Einen internationalen Musikwettbewerb in Zeiten von Reisebeschränkungen und strengsten Hygieneregeln durchzuführen, ist ein Husarenstück, noch dazu bei einem Liedwettbewerb, wo nach allen Regeln der Kunst artikuliert und geatmet wird. Beim 12. internationalen Wettbewerb für Liedkunst der Hugo-Wolf-Akademie Stuttgart wurden viele Opfer gebracht: größtmögliche Distanz, damit auch kaum persönlicher Austausch zwischen den teilnehmenden Duos, den Juroren und dem Publikum, ständige Desinfektion von Flügel, Händen und Räumen, obligatorische Corona-Tests für Teilnehmende aus Städten mit schlechtem Inzidenzwert und fast leere Sitzreihen im großen Konzertsaal der Stuttgarter Musikhochschule. Dennoch ist dies einer der wenigen Wettbewerbe, die 2020 überhaupt stattgefunden haben, und er hatte einen Anmelderekord von über 100 Bewerbern.
Inhaltlicher Fokus: Texte von Friedrich Hölderlin
Inhaltlich ging es im Programm des alle zwei Jahre stattfindenden Wettbewerbs diesmal besonders um Texte von Friedrich Hölderlin. Dazu hat die Hugo-Wolf-Akademie bei den Komponisten Stefan Heucke und Hauke Berheide mehrere Neuvertonungen in Auftrag gegeben, die als Pflichtstücke vorgetragen werden mussten. Die Intendantin der Hugo-Wolf-Akademie, Cornelia Weidner sagt dazu:
"Wir haben uns dem Kunstlied verschrieben, und das kann man ja nicht trennen von der Dichtung, also ohne die Dichtung gäbe es das Lied nicht. In diesem Jahr gibt es zwei große Jubilare, Beethoven natürlich und eben Hölderlin, und in Baden-Württemberg war dann der Hölderlin doch sehr naheliegend mit diesem spannenden Schwerpunkt auf der zeitgenössischen Musik, den wir ja dann haben bei den Vertonungen."
Hauke Jasper Berheides Hölderlin-Vertonung "An die Parzen", interpretiert von der zweiten Preisträgerin, Malgorzata Roclawska mit ihrer Klavierpartnerin Olga Wien. Die erhielt auch den Sonderpreis für ihre pianistische Leistung. Die Juryvorsitzende Brigitte Fassbaender freute sich besonders über die herausragenden Leistungen nicht muttersprachlicher Sängerinnen und Sänger und deren Hingabe an das deutsche Kunstlied, auch war sie besonders angetan von den Auftragswerken:
"Was mich besonders gefreut hat, wie sangbar die Sachen waren, und mit welcher Selbstverständlichkeit die jungen Sänger diese Materie auch bearbeitet und erarbeitet haben. Das fand ich sehr beeindruckend. Wie ich überhaupt die beiden kleinen Liederzyklen von Heucke und Hauke Berheide ganz ausgezeichnet finde, jeden auf seine Weise, und jeder ist für die Stimme geschrieben, und das finde ich schon ganz toll."
Für die leichten, hohen Stimmen war es im diesjährigen Wettbewerb offensichtlich schwer, sich durchzusetzen, doch einige Juwelen gab es in den ersten beiden Durchgängen zu entdecken, wie die Münchner Sopranistin Julia Duscher. Jeweils acht Lieder von Hugo Wolf und Franz Schubert mussten die teilnehmenden Lied-Duos vorbereiten, dazu noch Werke von Richard Strauss, oder Hans Pfitzner, Claude Debussy, oder Ernest Chausson und nach Belieben weitere Hölderlin Vertonungen anderer Komponisten.
"Wir haben uns dem Kunstlied verschrieben, und das kann man ja nicht trennen von der Dichtung, also ohne die Dichtung gäbe es das Lied nicht. In diesem Jahr gibt es zwei große Jubilare, Beethoven natürlich und eben Hölderlin, und in Baden-Württemberg war dann der Hölderlin doch sehr naheliegend mit diesem spannenden Schwerpunkt auf der zeitgenössischen Musik, den wir ja dann haben bei den Vertonungen."
Hauke Jasper Berheides Hölderlin-Vertonung "An die Parzen", interpretiert von der zweiten Preisträgerin, Malgorzata Roclawska mit ihrer Klavierpartnerin Olga Wien. Die erhielt auch den Sonderpreis für ihre pianistische Leistung. Die Juryvorsitzende Brigitte Fassbaender freute sich besonders über die herausragenden Leistungen nicht muttersprachlicher Sängerinnen und Sänger und deren Hingabe an das deutsche Kunstlied, auch war sie besonders angetan von den Auftragswerken:
"Was mich besonders gefreut hat, wie sangbar die Sachen waren, und mit welcher Selbstverständlichkeit die jungen Sänger diese Materie auch bearbeitet und erarbeitet haben. Das fand ich sehr beeindruckend. Wie ich überhaupt die beiden kleinen Liederzyklen von Heucke und Hauke Berheide ganz ausgezeichnet finde, jeden auf seine Weise, und jeder ist für die Stimme geschrieben, und das finde ich schon ganz toll."
