In den letzten Jahren der Habsburger Monarchie, die von der politischen Lähmung des Wiener Bürgertums geprägt war, war die "Liebelei" als "Reigen" quer durch die sozialen Schichten von Zynismus geprägt - und entpuppt sich in Schnitzlers Texten oft als Flucht vor der Depression. Wie sein Zeitgenosse Sigmund Freud interessierte sich der Dichter für das Unbewusste und stellte die Vorgänge in den Tiefenschichten der Seele auf der Traumbühne seiner Novellen und Theaterstücke aus: Ein weites Land.
Diese Lange Nacht können Sie nach der Sendung sieben Tage lang in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.
Die Gesprächspartner:
Peter Michael Braunwarth
geb. 1952, ist Mitarbeiter der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien, Mitglied des Editorenteams der zehnbändigen Tagebuch-Ausgabe Schnitzlers (1981-2000) sowie der zweibändigen Ausgabe von Schnitzlers Briefen (1981-1984). Seit 2010 beteiligt an der historisch-kritischen Ausgabe von Schnitzlers Frühwerk.
Auszug aus dem Manuskript:
In seinen letzten Lebensjahren hatte Schnitzler selbst damit begonnen, aus seinen Tagebüchern seine Träume herauszufiltern, um sie in einem eigenen Buch zu versammeln. Es ist ein Spiegel seiner Seele geworden, aber auch ein Spiegel seiner Zeit, denn neben erotischen Wünschen und Todesängsten fanden auch die Tagesreste des Alltags in den Träumen Eingang.
Peter Michael Braunwarth: "Alles, was ihn begleitet, alles, was ihm begegnet, Persönlichkeiten, Lektüren, Filme, Musik. Natürlich auch Ängste, ich glaube nicht, dass man von Albträumen sprechen kann, die sind ganz selten, es sind eher so Empfindlichkeitsträume, dass er sich vielleicht nicht genug geschätzt fühlt, oder dass er Angst vor Kritik hat oder dass er wieder einmal einen antisemitischen Angriff fürchtet. Das schlägt sich dann im Traum nieder, in irgendeiner Verkleidung."
Evelyne Polt-Heinzl
geboren 1960, Literaturwissenschaftlerin. Mitarbeiterin der Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur im Literaturhaus Wien. Publikationen vor allem zur österreichischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Herausgeberin zahlreicher Anthologien für den Reclam Verlag, Stuttgart. Literaturausstellungen.
geboren 1960, Literaturwissenschaftlerin. Mitarbeiterin der Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur im Literaturhaus Wien. Publikationen vor allem zur österreichischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Herausgeberin zahlreicher Anthologien für den Reclam Verlag, Stuttgart. Literaturausstellungen.
Zuletzt erschienen: Geborgte Leben. Horváth und der Film (Murnau, Wien, Salzburg: 2001). Arthur Schnitzler. Affairen und Affekte. Österreichisches Theatermuseum, 2006.
Zuletzt erschienen: "Einstürzende Finanzwelten. Markt, Gesellschaft und Literatur", "Peter Handke. In Gegenwelten unterwegs", "Österreichs Literatur zwischen den Kriegen. Plädoyer für eine Kanonrevision". Verlag Sonderzahl, Wien 2012
Auszug aus dem Manuskript:
Warum gerade Schnitzler den inneren Monolog als literarische Form entdeckt hatte, erklärt die Germanistin Evelyne Polt-Heinzl so:
Evelyne Polt-Heinzl: "Meine Theorie dazu ist die Nähe der Entstehung des Leutnant Gustls zu Schnitzlers eigenen Hypnoseversuchen. Also Schnitzler hat als junger Arzt an der Klinik immer wieder Hypnoseversuche gemacht, er muss ein ziemlich begabter Hypnotiseur gewesen sein, es gibt im Nachlass einige Protokolle, zum Teil hat er sie direkt an der Klinik in Form von Schauhypnosen gemacht. Also für einen angehenden Arzt in der damaligen Zeit wahrscheinlich üblich, aber aus heutiger Sicht ist man verblüfft, weil man doch eine andere Vorstellung von ärztlichen Geheimhaltungspflichten hat.
