Lennart Pyritz: "Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos" formulierte schon Loriot. "Des Menschen bester Freund" – so ein anderer Ausspruch, der deutlich macht, wie eng und emotional aufgeladen das Verhältnis zwischen Mensch und Hund ist. Im Fachmagazin "PLOS ONE" haben jetzt österreichische Wissenschaftler untersucht, wie die Persönlichkeitsmerkmale der Halter das Stress-Verhalten ihrer Hunde prägen. Autorin der Studie ist Iris Schöberl, Verhaltensbiologin an der Universität Wien. Mit ihr habe ich vor dieser Sendung telefoniert und zuerst gefragt, wie sie auf das Thema Beziehungs-Stress gekommen ist?
Iris Schöberl: Stress und Stressmanagement, das sind ganz wesentliche Aspekte in sozialen Beziehungen. Das ist jetzt nicht nur in der Mensch-Hund-Beziehung so, auch Mensch-Mensch und in anderen Tierarten. Soziale Interaktionen können sehr intensive Stressoren sein. Und andererseits kann ein Sozialpartner auch sehr schnell sehr beruhigend wirken, also, das kann wirklich in beide Richtungen gehen.
Hunde mit pessimistischen Haltern haben mehr Stress
Pyritz: Wie sind Sie jetzt konkret methodisch vorgegangen in der Studie, die jetzt in "Plus One" erschienen ist?
Schöberl: Wir haben 132 Hunde und dann deren Halter an der Universität Wien getestet, unter verschiedenen Testsituationen. Eine davon war ein Spiel mit dem Halter, so wie Sie das normal auch tun würden, wir haben eine gestellte Bedrohung gehabt, einmal mit und einmal ohne Besitzer, und einen kleinen Parcours, der zu überwinden war gemeinsam. Während der Bedrohung ist eine fremde Person auf den Hund zugegangen und hat diesen angestarrt und hat so eine Art Ski-Maske angehabt, also, der Hund konnte nur die Augen sehen. Wir haben Speichelproben genommen von Halter und Hund, vor und nach dem Test, um das Stresshormon Cortisol zu messen, und haben zusätzlich Fragebögen verwendet zur Ermittlung der Persönlichkeit.
Pyritz: Was waren die Hauptergebnisse dieser Studie?
Schöberl: Die Hauptergebnisse, wenn wir uns jetzt das Stressmanagement mit den Hunden anschauen, dass Hunde, deren Halter eher pessimistisch sind und der gegenüber dem eigenen Hund unsicher gebunden ist, diese Hunden hatten eher ein schlechteres Stressmanagement. Und Hunde von Haltern, die von der Persönlichkeit her sehr offene Menschen sind, deren Hunde hatten ein besseres Stressmanagement, also konnten sich besser an die Situationen mit der Cortisol-Ausschüttung anpassen.
Geschlechterkombination zwischen Mensch und Tier spielt eine Rolle
Pyritz: Inwieweit beeinflussen denn auch Eigenschaften des Hundes den Halter oder die Halterin?
Schöberl: Also, wenn wir uns den Halter anschauen, war vor allem auch die Geschlechterkombination wichtig. Weibliche Halter, die einen Rüden hatten, haben ein schlechteres Stressmanagement gehabt als alle anderen Geschlechterkombinationen. Und das kann man eventuell dadurch erklären, wir haben eine Pilotstudie an Rüden untersucht, mit Frauen und mit Männern, und haben da festgestellt, dass Rüden in Männerhand entspannter sind und sozialer sind als Rüden in Frauenhand.
Pyritz: Könnten diese Erkenntnisse in Zukunft helfen, zum Beispiel Rettungshunde oder Blindenhunde besser auszubilden, besser auszuwählen für bestimmte Halter?
Schöberl: Also, generell sind diese Ergebnisse für die Praxis insofern von Relevanz, dass man vielleicht mal gewisse Trainingsansätze bedenken sollte. Denn ganz oft wird primär der Hund trainiert und der Halter außen vor gelassen. Und ich denke, dass es schon sehr wichtig ist in der Arbeit mit Hunden, auch die Eigenschaften des Halters miteinbeziehen, auch die Beziehung, die sie miteinander haben, eventuell sogar Persönlichkeit des Halters, um Problemen vorbeugen zu können, aber auch entsprechend in der Ausbildung von Rettungshunden oder was es halt auch immer für Hunde sein mögen.
Die Stimmungen des Hundes nicht übernehmen
Pyritz: Haben Sie selbst einen Hund, den Sie durch Ihre wissenschaftliche Arbeit jetzt besser einschätzen können?
Schöberl: Also, ja, ich habe selber eine Hündin, eine Rhodesian-Ridgeback-Hündin. Und für mich persönlich … Ich bin auch in der Praxis tätig als Verhaltensberaterin und für mich war die wissenschaftliche Tätigkeit vor allem auch wichtig im praktischen Kontext, einfach auch da immer effizienter mit Mensch-Hund-Teams arbeiten zu können und die Halter besser unterstützen zu können. Für mich selber habe ich gelernt, noch mehr auf meine eigene Stimmung zu achten, da meine Hündin sehr sensibel ist und mich doch sehr stark widerspiegelt. Das heißt, ist meine Hündin sehr angespannt, heißt, auch bei mir selber hinzuschauen, was tut sich denn gerade bei mir. Und umgekehrt auch darauf zu achten, dass ich die Stimmungen meiner Hündin nicht übernehme. Also, das ist schon was, das kann man sich aneignen, wenn man das möchte.
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