Die Uiguren sind ein eigentlich autonomes, muslimisches Volk aus der Region Xinjiang in Nordwesten Chinas. Dennoch sehen sie sich immer mehr staatlicher Repressionen ausgesetzt – inklusive Lager, in denen wahrscheinlich über eine Million Uiguren nicht nur eingesperrt sind, sondern auch gefoltert werden. Und das alles in einem Land, in dem 2022 die olympischen Winterspiele stattfinden sollen. Menschrechtsorganisationen kritisieren deshalb die Austragung der Spiele in Peking.
"Unterdrückung wie seit maoistischen Zeiten nicht mehr"
Dazu gehört auch Human Rights Watch. Die Vorgänge in China und der olympische Gedanken "passen nicht zusammen", sagte Wenzel Michalski, Deutschland-Direktor von Human Rights Watch, im Dlf. "Sport soll Spaß machen. Und da sollte sich das IOC mal überlegen, ob es olympische Spiele in so einen repressiven Land wie China austragen möchte, wo Menschen unterdrückt werden, wie man es seit den maoistischen Zeiten nicht mehr gesehen hat."
Den chinesischen Machthabern sei die Kritik mittlerweile egal, so Michalski. "Man möchte die Uiguren, aber auch die anderen muslimischen Minderheiten gleichschalten. Man versucht die Sprache und die Kultur auszurotten, mit brutalsten Mitteln. In den Augen der Regierung ist es am besten, wenn die sprachlichen und kulturellen Bräuche für immer verschwinden."
Seit den olympischen Sommerspielen 2008 in Peking habe sich die Menschenrechtslage in China sogar verschlechtert. Eine Hoffnung, dass die Spiele zu einer Verbesserung führen, haben sich nicht bestätigt. "Wir sehen aus der Geschichte der Olympischen Spiele oder von Weltmeisterschaften, dass diese nie dazu führen, dass sich die Menschenrechtslage in den Ländern verbessert, sondern im Gegenteil. Sie dienen Propagandazwecken", sagte Michalski.
Ein Beispiel hierfür sind die Olympischen Spiele 1936 in Berlin, deren Eröffnung sich am 1. August zum 84. Mal jährt. Angesprochen auf mögliche Parallelen zwischen den Spielen in Nazi-Deutschland und den Winterspielen in China meinte Michalski, man können die beiden Regimie nicht miteinander vergleichen. "Aber es ist tatsächlich so, dass man eine Kontinuität herstellen kann und zwar, dass eben weggeschaut wird selbst bei den schlimmsten Menschenrechtsverletzungen und das vielleicht geduldet wird, dass für die Zeit der Spiele Verschönerungen im Sinne der Propaganda angebracht werden."
Michalski erwartet vom IOC "nicht viel"
Vom IOC erwartet Michalski "nicht viel": "Ich erwarte eher, dass man sich wegduckt und hofft, dass sich die Menschenrechtslage durch die Spiele verbessert. Aber das gab es noch nie." Zwar hatte sich das IOC 2015 auf Druck von Nicht-Regierungsorganisationen selbst eine Menschenrechtsagenda gegeben. Dass diese umgesetzt wird, glaubt Michalski aber nicht. "Die Funktionäre sagen, die Agenda sei für die Zukunft und soll bei künftigen Vergaben Anwendung finden. Aber ich frage mich, warum man damit zögert. Warum soll ich weiter Folter dulden und Menschrechtsverletzungen ignorieren, wenn man jetzt schon was machen kann?"
Viele Organisationen fordern jetzt den Boykott der Spiele. Human Rights Watch gehöre "aus Prinzip" nicht dazu, sagt Michalski. "Aber das IOC muss sich überlegen, ob es unter diesen Bedingungen tatsächlich die Spiele in China stattfinden lassen will."