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Hybrid aus E-Auto und Fahrrad
Sauberes Fahren und Fitness

Es ähnelt einem Autoscooter, hat drei Räder und fährt mit Batterie: Das Twike 5 - ein Hybrid aus E-Auto und Fahrrad. Das Fahrzeug soll neben sauberer Fortbewegung für Pendler auch die Fitness stärken. Eine deutsche Firma will das Gefährt in Serie bringen.

Von Bernd Schlupeck |
    Zusehen ist ein Gefährt mit drei Rädern, das über eine Düne fährt
    Noch gibt es ihn nicht: Der sogenannte Twike 5 – ein Hybrid aus E-Auto und Fahrrad. Eine Firma aus Marburg plant das Gerät in Serie zu bringen (Fine Mobile GmbH)
    Rosenthal – eine hessische Kleinstadt inmitten der sanften, grünen Hügel des Burgwalds – Feldgasse 6: Hier wird konzentriert an einem neuen E-Auto gearbeitet. Noch sind es hauptsächlich Modellskizzen im Computer. Nur ein Prototyp des Gefährts steht in der 250 Quadratmeter großen Halle, die Büro, Werkstatt und Produktionsstätte in einem ist.
    "Mein Name ist Martin Möscheid und ich bin Geschäftsführer der FINE Mobile GmbH. Und wir sind hier in der Halle, wo sowohl die Twike 3 produziert werden, aber auch das Twike 5, das ist unser neues Modell, entwickelt wird und seinen Anfang nimmt. Twike steht für Twin bike, zwei Fahrräder parallel nebeneinander in Liegeradposition, umschlossen mit einer Kapsel, die ähnlich aussieht wie ein kleines Flugzeug ohne Flügel."
    Der Akku lässt sich mit Muskelkraft laden
    Tatsächlich ähnelt der Prototyp dem vorderen Teil eines Segelflugzeugs. Vollverkleidetes Autoscooter-Gefährt würde es auch treffen. Das E-Auto ist gut drei Meter lang, 1,55 Meter breit, kaum höher als ein Polski Fiat und kommt auf drei Rädern daher – zwei hinten und eins vorne.
    Das Besondere: Der Akku lässt sich mit Muskelkraft laden. Martin Möscheid öffnet das Verdeck, schwingt sich in einen der zwei Sitze stellt die Füße auf die Pedale und nimmt zwei metallene Lenkhebel in die Hand.
    "Das ist ein bisschen, wie wenn man auf einem Kutschbock sitzt: Da kann man an dem einen Zügel ziehen und es geht nach rechts und dann kann man an dem linken Zügel ziehen und es geht nach links. Und auch der Bewegungsablauf ist im Grunde ähnlich wie beim Autofahren. Wenn ich den linken Arm nach hinten ziehe, fährt das Fahrzeug nach links Dann schalten wir mal ein."
    Der Geschäftsführer schließt das Verdeck, rollt vom Hof und biegt auf die Marburger Landstraße ein. Er drückt mit dem rechten Zeigefinger einen Taster am rechten Lenkhebel. Binnen Sekunden beschleunigt der Prototyp auf 100 km/h.

    "Eigentlich ein recht zügiges Beschleunigen. Man kann jetzt in den Tempomat wechseln, fährt mit seiner Konstantgeschwindigkeit seine Strecke. Wir haben die Seiten offen, deswegen kommt hier gerade Seitenwind rein. Ich benutze jetzt den zweiten Taster; mit dem wird verzögert. Wir erzeugen dabei Energie. Das ist nichts Ungewöhnliches. Und da sind wir wieder in der Werkstatt."
    Europäischer Motorradführerschein ist nötig
    Bis zu drei Lithium-Ionen-Batteriemodule mit einer Leistung von 31,5 Kilowatt und ein Drehstrom-Elektromotor sorgen für Energie oder Vortrieb. In dieser leistungsstärksten Variante ist das Twike bis zu 200 km/h schnell. Bei moderaten 120 km/h sollen zwei Personen plus 250 Liter Gepäck im Alltag über 500 Kilometer weit kommen.
    Geladen wird zum Beispiel über einen Schuko-Haushaltsstecker. Außerdem wird im Betrieb Bremsenergie zurück in den Akku gespeist. Das geht via Bremspedal und über den sogenannten Bremstaster, den Martin Möscheid vorgeführt hat. Dabei wird ausschließlich die elektrische Bremse genutzt, um Energie zu gewinnen.
    "Während der Fahrt kann man auch pedalieren und die Reichweite erhöhen. Was aber viel wichtiger ist, man kann seine Gesundheit damit unterstützen. Man kann sich einfach bewegen, während man in Bewegung ist. Beim Twike 5 ist das ein Pedalgenerator. Da pedaliert man, erzeugt Energie. Diese wird erst in das 12-Volt-System eingespeist. Und bei Überschuss wird das dann hoch transformiert auf die Spannung des Antriebs."
    Um das Twike 5 fahren zu dürfen, braucht es lediglich einen europäischen Motorradführerschein. In einem etwa zweistündigen Kurs lernen die Kunden etwa wie die Lenkung funktioniert. In Sachen Sicherheit soll das Gefährt besser als ein Motorrad abschneiden. Das Leichtelektromobil besteht aus einem Aluminiumrohrrahmen mit Überrollbügel. Ummantelt werden soll es mit naturfaserverstärktem Kunststoff. Im Vergleich zum Vorgänger wandern die Batterien vom Heck unter die Sitze.
    Was noch fehlt: Zwei Millionen Euro
    "Die Klassifizierung, die wir anstreben, ist Klasse L5E; das ist ein dreirädriges Kraftfahrzeug über 45 km/h. Da sind Anforderungen der allgemeinen Sicherheit zu erfüllen. Also wir müssen da keine Crashtests nachweisen, aber schon eine Rahmenstruktur aufweisen, die einen Unfall entsprechend überleben lässt. Wir selber haben uns die Aufgabe gestellt, beispielsweise Pfahlaufprall, Überschlag, Heckaufprall, Frontaufprall mit der Struktur aufzunehmen."
    Bis dato wollen gut 200 Menschen ein Twike 5. Was Martin Möscheid nun noch zum Produktionsstart für das E-Auto-Fahrradhybrid fehlt, sind zwei Millionen Euro. Die sollen aus der Gemeinschaft der Twike-Enthusiasten eingesammelt werden. Knapp 720.000 Euro sind über diese Art der Schwarmfinanzierung bereits zusammengekommen.