"Aus unserer Sicht wird ausgeblendet, dass die meisten Männer wie Frauen einen relativ langen Zeitraum in ihrem Leben mit einem Partner oder einer Partnerin zusammenleben und dass sie dann dementsprechend nicht nur starr vor sich hin ihrem Berufsverlauf folgen können, sondern natürlich auch je nachdem mit berücksichtigen, was der Partner beziehungsweise die Partnerin macht."
Die Partnerschaft als einer der wesentlichen Einflussfaktoren für die weibliche Karriere - die Soziologin Alessandra Rusconi hat die Berufswege von Wissenschaftlerinnen unter diesem neuen Blickwinkel analysiert. Welche Rolle spielen die berufliche Stellung des Partners und die paarinterne Kommunikation? Wann ebnen sie den Weg zur Professur, und wann verhindern sie den beruflichen Aufstieg? Oder gibt es auch disziplin-immanente Hürden, die Frauen überwinden müssen, wenn sie in den Sozial-, Natur- oder Technikwissenschaften an die Spitze wollen?
Für das Projekt "Gemeinsam Karriere machen" befragten Rusconi und ihre Kolleginnen vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) rund 770 Wissenschaftlerinnen sowie 550 ihrer Partner. Im Fokus standen sowohl Frauen vor und nach der Promotion als auch Juniorprofessorinnen und Professorinnen. Sie alle lebten seit mindestens zwei Jahren mit einem Akademiker zusammen.
"Es gibt unterschiedliche Karrierewege je nach Disziplin. Und je nach der Partnerschaft sind bestimmte Karrierewege eher besser oder schlechter vereinbar mit zum Beispiel einem Partner, der in der Wissenschaft tätig ist oder mit der Familiengründung."
Dass jeder wissenschaftlichen Disziplin eine eigene Karrierelogik innewohnt, fand Alessandra Rusconi bestätigt. So qualifiziert sich eine Technikwissenschaftlerin, indem sie Leitungsfunktionen übernimmt. Dagegen sammelt eine Naturwissenschaftlerin durch Erfahrungen im Ausland Pluspunkte. Und in den Sozialwissenschaften spielt die Habilitation die zentrale Rolle.
Diese Anforderungen können gerade deshalb die Karriere erschweren, weil Frauen in der Wissenschaft - häufiger als ihre männlichen Kollegen - einen ebenfalls akademisch gebildeten Partner haben. Die beiden Doppelverdiener müssen sich folglich miteinander arrangieren, wer sich wann und wo dem Job widmen darf.
Die Studie zeigt, dass Naturwissenschaftlerinnen doppelt benachteiligt sind. Ein Drittel von ihnen lebt mit einem Partner zusammen, der als Wissenschaftler sogar im selben Fach tätig ist. Hier konkurrieren die ähnlichen Berufswege auf besondere Weise, etwa wenn beide ins Ausland wollen. Anders in den Sozialwissenschaften: Hier sind die Frauen häufiger mit Männern zusammen, die einer nicht-wissenschaftlichen Arbeit nachgehen. Den Vorteil der Sozialwissenschaftlerin, sich ihre Arbeit an der Habilitation flexibel einteilen zu können, nutzen die Männer häufig im innerpartnerschaftlichen Diskurs zu ihren Gunsten. Rusconi:
"Was zum Beispiel dann bei Aushandlungsprozessen unter Umständen ein Nachteil sein kann. Weil dann wird zum Beispiel bei der Kinderbetreuung gesagt: Naja, kannst Du Dich ja drum kümmern, weil bei Universitäten gibt's ja keine Steckkarten, dann könntest Du ja früher Schluss machen und das Kind vom Kindergarten abholen. Und klar, dann musst Du Dich auch nachmittags oder am späten Abend nochmal hinsetzen und dann Deine Arbeit fertigmachen von zu Hause aus. Und dann hat sich auch unter Umständen in dieser Partnerschaft so eine Arbeitsteilung zuungunsten der Frauen aufgrund ihrer Wissenschaftstätigkeit entwickelt."
