Bei den Yoruba, einer westafrikanischen Volksgruppe, sind Zwillinge heilig. Ibeyi heißt die Zwillingsgottheit, die im Glauben der Yoruba den Teufel mit der Kunst besiegt hat. Ibeyi nennen sich auch die Zwillinge Lisa-Kainde und Naomi Diaz. So harmonisch wie ihr Zwiegesang ist ihre Beziehung aber nicht immer:
Naomi: "Manchmal verstehen wir uns einfach nicht. Wir sagen dieselben Sachen, aber auf unterschiedliche Weise. Aber auf der Bühne verstehen wir uns."
Lisa: "Sogar unsere Proben sind kompliziert. Wir schreien uns an, es fließen Tränen, wir wollen Ibeyi auflösen. Und dann sind wir auf der Bühne, und danach heißt es: Oh Mann, du warst so gut! Danke, du auch! Wir haben so ein Glück, dass wir diese Art der Kommunikation gefunden haben, und dass die Menschen uns hören wollen."
Der Vater ein wichtiges Vorbild
Lisa und Naomi sind 20 Jahre jung, erst seit drei Jahren machen sie gemeinsam Musik. Sollte man gar nicht glauben, denn ihr Vater, Miguel "Anga" Díaz, war Mitglied des Buena Vista Social Clubs, und einer der besten Conga-Spieler seiner Generation. Aber gemeinsam musiziert wurde bei den Díaz' nicht. Als Vater Díaz mit nur 45 Jahren an einem Herzinfarkt starb, waren die Zwillinge elf. Mit 14 hat Lisa begonnen, Lieder zu schreiben, vor allem um mit den Leiden der Pubertät zurechtzukommen. Wie wichtig ihr Vater dabei als Vorbild war, hat sie erst später gemerkt:
"Wir haben soviel durch seine Musik gelernt, nämlich: Musik und Kulturen zu vermischen, einfach alles zu nehmen, das wir mögen und von dem wir glauben, dass es uns ausmacht."
Die Mutter von Lisa und Naomi ist Französin, die Zwillinge sind mit einer Mischung aus europäischer und Yoruba-Kultur aufgewachsen. In ihrer Musik steht beides gleichberechtigt nebeneinander.
"Was ich auf Yoruba singe, sind Gebete, die sind tausende Jahre alt, und wurden von Millionen Menschen gesungen. Das ist natürlich was ganz anderes als das, was ich in Englisch singe, das sind meine eigenen Worte."
Im elektronischen Soundgewand
Richard Russell, Chef des Londoner Labels XL Recordings, hat die beiden auf Youtube entdeckt. Vier Monate später standen sie mit ihm im Studio - mit dem Mann, der schon die Comebacks der Soulgrößen Gil Scott-Heron und Bobby Womack im neuen, elektronischen Soundgewand gemanagt hat. Die elektronischen Klänge bei Ibeyi waren allerdings Naomis Idee:
Naomi: "Ich liebe James Blake. Wir lieben James Blake. Vor zwei Jahren ungefähr habe ich seine Musik gehört und dachte: Hm. Interessant."
Lisa: "Quatsch, von wegen interessant. Wir haben gesagt: Wow, das ist so großartig, wir wollen mit ihm zusammenarbeiten!"
Naomi: "Okay. Und als wir mit Richard ins Studio gegangen sind, habe ich ihm gesagt, dass wir das machen wollen. Und Richard sagte: Ich bin dabei. Wenn es das ist, was ihr wollt, machen wir es."
Bei aller Freude und Aufbruchstimmung der beiden jungen Frauen bleibt eine Melancholie in dieser Musik, die auch von den Verstorbenen handelt - ihrem Vater, und einer großen Schwester, die letztes Jahr viel zu jung gestorben ist. Beiden hat Lisa auf diesem Album Lieder gewidmet:
"Richard hat mich gefragt: Hast du etwas über deinen Vater geschrieben? Nein. Und hast du etwas über deine verstorbene Schwester geschrieben? Nein. Ich habe es nie versucht, es ist zu kompliziert. Und Richard meinte nur: Versuch es! So ist er. Und ich habe die Stücke 'Yanira' und 'Think Of You' geschrieben. Eigentlich hatte ich nur darauf gewartet, dass mir jemand sagt, ich solle das tun."
Wenn der Teufel das Vergessen ist, dann haben Ibeyi ihn mit ihrer Kunst schon besiegt.