Dr. Benedikt Polaczek ist erster Vorsitzender des Berliner Imkerverbandes, und er hat schon einiges mitgemacht mit diesen neuen Stadtimkern. Ein Beispiel:
"Ruft mich eine Frau an, die sagte, was soll sie jetzt machen? Sie hat ein Volk, und da fliegen so viele Bienen, dass sie sich jetzt bedroht fühlt und auch die Nachbarn."
Im Jahr zuvor hatte sich die Frau das Bienenvolk gekauft, in eine Bienenkiste gegeben und auf den Balkon gestellt.
"Sie sagte, sie konnte sie super immer beobachten am Flugloch."
Nicht bedacht hatte die Dame, dass sich die Bienen des jungen Volkes im ersten Jahr in ihrer neuen Kiste einrichten und im zweiten Jahr so richtig vermehren würden.
"Als sie das Volk gekauft hat, da waren zehn- bis zwanzigtausend Bienen maximal. Dann haben sie gut überwintert und zu dieser Zeit im Mai in diesem Volk lebten so 50.000 Bienen. Das bedeutet: Es ist ein anderer Flugverkehr am Flugloch. Ja. Die Bienen müssen weg."
"Wir haben jetzt eine Mode, dass ein jeder unserer Natur helfen möchte"
Natürlich hat Benedikt Polaczek nichts gegen Nachwuchsimker oder Stadtimker oder auch Hipsterimker, wie sie manchmal etwas despektierlich bezeichnet werden. Aber:
"Wir haben jetzt eine Mode, dass ein jeder unserer Natur helfen möchte. Jeder möchte Bienen halten. Ich sage, dass das nicht so einfach ist. Bienen kosten auch Geld, Bienen kosten Zeit und letztendlich Bienen sind wilde Tiere. Und das vergessen manche Leute. Die Leute wollen die Bienen eigentlich nur kaufen, dann denken sie, dass sie nur aufstellen und dann einmal im Jahr kriegen sie dann diese 15 Kilo Honig."
Denn obwohl Bienen wilde Tiere sind, brauchen sie die Unterstützung des Menschen. Diese Fürsorge enthalten manche Jungimker ihren Bienen vor. Zum Beispiel beim Kampf gegen die Varroa-Milbe: Das ist ein Parasit, der in jedem Bienenstock in Deutschland vorkommt und das Bienenvolk binnen ein bis zwei Jahren zugrunde richtet, wenn er nicht bekämpft wird.
Andere wollen einen ursprüngliche Zustand wiederherstellen. Honigbienen leben eigentlich in hohlen Bäumen. Auch Imker haben jahrhundertelang die Bienen den Stock einfach mit Waben füllen lassen.
"Ich sage den Leuten, wenn ihr das so machen wollt mit den Bienen, probiert so zu leben wie die Leute vor 170 Jahren gelebt haben."
Die moderne Wirtschaftsweise mit Rähmchen, die man einfach so herausnehmen kann, schone die Bienen vielmehr, weil die Imkerin oder der Imker schnell die Wabenreihen durchsehen kann.
Die sanftmütige Kärtner Biene
Seit fast 100 Jahren verwenden die Imker hierzulande zudem die Kärntner Biene. Diese Bienenunterart ist relativ sanftmütig. Manche Neu-Imker wollen sich rückbesinnen. Benedikt Polaczek findet das fragwürdig.
"Wollen wir wieder die alte Biene, die sich sehr spät entwickeln? Die gibt aber nur ein Drittel von den Honigerträgen. Bedeutet, sie bestäubt dann viel, viel weniger. Zusätzlich ist sie sehr stechlustig. Ich weiß, dass die Biene zum Teil aus Masuren kommt. In Masuren ist sie aber auch im Naturschutzgebiet. Ich kenne die Leute auch dort, und die lachen über uns, wenn sie hören, dass solche Bienen nach Berlin geholt werden."
Er rate neuen Imkern, sich Informationen über die Bienen und ihre Haltung zu besorgen, sei es in Kursen für Jungimker, bei erfahrenen Kollegen oder in guten Büchern.
Das empfiehlt auch Professor Kaspar Bienefeld, der Leiter des Länderinstituts für Bienenkunde in Hohen Neuendorf bei Berlin. Auch er begrüßt, dass wieder mehr Leute Interesse an Bienenhaltung haben.
"Das sind durchaus Imker, die mit viel Engagement an die Sache ran gehen, und wenn diese neben dem Engagement eine gewisse Weiterbildung genießen, sind das bestimmt in Zukunft sehr, sehr wertvolle Imker, die das Hobby weitertragen."
Seit 2006 wachse die Zahl der Imker wieder. Allerdings sei der Trend nicht einheitlich: Mehr Imker gibt es vor allem in den Städten. Und sie halten weniger Bienenvölker pro Kopf als früher.
"Diese Kombination bedingt, dass an den Standorten, wo die Bestäubung besonders dringend gebraucht wird, nämlich auf dem flachen Lande, wir zu wenig Bienen haben. Obwohl eigentlich die Tendenz nach oben geht. Trotzdem ist das ein Problem für die Obstbauern und für die Landwirte."
Es bräuchte also mehr Hipsterimker auf den Dörfern.