Zum Unterschied von Freud, der ja regelmäßig an Hypnoseversuchen gescheitert ist und der auch unter anderem deshalb auf die Gesprächstherapie ausgewichen ist, dürfte Schnitzler wirklich ein guter Hypnotiseur gewesen sein, er hat es ja auch in mehreren Texten verarbeitet.
Und das war für mich immer auch mit eine Erklärung, dass der Schnitzler also die Freudsche Gesprächstherapie in die Figur hineinverlegt, weil im Leutnant Gustl geht es natürlich um die Innenperspektive dieses Gustl, der für ein bestimmtes Milieu steht, und er verrät ja unfreiwillig viele Details über seine Weltsicht und sein Innenleben. Und diese Art des inneren Monologs hat natürlich auch eine Befreiung aus dieser Außensicht auf eine Figur, die man zum Sprechen bringen will."
Werner Schneyder
geboren 1937 in Graz, studierte Publizistik und Kunstgeschichte in Wien. Er begann seine Laufbahn als Journalist und Werbetexter, danach wurde er Theaterdramaturg. Ab 1965 Autor und Regisseur bei Radio und Fernsehen. Seit 1974 politisch-literarischer Kabarettist, auch Jahre im Duo, unter anderem mit Dieter Hildebrandt. Schneyder arbeitete daneben auch als Sportkommentator. Seit 1982 ist er mit Solo-Programmen und Chansons unterwegs. Derzeit Autor, Regisseur und Schauspieler.
geboren 1937 in Graz, studierte Publizistik und Kunstgeschichte in Wien. Er begann seine Laufbahn als Journalist und Werbetexter, danach wurde er Theaterdramaturg. Ab 1965 Autor und Regisseur bei Radio und Fernsehen. Seit 1974 politisch-literarischer Kabarettist, auch Jahre im Duo, unter anderem mit Dieter Hildebrandt. Schneyder arbeitete daneben auch als Sportkommentator. Seit 1982 ist er mit Solo-Programmen und Chansons unterwegs. Derzeit Autor, Regisseur und Schauspieler.
Zuletzt erschienen: Von einem, der auszog, politisch zu werden. Die Geschichte eines "Meinungsträgers". Westenend Verlag, Frankfurt am Main 2014
Auszug aus dem Manuskript:
"Reigen" ist ein frühes Stück Schnitzlers. Er schrieb diese Szenenfolge von Paarbegegnungen, die stets in einen Beischlaf münden, schon als 24jähriger, hielt das Manuskript aber unter Verschluss. Im Jahr 1900 gab er den Text als Privatdruck heraus; aber erst 1920 in Berlin und 1921 in Wien wurde der "Reigen" aufgeführt, und das führte zum größten Skandal im Leben des schon fast 60jährigen. Obwohl an den entscheidenden Stellen jeweils der Vorhang fiel - der Beischlaf also nur in der Fantasie der Zuschauer stattfand -, wurde das Stück als Obszönität wahrgenommen. Es war allerdings bereits eine politisch motivierte Empörung: Sowohl in Wien als auch in Berlin waren es organisierte Demonstranten aus dem völkischen Lager, die in das Theater eindrangen und die Zuschauer bedrohten.
Direktion und Ensemble des Kleinen Schauspielhauses in Berlin wurden sogar wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses angeklagt; der berühmte "Reigenprozess" endete im November mit Freispruch, und damit mit einem - vorläufigen - Sieg der Freiheit der Kunst. Aber Schnitzler war durch die Angriffe und die damit verbundenen antisemitischen Schmähungen tief verstört. "Unter den zahlreichen Affären meines Lebens ist es wohl diese letzte, in der Verlogenheit, Unverstand und Feigheit sich selbst übertroffen haben", stellte er verbittert fest. Er zog das Stück zurück, ließ es nicht in die Gesamtausgabe aufnehmen und untersagte weitere Aufführungen, auch über seinen Tod hinaus.
