Kriege, die Klimakrise und Corona haben die Zahl der hungernden Menschen wieder ansteigen lassen. Laut Welthungerindex 2021 hungerten im Jahr 2020 weltweit 811 Millionen Menschen.
Nigeria steht beispielhaft für viele Länder des globalen Südens, wo verschiedene Faktoren für Armut und Hunger sorgen. Die dschihadistische Terrormiliz Boko Haram sorgt für Terror, Tote und viele Flüchtlinge.
Hinzu kommen die Folgen des Klimawandels: Das größte Wasserreservoir der Region, der Tschadsee, führt wegen ausbleibenden Regens immer weniger Wasser – und das fehlt den Bauern. In Folge der Dürre kommt es außerdem zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen den nomadischen Viehaltern und sesshaften Bauern.
Extrem ungleiche Wirtschaftsordnung
Laut Stephan Lessenich, Leiter des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt/Main, sind diese Entwicklungen "eine mittelbare Folge unserer Wirtschafts-, Produktions- und Konsumweise. Und all die politischen Konflikte, die sich anschließen an Ressourcenknappheit, an Verteilungsprobleme von Umweltressourcen, von Zugang zu Wasser, zu Land, zu sauberen Ressourcen – all das ist mittelbar mit von uns aus produziert." Der deutsche Wohlstand beruht laut Lessenich auf einer extrem asymmetrischen globalen Wirtschaftsordnung.
Zudem seien die Machtverhältnisse der Welt extrem ungleich, führte der Soziologe aus. "Wir haben das bei der Impfstoffverteilung und bei der Frage des Patentschutzes jüngst wieder gesehen: Wir haben reiche Industriegesellschaften, die sich letztlich durchsetzen können, mit ihren Wirtschaftsinteressen und andere Länder in Geiselhaft nehmen können." Diese strukturellen Ungleichgewichte müssten angegangen werden.
Verbraucher können Problem alleine nicht lösen
Gesellschaftlich gebe es bereits Tendenzen zu einer nachhaltigeren Lebensweise. Es gebe Menschen, die ihre individuelle Lebensweise überprüfen, weniger Ressourcen verbrauchen und ihre Ernährung umstellen. Dadurch würden Industrien zwar unter Druck gesetzt, ihre Produktion anzupassen. "Aber", so Lessenich, "über individuellen Konsum und individuelle Konsumentscheidungen wird das Problem nicht zu lösen sein. Auch nicht über die Summierung von vielen Millionen individuellen Konsumentscheidungen, sondern es müssen Strukturen geändert werden."
Das Bewusstsein für einen Veränderungsbedarf in der Politik wachse, meint Stephan Lessenich. Der neuen Bundesregierung traut er einige Schritte in die richtige Richtung zu: "Es ist sicherlich ein Vorteil, wenn Landwirtschaftsministerium oder Verkehrsministerium beispielsweise, die zentral sind für solche Fragen, nicht mehr in CSU-Hand sind."