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Honigbienen
Ernährung beeinflusst Kastenbildung

Wie entwickeln sich Honigbienen zu Arbeiterinnen und Königinnen? Die Ernährung spielt dabei eine größere Rolle als bisher gedacht. Alle Bienen erhalten als Larven Gelée Royale, ein Futtersaft mit viel Zucker, Proteinen und Aminosäuren. Doch die Arbeiterinnen unter ihnen bekommen kurz darauf Honig und Pollen in ihren Nahrungsbrei gemischt - eine toxische Mischung, wie eine neue Studie zeigt.

Von Joachim Budde |
    Eine Honigwabe mit Arbeitsbienen
    Eine Honigwabe mit Arbeitsbienen (picture-alliance/ ZB)
    Honigbienen fressen Honig und Pollen, das weiß jedes Kind. Neu ist aber, dass die Bienen auf den Verzehr ihrer gewohnten Nahrung anders reagieren, als man das erwarten würde, sagt May Berenbaum, die das Institut für Entomologie an der University of Illinois in Urbana-Champaign leitet.
    "Vor drei Jahren entdeckten wir, dass erwachsene Honigbienen, die wir mit Honig und Pollen fütterten, Gene aktivieren, die für die Entgiftung zuständig sind. Das lässt vermuten, dass die Nahrung toxische Substanzen enthält."
    Vor allem p-Cumarsäure haben sich die Biologen angesehen. Sie ist ein natürlicher Pflanzenstoff, der grundsätzlich in Honig und Pollen vorkommt. Die Bienen reagieren auf Cumarsäure, indem sie ihre Entgiftungsmechanismen und ihr Immunsystem hochfahren. Als die Forscher das Experiment mit Bienenlarven wiederholten, erlebten sie eine weitere Überraschung.
    "Wir waren gleichzeitig geschockt und erfreut zu sehen, dass die Säure bei den Larven zusätzlich viele andere Gene beeinflusste. Darunter war eine ganze Reihe, die mit der Entwicklung zusammenhängt."
    Arbeiterinnen haben kleinere Eierstöcke
    Dass die Nahrung die Entwicklung von Honigbienenlarven beeinflusst, ist lange bekannt. Aus einem weiblichen Ei kann sich grundsätzlich sowohl eine Arbeiterin als auch eine neue Königin entwickeln. Die genetische Ausstattung ist erst einmal dieselbe. Prinzessinneneier bekommen lediglich eine größere Wabe - schließlich werden die Larven auch größer -, und sie erhalten die ganze Zeit über Spezialnahrung: Gelée royale, ein Futtersaft mit viel Zucker, Proteinen und Aminosäuren. Den stellen die Ammenbienen in Drüsen am Mund her. Angehende Arbeiterinnen bekommen dagegen nach den ersten drei Tagen Honig und Pollen in ihren Nahrungsbrei gemischt.
    Bislang dachte man, dass das Gelée royale den Unterschied im positiven Sinne macht. May Berenbaum und ihre Kollegen fütterten Larven im Labor entweder mit reinem Gelée royale oder mit Gelée royale, das mit Cumarsäure versetzt war.
    "Die Bienen, die Cumarsäure gefressen hatten, hatten kleinere Eierstöcke. Das ist ein Indikator für die Fähigkeit, Eier zu legen. Wir konnten also zeigen, dass Chemikalien aus Honig und Pollen die Entwicklung der Fortpflanzungsorgane angehender Arbeiterinnen beeinträchtigen. Aber auch die Expression von Genen, die mit der Entwicklung zur Königin zusammenhängen."
    Auswirkungen auf die imkerliche Praxis
    Kastrieren die Ammenbienen also die Arbeiterinnenlarven, wenn sie ihnen Honig und Pollen ins Futter mischen? Oder schützen sie die angehenden Königinnen, indem sie sie ausschließlich mit Gelée royale füttern?
    "Ich denke es ist beides. Die Ammenbienen füttern die ausgewachsene Königin ausschließlich mit Gelée royale. Das ist sehr bemerkenswert, weil es kein weiteres Beispiel außerhalb der Wirbeltiere gibt, bei dem erwachsene Tiere Pflanzenmaterial fressen und verdauen, um ihre Nachkommen oder andere mit Drüsensekret zu füttern. Wie Milch - ein Drüsensekret der Säugetiere. Ein Grund, die Nahrung vorzuverdauen, könnte sein, dass die Arbeiterinnen die Königin beschützen wollen gegen alles, was ihr schaden könnte."
    Ihre Erkenntnisse sollten auch Auswirkungen auf die imkerliche Praxis haben, findet May Berenbaum:
    "Die Cumarsäure weckt das Immunsystem auf. Für erwachsene Bienen bedeutet das: Sie benötigen den Honig und den Pollen, damit ihre Abwehr hochfährt und ordentlich arbeitet. In den USA füttern viele Imker ihre Bienen vor dem Winter mit Zuckerwasser, weil sie dann den Honig verkaufen können. Das Zuckerwasser enthält keine Cumarsäure und hat nicht denselben Effekt."
    Gesunde Bienen brauchen also offenbar ihre Portion Honig.