Erst im Jahr 1981 hob sein Sohn Heinrich Schnitzler dieses Verbot auf, seither hat sich das Stück seinen Platz im Repertoire der Bühnen der Welt erobert. Werner Schneyder möchte es allerdings um keinen Preis inszenieren; seine Vorbehalte sind jedoch theaterästhetischer Natur.
Werner Schneyder: "Der 'Reigen' wird immer wieder gespielt. Manchmal wird es geschickter gelöst, manchmal ungeschickter, zufriedenstellend nie, wenn man 'Reigen' einmal als Hörspiel gehört hat. Im Theater eilt der Dialog in den Eros-Szenen immer den Aktionen voraus. Kurzum: Man kann die Leute nicht so ausziehen, wie sie in diesem Moment schon ausgezogen sein müssten. Dadurch wird der Dialog unglaubwürdig, und das, was sie auf der Bühne machen, irgendwie kindisch. Also da ist eine Textlösung, wo sie quasi Trikots anhaben und turnen, sinnvoller. Ich sage dazu: Für kein Geld der Welt würd ich das inszenieren wollen. Die größte Freude hat man beim Hören, wenn man sich das selber bebildert, weil dann ist das vollkommen plastisch."
Reigen ist ein Bühnenstück von Arthur Schnitzler. Die Uraufführung fand am 23. Dezember 1920 am Kleinen Schauspielhaus in Berlin statt und war einer der größten Theaterskandale des 20. Jahrhunderts. Mehr
Opening scene, in one shot, from director Max Ophuls' celebrated La Ronde 1950, in which Anton Walbrook (as "the raconteur") introduces himself, the carousel, and briefly Simone Signoret as "Leocadie."
Arthur Schnitzler - Bilddokumente eines Literaten. Der fotografische Teilnachlass im Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek
Arthur Schnitzler bei Projekt Gutenberg
Auszug aus dem Manuskript
In Arthur Schnitzlers großen Erzählungen ist zu spüren, wie brüchig der Boden der Wirklichkeit sein kann. Zum Beispiel in der berühmten "Traumnovelle", in der ein Ehemann verstört wird durch einen Traum, den ihm seine Frau erzählt. Es ist ein heftiger erotischer Traum - mit einem anderen Mann, und damit nicht genug: Sie erlebt im Traum, wie ihr Ehemann gekreuzigt wird.
Fridolin war die Kehle trocken, im Dunkel des Zimmers merkte er, wie Albertine das Gesicht in den Händen gleichsam verborgen hielt.
"Ein merkwürdiger Traum", sagte er. "Ist er schon zu Ende?" Und da sie verneinte: "So erzähl' doch weiter."