Für die leichten, hohen Stimmen war es im diesjährigen Wettbewerb offensichtlich schwer, sich durchzusetzen, doch einige Juwelen gab es in den ersten beiden Durchgängen zu entdecken, wie die Münchner Sopranistin Julia Duscher. Jeweils acht Lieder von Hugo Wolf und Franz Schubert mussten die teilnehmenden Lied-Duos vorbereiten, dazu noch Werke von Richard Strauss, oder Hans Pfitzner, Claude Debussy, oder Ernest Chausson und nach Belieben weitere Hölderlin Vertonungen anderer Komponisten.
Grundvoraussetzung: Lieder verstehen, Text hinterfragen
Bereits in der zweiten Runde fielen die Entscheidungen für einzelne Favoriten schwerer, durch die Ja-Nein-Entscheidung der Jury kam es dann jedoch zu einem überraschend kleinen Kreis von fünf Finalisten: zwei Baritone, ein Sopran, ein Tenor und ein Mezzosopran. Glücklicherweise kann man die Videomitschnitte der Wettbewerbsrunden noch immer im Online-Archiv anschauen und sich sein eigenes Urteil bilden. Für Olaf Bär, der in der Jury saß, gibt es aber ganz klare Richtlinien für seine Entscheidung:
"Für mich die Grundvoraussetzung, um Lieder überhaupt interessant zu machen, und die Berechtigung Lieder zu singen ist, dass man sie versteht. Das heißt, dass man den Text auch hinterfragt. Wenn Sie einen Text haben von ‚Schmerzliche Wonnen, wonnige Schmerzen‘, dann kann ich nicht nur die Schmerzen betonen, das fällt komischerweise allen Sängern sehr leicht, sondern schmerzliche Wonnen! Was bedeutet das, selbst wenn das Klavier noch so temperamentvoll agiert. Diese Aspekte müssen eine Rolle spielen, und wenn die übergangen werden, dann interessiert mich persönlich die Stimme nicht mehr vordergründig."
Eine herrliche Baritonstimme, wie für das Lied geschaffen wurde schließlich mit dem ersten Preis ausgezeichnet: Der 29-Jährige Konstantin Ingenpaß ragte in allen Wettbewerbsdurchgängen zusammen mit seiner Klavierpartnerin Hyun-Hwa Park aus dem Teilnehmerfeld heraus. Mit Augenzwinkern erzählt er von seiner ersten Begegnung mit der Gattung Kunstlied:
"Ich wurde bei der Aufnahmeprüfung gefragt, was denn ein Liedzyklus sei, und ich wusste keine Antwort auf diese Frage. Ich wurde dann trotzdem genommen, worüber ich sehr froh bin und doch relativ schnell auch in Detmold an das Lied herangeführt und habe dann mich auch gleich in das Lied verliebt."
"Für mich die Grundvoraussetzung, um Lieder überhaupt interessant zu machen, und die Berechtigung Lieder zu singen ist, dass man sie versteht. Das heißt, dass man den Text auch hinterfragt. Wenn Sie einen Text haben von ‚Schmerzliche Wonnen, wonnige Schmerzen‘, dann kann ich nicht nur die Schmerzen betonen, das fällt komischerweise allen Sängern sehr leicht, sondern schmerzliche Wonnen! Was bedeutet das, selbst wenn das Klavier noch so temperamentvoll agiert. Diese Aspekte müssen eine Rolle spielen, und wenn die übergangen werden, dann interessiert mich persönlich die Stimme nicht mehr vordergründig."
Eine herrliche Baritonstimme, wie für das Lied geschaffen wurde schließlich mit dem ersten Preis ausgezeichnet: Der 29-Jährige Konstantin Ingenpaß ragte in allen Wettbewerbsdurchgängen zusammen mit seiner Klavierpartnerin Hyun-Hwa Park aus dem Teilnehmerfeld heraus. Mit Augenzwinkern erzählt er von seiner ersten Begegnung mit der Gattung Kunstlied:
"Ich wurde bei der Aufnahmeprüfung gefragt, was denn ein Liedzyklus sei, und ich wusste keine Antwort auf diese Frage. Ich wurde dann trotzdem genommen, worüber ich sehr froh bin und doch relativ schnell auch in Detmold an das Lied herangeführt und habe dann mich auch gleich in das Lied verliebt."
Hugo-Wolf-Akademie stockte Preisgelder auf
Der dritte Preis ging an die erst 22-jährige Mezzosopranistin Ekaterina Chayka-Rubinstein aus Hannover und ihre Klavierpartnerin Maria Yulin für eine erstaunlich reife Leistung voller abgründiger dunkler Schattierungen. Aber auch die beiden anderen Finalisten-Duos erhielten Anerkennungspreise, für die die Hugo-Wolf-Akademie die Preisgelder kurzerhand aufstockte, damit keiner leer ausgehen musste. Denn schließlich sehen alle der jungen Profimusikerinnen und -musiker gerade in eine düstere Zukunft mit geringen Auftrittsmöglichkeiten. Für die kleine Form des Liedgesangs sollte allerdings gerade jetzt Raum geschaffen werden.