Noch vor drei Jahren, als sich der HSV mit dem Relegationsspiel gegen den Karlsruher SC gerade noch den Verbleib in der 1. Liga sichern konnte, herrschte Einigkeit unter den Hamburgerinnen und Hamburgern: der HSV darf nicht absteigen. Mittlerweile hat sich die Stimmung gedreht.
"Wenn man sieht, wie die sich in den letzten Jahren gerettet haben… Da war schon so viel Ungerechtes dabei. Die müssen weg!"
"Ich finde, dass so ein Traditionsverein weiterhin in der Bundesliga bleiben soll. Aber wer sich nicht anstrengt, hat es auch nicht verdient, weiterzukommen."
HSV "von großer Bedeutung" für die Sportstadt
Auch Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher macht sich schon Gedanken über die Zeit des HSV in der 2. Liga:
"Es wird weiterhin Fans geben, die dann umso stärker für den Aufstieg wieder jubeln. Und ich bin noch nicht ganz sicher, ob es so kommt, wie wir jetzt befürchten. Aber der HSV ist wirklich von großer Bedeutung für das Bewusstsein, für die Sportstadt und für die Fußballbegeisterung, die wir in allen Stadtteilen haben."
Finanzielle Einbußen
Natürlich würde ein Abstieg finanzielle Einbußen für den Verein bedeuten, erklärt der Hamburger Professor und Experte für Sportökonomie Wolfgang Maennig:
"Wir wissen aus anderen Fällen, dass zwar gar nicht so viel weniger Zuschauer kommen, dass aber die Zahlungsbereitschaft sinkt. Es ist auch so, dass mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung die Anteile aus den Fernsehrechten sinken werden. Ein bisschen schon in der ersten Saison und wenn man dann eine zweite Saison in der zweiten Liga bleibt, wird der Effekt schon deutlicher. Der HSV muss mit einem verringerten Budget rechnen, ich würde mal sagen, in der ersten Saison von tatsächlich roundabout 20 Prozent."
Die meisten Spieler des HSV haben in ihren Verträgen eine Klausel, die bei einem Wechsel in Liga zwei auch eine Kürzung der Bezüge vorsieht. Trotzdem beziffert auch das HSV-Management den Einnahmerückgang nach einem Abstieg auf über 40 Millionen Euro. Etwas geringer könnten die Verluste für den FC St. Pauli ausfallen, wenn der Verein in die 3. Liga absteigen sollte.
"Es könnte sein, dass die Sankt Pauli-Fans, wie der Ökonom sagen würde, unelastischer reagieren. Das heißt, denen ist ziemlich egal, ob sie in der 2. oder 3. Liga spielen und trotzdem den gleichen Preis zahlen wie vorher. So schätze ich das Publikum ein. Aber die Beteiligung an den Fernseherlösen, die wird doch recht deutlich fallen."
100 Millionen Euro Einkommen durch den Fußball
Und auch die Stadt Hamburg würde vor allem durch einen Abstieg des HSV auf einen Teil ihrer Wertschöpfung verzichten müssen, erklärt Henning Vöpel vom Hamburger Weltwirtschafts-Institut:
"Man kann sagen, dass durch den HSV – und mit St. Pauli wäre es dann noch ein bisschen mehr – ungefähr 100 Millionen Euro entstehen an Einkommen in Hamburg. Und an Arbeitsplätzen sind mit dem HSV 700, 800 Arbeitsplätze verbunden."
Vor allem die Auswirkungen auf die Übernachtungszahlen in der Hansestadt bei Heimspielen würden unter einem Abstieg leiden, erklärt Michael Otremba von der Hamburg-Tourismus GmbH:
"Jeder Gastverein bringt 4.000 Gäste mit. Das wird in der 2. Liga anders sein, weil einfach die Breite der Fans von Borussia Dortmund oder Borussia Mönchengladbach etwas anderes ist als von Heidenheim. Das werden wir in den Übernachtungszahlen merken. Und wir werden das auch spüren an den Umsätzen im Einzelhandel."
Image-Schaden für den "Dino"
Aber vor allem wird das allgemeine Image der stolzen Hansestadt leiden: Die Olympiabewerbung scheiterte an einem Volksentscheid, der Eishockey-Spielbetrieb der Hamburg Freezers wurde vor zwei Jahren eingestellt. Und zeitgleich ging die Handball-Mannschaft des HSV Pleite. Nun droht der Abstieg der Fußballsparte des Vereins. Henning Vöpel vom Hamburger Weltwirtschafts-Institut:
"Für das Image, für das Selbstverständnis dieser Stadt ist es schon wichtig, dass man das verhindert. Aber es ist ja vermutlich gar nicht mehr zu verhindern. Sondern es liegt jetzt in den Händen und vor allem den Füßen und Beinen der Spieler."
Am Ende, so Vöpel, sei ein Abstieg des HSV vor allem deshalb besonders bitter, weil der Verein selbst in der Vergangenheit sein Image als "Bundesliga-Dino" allzu hoch gehängt hat und die berühmte Stadionuhr, die die Stunden als Erstligist sekundengenau anzeigt, möglicherweise schon sehr bald angehalten werden muss. Dieses Problem hätte der FC Sankt Pauli, der so viel Wert auf sein "Underdog"- und Außenseiter-Image legt, bei einem möglichen Abstieg in die 3. Liga jedenfalls nicht.