Ähnlich wie Rusconi kommt auch die Münchner Soziologin Dagmar Müller zu dem Ergebnis, dass berufliche Karrieren von Frauen und Männern zu einem nicht unwesentlichen Teil innerhalb von Paarbeziehungen gemacht werden. Sie befragte für das Deutsche Jugendinstitut weibliche Fach- und Führungskräfte überwiegend aus der Privatwirtschaft. Ein wenig überraschendes Ergebnis ist, dass es für die Frauen im Doppelkarriere-Paar erst bei der Familiengründung schwierig wird. Aufmerksamkeit verdient allerdings die Beobachtung, wie früh Frauen ihre Ideale einer egalitären Arbeitsteilung oft schon über Bord werfen:
"Wenn dann die Familienplanung ansteht, dass dann doch überlegt wird: Naja, vielleicht wäre es doch gut, wenn der Mann, der einen sicheren Job hat, etwas mehr Geld verdient, also sprich Ernährer der Familie sein kann im Zweifelsfall, und die Frau halt Zeit hat, sich dann näher um das Kind zu kümmern. Das heißt, man sieht schon sehr frühzeitig, dass dort bestimmte Aufgabenteilungen auch antizipiert werden, bevor überhaupt das Ereignis Familienplanung eingetroffen ist oder Familiengründung."
"Was für mich überraschend war, war zum Teil wie Frauen, die wie gesagt hoch qualifiziert sind, Wissenschaftskarrieren anstreben und zum Teil auch sehr erfolgreich sind - weil wir haben auch Professorinnen befragt - zum Teil in ihrer Partnerschaft und in der Arbeitsaufteilung in der Partnerschaft durchaus noch ziemlich traditionell sind. Also, indem sie doch die Hauptverantwortung bekannterweise eben bei der Kinderbetreuung übernehmen. Und zum Teil auch das ganze Paarmanagement übernehmen. Und nicht mehr ihre Partner zur Verantwortung ziehen."
Frauen, die so handeln, sind durch die traditionellen Elternschaftskonzepte ihrer Herkunftsfamilie geprägt, stellte Dagmar Müller fest. Jene Frauen aber, die der männlichen Karriere nicht den Vortritt lassen, nutzen zwei verschiedene Strategien, um ihrem Beruf dauerhaft nachzugehen.
Entweder entscheiden sich beide Partner für ein sogenanntes männliches Karrieremodell. Das bedeutet: Der Job steht an erster Stelle. Die Frau bekommt erst nach der beruflichen Etablierung das erste Kind. Weil beide gut verdienen, können sie Haushalts- und Betreuungsaufgaben an Dritte delegieren.
Oder - die zweite Strategie - das Paar sucht eine Balance zwischen Arbeit und Familie. In diesem Fall rückt diejenige Karriere zeitweise in den Vordergrund, die gerade mehr Unterstützung braucht. Weil beide Partner Teilzeit arbeiten, ist die Familie finanziell schlechtergestellt.
"Ein Beispiel ist da unser Ehepaar Pfeffer, die wir befragt haben. Das ist ein Jurist und eine Geisteswissenschaftlerin. Da war es zum Beispiel so, dass er nach dem Studium ein recht gutes Angebot bekommt, hat in einer Kanzlei zu arbeiten für ein relativ hohes Gehalt, aber sich dies Paar bewusst dagegen entschieden hat, weil das wahrscheinlich dazu geführt hätte, dass ihre Wissenschaftskarriere irgendwann abgebrochen wäre."
Das Paar zog dorthin, wo die Frau ihre nächste Stelle bekam. Der Mann promovierte in der Zeit. Eine sogenannte Win-win-Situation, die für beide Partner beruflich nutzbringend war.
Paare müssen mehr reflektieren, welche Veränderungen berufliche Schritte des einen auch für den anderen bedeuten, betonen Rusconi und Müller. Die Kommunikation zwischen Frau und Mann - das zeigen die neuen Studien - lässt noch viel zu wünschen übrig:
"Wir haben gefunden, dass im Prinzip die wenigsten Paare überhaupt eine richtige Lebensplanung machen oder auch eine richtige Karriereplanung. Also ganz häufig ist es so, dass sie einfach irgendwo her ein gutes Jobangebot bekommen, dann darüber nachdenken: Ist es sinnvoll das anzunehmen? Was bringt mir das? Welche Auswirkungen hat das vielleicht auf unsere Partnerschaft? Und dann im Prinzip von einem Job, von einem Karriereschritt zum nächsten sich weiter entwickeln. Und die Gefahr dabei ist, dass sich eben wie gesagt traditionelle Geschlechternormen oder so unter der Hand auch durchsetzen."