"Es ist nicht so leicht", begann sie wieder. "In Worten lassen sich diese Dinge eigentlich kaum ausdrücken. Also - mir war, als erlebte ich unzählige Tage und Nächte, es gab weder Zeit noch Raum, es war auch nicht mehr die von Wald und Fels eingefriedete Lichtung, in der ich mich befand, es war eine weit, unendlich weithin gedehnte, blumenbunte Fläche, die sich nach allen Seiten in den Horizont verlor. Ich war auch längst - seltsam: dieses längst! - nicht mehr mit diesem einen Mann allein auf der Wiese. Aber ob außer mir noch drei oder zehn oder noch tausend Paare da waren, ob ich sie sah oder nicht, ob ich nur jenem einen oder auch andern gehörte, ich könnte es nicht sagen. Aber so wie jenes frühere Gefühl von Entsetzen und Scham über alles im Wachen Vorstellbare weit hinausging, so gibt es gewiss nichts in unserer bewussten Existenz, das der Gelöstheit, der Freiheit, dem Glück gleichkommt, das ich nun in diesem Traum empfand. Und dabei hörte ich keinen Augenblick lang auf, von dir zu wissen. Ja, ich sah dich, ich sah, wie du ergriffen wurdest, von Soldaten, glaube ich, auch Geistliche waren darunter; irgendwer, ein riesengroßer Mensch, fesselte deine Hände, und ich wusste, dass du hingerichtet werden solltest. Ich wusste es ohne Mitleid, ohne Schauer, ganz von fern. Man führte dich in einen Hof, in eine Art von Burghof. Da standest du nun mit nach rückwärts gefesselten Händen und nackt. Und so wie ich dich sah, obwohl ich anderswo war, so sahst du auch mich, auch den Mann, der mich in seinen Armen hielt, und alle die anderen Paare, diese unendliche Flut von Nacktheit, die mich umschäumte, und von der ich und der Mann, der mich umschlungen hielt, gleichsam nur eine Welle bedeuteten.
Panik und Entsetzen begleiten den Mann durch die nächsten Tage, in denen er eine Wirklichkeit erlebt, die ihm bisher verborgen blieb, und von denen auch die Leser nicht genau wissen, ob sich dabei um reale Erlebnisse handelt oder um Traumbilder. Stanley Kubrick hat die "Traumnovelle" im Jahr 1999 verfilmt unter dem sprechenden Titel "Eyes Wide Shut" - Augen weit geschlossen.
Als bewusster Träumer, um es paradox zu formulieren, wusste Arthur Schnitzler natürlich Bescheid über die verborgenen Triebe und Ängste, die unbewusst das Handeln steuern. Und als Schriftsteller zeichnete ihn eine quasi berufsbedingte Distanz zur Realität aus. Dennoch weisen seine Hypochondrie und seine Zwangshandlungen darauf, dass er die Abgründe noch genauer kannte.
Peter Michael Braunwarth: "Diese unglaubliche Pedanterie, die ihn ausgezeichnet hat, er hat ja wahnsinnig viel - er nennt das 'papierln', wenn er wieder Stunden damit zubringt, Mappen anzulegen und zu beschriften und den kleinsten Zettel noch irgendwo zu ordnen; diese Pedanterie, sagen uns Psychologen, hat ja viel mit Menschen zu tun, die ein Chaos in sich bewältigen müssen, und wahrscheinlich ist das hier auch so."
Es gibt eine Erzählung, in der die Angst vor dem Verlust des Wirklichkeitssinns auf erschreckende Weise thematisiert wird. Als Arthur Schnitzler 1912 anfing, daran zu schreiben, gab er ihr den Arbeitstitel "Wahn". Bis 1917 war er mit diesem Text beschäftigt, legte ihn dann in die Schublade und holte ihn erst gegen Ende seines Lebens wieder hervor. In seinem Sterbejahr 1931 erschien die Novelle unter dem Titel "Flucht in die Finsternis". Es ist die Geschichte von zwei Brüdern, dem robusten Arzt Otto und dem sensiblen Robert, den schon als junger Mann die Angst packt, verrückt zu werden. Er verlangt von seinem Bruder, ihn vor dem schrecklichen Schicksal zu bewahren, in dem er ihn bei deutlichen Zeichen einer ausbrechenden