Grenzen", jetzt als Terrorakt gewertet werden.
Eine weitere Befürchtung der Organisation: Wenn Journalisten vertrauliche Informationen veröffentlichen, könnte das durch die chinesische Regierung als "Weitergabe von Staatsgeheimnissen" ausgelegt werden. Für ARD-Korrespondent Wurzel ist klar: "Wenn man einen Strich drunter zieht, ist es einfach ganz deutlich, dass natürlich die Meinungsfreiheit eklatant beschnitten wird."
Medienstrategie in China
Die chinesische Staatsführung versucht zunehmend darauf Einfluss zu nehmen, wie über das Land berichtet wird. Dafür wird die Auslandszentrale des Staatsfernsehens ausgebaut. Immer wieder werden auch die Korrespondenten anderer Medien einbestellt
Die chinesische Staatsführung versucht zunehmend darauf Einfluss zu nehmen, wie über das Land berichtet wird. Dafür wird die Auslandszentrale des Staatsfernsehens ausgebaut. Immer wieder werden auch die Korrespondenten anderer Medien einbestellt
Was ändert sich für Korrespondenten?
Schon jetzt zeigt das sogenannte Sicherheitsgesetz bereits Wirkung. Unterstützer der Protestbewegung in Hongkong haben ihre Plakate bereits abgehängt. Zudem wollen nicht alle Bewohner der Stadt Interviews geben, obwohl sie das früher getan haben. Zu groß ist die Furcht vor den chinesischen Behörden, berichtet Wurzel über eigene Erfahrungen.
Generell bleibt offen, wie sich die Situation für ausländische Journalisten verändert, wenn sie über und aus Hongkong berichten wollen. Vor zwei Jahren wurde Victor Mallet von der "Financial-Times" aus Hongkong ausgewiesen. Als Vizepräsident des Club der Auslandskorrespondenten (FCCHK) hatte er zuvor den Chef einer kleinen Partei zu einer Veranstaltung eingeladen, die die Unabhängigkeit Hongkongs von China fordert.
Immer wieder versucht die chinesische Regierung, die Berichterstattung ausländischer Medien zu beeinflussen und zu beschränken. Erst vor wenigen Monaten wurden mehrere Journalisten, die für US-Medien in China arbeiten, ausgewiesen, betroffen davon waren die "New York Times", das "Wall Street Journal" und auch die "Washington Post".