Die Partnerschaft als einer der wesentlichen Einflussfaktoren für die weibliche Karriere - die Soziologin Alessandra Rusconi hat die Berufswege von Wissenschaftlerinnen unter diesem neuen Blickwinkel analysiert. Welche Rolle spielen die berufliche Stellung des Partners und die paarinterne Kommunikation? Wann ebnen sie den Weg zur Professur, und wann verhindern sie den beruflichen Aufstieg? Oder gibt es auch disziplin-immanente Hürden, die Frauen überwinden müssen, wenn sie in den Sozial-, Natur- oder Technikwissenschaften an die Spitze wollen?
Für das Projekt "Gemeinsam Karriere machen" befragten Rusconi und ihre Kolleginnen vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) rund 770 Wissenschaftlerinnen sowie 550 ihrer Partner. Im Fokus standen sowohl Frauen vor und nach der Promotion als auch Juniorprofessorinnen und Professorinnen. Sie alle lebten seit mindestens zwei Jahren mit einem Akademiker zusammen.
"Es gibt unterschiedliche Karrierewege je nach Disziplin. Und je nach der Partnerschaft sind bestimmte Karrierewege eher besser oder schlechter vereinbar mit zum Beispiel einem Partner, der in der Wissenschaft tätig ist oder mit der Familiengründung."
Dass jeder wissenschaftlichen Disziplin eine eigene Karrierelogik innewohnt, fand Alessandra Rusconi bestätigt. So qualifiziert sich eine Technikwissenschaftlerin, indem sie Leitungsfunktionen übernimmt. Dagegen sammelt eine Naturwissenschaftlerin durch Erfahrungen im Ausland Pluspunkte. Und in den Sozialwissenschaften spielt die Habilitation die zentrale Rolle.
Diese Anforderungen können gerade deshalb die Karriere erschweren, weil Frauen in der Wissenschaft - häufiger als ihre männlichen Kollegen - einen ebenfalls akademisch gebildeten Partner haben. Die beiden Doppelverdiener müssen sich folglich miteinander arrangieren, wer sich wann und wo dem Job widmen darf.
Die Studie zeigt, dass Naturwissenschaftlerinnen doppelt benachteiligt sind. Ein Drittel von ihnen lebt mit einem Partner zusammen, der als Wissenschaftler sogar im selben Fach tätig ist. Hier konkurrieren die ähnlichen Berufswege auf besondere Weise, etwa wenn beide ins Ausland wollen. Anders in den Sozialwissenschaften: Hier sind die Frauen häufiger mit Männern zusammen, die einer nicht-wissenschaftlichen Arbeit nachgehen. Den Vorteil der Sozialwissenschaftlerin, sich ihre Arbeit an der Habilitation flexibel einteilen zu können, nutzen die Männer häufig im innerpartnerschaftlichen Diskurs zu ihren Gunsten. Rusconi:
"Was zum Beispiel dann bei Aushandlungsprozessen unter Umständen ein Nachteil sein kann. Weil dann wird zum Beispiel bei der Kinderbetreuung gesagt: Naja, kannst Du Dich ja drum kümmern, weil bei Universitäten gibt's ja keine Steckkarten, dann könntest Du ja früher Schluss machen und das Kind vom Kindergarten abholen. Und klar, dann musst Du Dich auch nachmittags oder am späten Abend nochmal hinsetzen und dann Deine Arbeit fertigmachen von zu Hause aus. Und dann hat sich auch unter Umständen in dieser Partnerschaft so eine Arbeitsteilung zuungunsten der Frauen aufgrund ihrer Wissenschaftstätigkeit entwickelt."
