Spieler wie Özil, Khedira oder Boateng bewegen ihre Lippen nicht. Möglicherweise sogar nachvollziehbaren Gründen: Als Kinder nicht-deutscher Eltern ist für sie kein Platz in einem von globalisierter Realität überholten Konzept. Der schlichte Nationalismus einer Hymne aus dem 19. Jahrhundert erzählt einem Ilkay Gündogan einfach nichts über sein interkulturelles Leben im Jahr 2018 zwischen türkischem Elternhaus, deutscher Sozialisation und englischem Arbeitsplatz.
Andererseits können vielleicht manche Spieler besonders gut Fußball spielen, mit ihren sängerischen Qualitäten ist es jedoch nicht zum Besten bestellt und ihr Motiv ist deshalb schlichtweg: stilvolle Zurückhaltung. Die Nationalhymnen ertönen aus zeremoniellen Gründen vor Fußball-Länderspielen. Singen verbindet und stiftet Gemeinschaftsgefühle, um die es ja gehen soll in einer Fussballmannschaft. Doch betrachtet man die deutschen Turniere der letzten Jahrzehnte, zeigt sich ein ganz anderes Bild. Bis in die 90er Jahre hinein lauschten die deutschen Spieler eher ihre Hymne, als dass sie selbst mitsangen. Aber auch seit das Mitsingen zum kollektiven Standard geworden ist, treffen die wenigsten den Ton so gut wie den Ball.