Es ist ein Novum an der Humboldt-Universität. Im Senatssaal diskutieren Islamwissenschaftler unter anderem aus den USA, Großbritannien und den Niederlanden über das Thema "Imam-Ausbildung". Gestern Vormittag nahm das Institut für Islamische Theologie mit einer Einführungsveranstaltung seine Arbeit auf. Gründungsdirektor Michael Borgolte fällt ein Stein vom Herzen.
"Ach ja, das kann man sagen. Wir haben zweieinhalb Jahre daraufhin gearbeitet, das waren schwierige Prozesse, innerhalb der Universität mussten wir uns mit Kritikern auseinandersetzen, auch in der Öffentlichkeit, deshalb sind wir schon sehr froh."
Beharrliche Widerstände
In den Uni-Gremien hatten einige Studierende und Professoren gegen das Institut für Islamische Theologie argumentiert. Es war eine grundsätzliche Kritik, die sich nicht speziell gegen den Islam richtete: die Theologie habe an einer Universität nichts zu suchen, weil sie keine Wissenschaft sei.
"Die Widerstände waren nicht so stark, dass man das Institut verhindern konnte, aber sie waren beharrlich. Verstehen kann ich das in gewisser Weise schon. Aber dass man der Theologie den Rang einer Wissenschaft aberkennt, das halte ich nicht für korrekt."
Liberale Muslime nicht vertreten
Streit gab es auch um die Besetzung des Beirates, in dem unter anderem drei Vertreter von Islamverbänden sitzen, die türkische DITIB ist nicht dabei. Der Beirat hat ein Mitspracherecht bei der Besetzung der Professuren – genau wie zum Beispiel die katholische Kirche bei der Besetzung von Professuren für katholische Theologie. Liberale Muslime sind in diesem Beirat nicht vertreten. Das Argument der Humboldt-Uni: Wir brauchen die Verbände, die auch eine relevante Zahl von Muslimen in Deutschland vertreten.
All diese Streitigkeiten dürften an den ersten 55 Studierenden weitgehend vorbei gegangen sein. Marlene Werke, 21, Nicht-Muslime, freut sich auf den Arabisch-Unterricht und das Koran-Studium.
"Also ich glaube, dass das eine große Relevanz hat, auch um eine Religion abzubilden, die in Deutschland ja durchaus vertreten ist, und dass man eben durch das Institut den Muslimen in Deutschland auch eine Stimme gibt."
Fragen der Alltagsseelsorge
Die Humboldt-Uni startet jetzt, andere haben schon länger Erfahrungen mit dem Fach Islamische Theologie – Münster, Tübingen oder Osnabrück. Jan Felix Engelhardt, Geschäftsführer der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft, gibt einen Überblick:
"Es gibt in Deutschland derzeit 2.500 Studierende in der Islamischen Theologie und Religionspädagogik. Die Mehrheit ist weiblich und studiert Religionspädagogik, sie wollen also Lehrerin für Religionspädagogik werden."
Serdar Kurnaz, demnächst Inhaber einer ordentlichen Professur an der Humboldt-Uni, setzt auf einen Austausch mit der großen islamischen Community in Berlin. Es geht auch um das tägliche muslimische Leben in einer Metropole, sagt Kurnaz, der von der Uni Hamburg nach Berlin gekommen ist.
"Krankenhausseelsorge, Gefängnisseelsorge, bioethische Fragen, so dass man diese Fragen der muslimischen Community als Forschungsimpuls aufnehmen kann und daran, natürlich nach den Maßstäben der Wissenschaft, das erforscht und Lösungsmodelle anbietet."
Studium Voraussetzung für die Ausbildung zum Imam
Die Universitäten bilden keine Imame aus – ein übrigens weit verbreitetes Missverständnis. Dies geschieht in Verantwortung der Islam-Verbände, ein Studienabschluss in Islamischer Theologie ist allerdings eine gute Voraussetzung dafür. Michael Borgolte hofft, dass - langfristig gesehen - die Gemeinden die in Deutschland ausgebildeten Imame bevorzugen.
"Die Eltern werden es sich nicht bieten lassen, dass ihre Kinder im Koranunterricht in den Gemeinden von Imamen unterrichtet werden, die schlechter qualifiziert sind als die, die sie haben könnten in Deutschland. Darauf muss man setzen, auf diesen Prozess, dass sie besser qualifiziert sind."