Ähnlich wie Rusconi kommt auch die Münchner Soziologin Dagmar Müller zu dem Ergebnis, dass berufliche Karrieren von Frauen und Männern zu einem nicht unwesentlichen Teil innerhalb von Paarbeziehungen gemacht werden. Sie befragte für das Deutsche Jugendinstitut weibliche Fach- und Führungskräfte überwiegend aus der Privatwirtschaft. Ein wenig überraschendes Ergebnis ist, dass es für die Frauen im Doppelkarriere-Paar erst bei der Familiengründung schwierig wird. Aufmerksamkeit verdient allerdings die Beobachtung, wie früh Frauen ihre Ideale einer egalitären Arbeitsteilung oft schon über Bord werfen:
"Wenn dann die Familienplanung ansteht, dass dann doch überlegt wird: Naja, vielleicht wäre es doch gut, wenn der Mann, der einen sicheren Job hat, etwas mehr Geld verdient, also sprich Ernährer der Familie sein kann im Zweifelsfall, und die Frau halt Zeit hat, sich dann näher um das Kind zu kümmern. Das heißt, man sieht schon sehr frühzeitig, dass dort bestimmte Aufgabenteilungen auch antizipiert werden, bevor überhaupt das Ereignis Familienplanung eingetroffen ist oder Familiengründung."
"Was für mich überraschend war, war zum Teil wie Frauen, die wie gesagt hoch qualifiziert sind, Wissenschaftskarrieren anstreben und zum Teil auch sehr erfolgreich sind - weil wir haben auch Professorinnen befragt - zum Teil in ihrer Partnerschaft und in der Arbeitsaufteilung in der Partnerschaft durchaus noch ziemlich traditionell sind. Also, indem sie doch die Hauptverantwortung bekannterweise eben bei der Kinderbetreuung übernehmen. Und zum Teil auch das ganze Paarmanagement übernehmen. Und nicht mehr ihre Partner zur Verantwortung ziehen."
Frauen, die so handeln, sind durch die traditionellen Elternschaftskonzepte ihrer Herkunftsfamilie geprägt, stellte Dagmar Müller fest. Jene Frauen aber, die der männlichen Karriere nicht den Vortritt lassen, nutzen zwei verschiedene Strategien, um ihrem Beruf dauerhaft nachzugehen.
Entweder entscheiden sich beide Partner für ein sogenanntes männliches Karrieremodell. Das bedeutet: Der Job steht an erster Stelle. Die Frau bekommt erst nach der beruflichen Etablierung das erste Kind. Weil beide gut verdienen, können sie Haushalts- und Betreuungsaufgaben an Dritte delegieren.
Oder - die zweite Strategie - das Paar sucht eine Balance zwischen Arbeit und Familie. In diesem Fall rückt diejenige Karriere zeitweise in den Vordergrund, die gerade mehr Unterstützung braucht. Weil beide Partner Teilzeit arbeiten, ist die Familie finanziell schlechtergestellt.
"Ein Beispiel ist da unser Ehepaar Pfeffer, die wir befragt haben. Das ist ein Jurist und eine Geisteswissenschaftlerin. Da war es zum Beispiel so, dass er nach dem Studium ein recht gutes Angebot bekommt, hat in einer Kanzlei zu arbeiten für ein relativ hohes Gehalt, aber sich dies Paar bewusst dagegen entschieden hat, weil das wahrscheinlich dazu geführt hätte, dass ihre Wissenschaftskarriere irgendwann abgebrochen wäre."
Das Paar zog dorthin, wo die Frau ihre nächste Stelle bekam. Der Mann promovierte in der Zeit. Eine sogenannte Win-win-Situation, die für beide Partner beruflich nutzbringend war.
Paare müssen mehr reflektieren, welche Veränderungen berufliche Schritte des einen auch für den anderen bedeuten, betonen Rusconi und Müller. Die Kommunikation zwischen Frau und Mann - das zeigen die neuen Studien - lässt noch viel zu wünschen übrig:
"Wir haben gefunden, dass im Prinzip die wenigsten Paare überhaupt eine richtige Lebensplanung machen oder auch eine richtige Karriereplanung. Also ganz häufig ist es so, dass sie einfach irgendwo her ein gutes Jobangebot bekommen, dann darüber nachdenken: Ist es sinnvoll das anzunehmen? Was bringt mir das? Welche Auswirkungen hat das vielleicht auf unsere Partnerschaft? Und dann im Prinzip von einem Job, von einem Karriereschritt zum nächsten sich weiter entwickeln. Und die Gefahr dabei ist, dass sich eben wie gesagt traditionelle Geschlechternormen oder so unter der Hand auch durchsetzen."