Geisteskrankheit rasch und schmerzlos vom Leben zum Tode befördere. Als sich dann aber tatsächlich sein Geist verwirrt, packt Robert plötzlich eine andere Angst, nämlich die, von seinem Bruder umgebracht zu werden. Immer tiefer verstrickt er sich in seine Wahnvorstellungen, immer größer wird seine Panik. Es beginnt damit, dass er sich von seinem Gedächtnis im Stich gelassen fühlt. Er erinnert sich nicht mehr, wie seine Geliebte ihn verlassen hat, und die Befürchtung steigt in ihm auf, dass er sie umgebracht haben könnte. Und vielleicht nicht nur sie…
"Flucht in die Finsternis": Plötzlich, mit stillstehendem Herzen, richtete er sich im Bett auf. Drängte sich ihm die Vermutung immer gebieterischer auf, dass Alberta von seiner Hand den Tod gefunden, so war sie vielleicht nicht die einzige gewesen, die dieses Schicksal erlitten hatte. Vor mehr als zehn Jahren war seine junge Frau völlig unerwartet dahingeschieden. Eines Morgens war er in ihr Schlafzimmer getreten, um vor dem Gang ins Amt ihr den gewohnten Kuss auf die Stirn zu drücken; da hatte er sie tot im Bett gefunden; und er erinnerte sich heute mit Grauen, daß er damals, im ersten Augenblick wenigstens, keine sonderliche Erschütterung, ja kaum ein heftiges Erstaunen verspürt hatte. Der Arzt hatte den Tod der jungen Frau wohl als ein an sich seltenes Vorkommnis, aber doch mit Rücksicht auf ihre für so junge Jahre nicht unerhebliche Üppigkeit und auf gewisse, von Zeit zu Zeit auftretende Herzbeschwerden keineswegs als rätselhaft hingenommen; und da im übrigen nicht der geringste Verdacht auf Selbstmord oder gar auf ein Verbrechen vorlag, so war der Leichnam ohne weitere Untersuchung ins Grab gesenkt worden.
Die Ehe hatte innerhalb ihrer ganzen dreijährigen Dauer durchaus als glücklich gegolten, und Robert hatte das liebevolle, sanfte, etwas bequeme Geschöpf stets, nicht nur vor den Leuten, sondern auch daheim, wenn nicht mit Zärtlichkeit, doch mit ritterlicher Galanterie behandelt. Nur er selbst wußte, wie schwer er von allem Anbeginn grade unter der Sanftmut und Gutherzigkeit seiner Frau gelitten hatte; wie ihre zuweilen törichten Bemerkungen, wie ihr Schweigen, wie ihre Art, mit gerundeten Lippen seine Küsse hinzunehmen und zu erwarten, wie schon die einfache Tatsache ihres Vorhandenseins ihn oft mit einer hilflosen, mühselig verhehlten, bösen Ungeduld erfüllt hatte. Doch das Schlimmste für ihn war ihr Klavierspiel gewesen. Ohne zureichende Begabung, aber mit der ihr eigenen Beharrlichkeit hatte sie die Gewohnheit ihrer Mädchenjahre beibehalten, täglich eine Stunde lang zu üben; und ihre Art, Mozartsche und Beethovensche Sonaten mit kindischen, dicken Fingern herunterzuspielen, hatte den Gatten, während er nach dem Abendessen rauchend und lesend im Nebenzimmer saß, manchmal in einen Zustand wahrer Verzweiflung versetzt. Wie oft, wenn aufflammende Begier nach anderen Frauen ihn zu neuen Abenteuern lockte, hatte er sich gegen den stillen Zwang, den Brigittens rührende Anhänglichkeit auf ihn ausübte, vergeblich aufgelehnt; mit welcher Inbrunst hatte er sich nach seinem pflichtenlosen Junggesellenleben zurückgesehnt, dessen holde Freiheit er einer zwar milden, aber unentrinnbaren Sklaverei aufgeopfert hatte. Und wenn diese Sehnsucht, diese Ungeduld so übermächtig in ihm angewachsen war, wie er sie heute, jetzt, in untrüglicher Erinnerung neu zu empfinden vermeinte, wo war der Beweis, dass Ungeduld und Sehnsucht nicht in irgendeinem Augenblick Wille, dass der Wille nicht endlich Tat geworden war? Wo der Beweis, dass Brigitte wirklich einem Herzschlag erlegen, dass sie nicht vielmehr an einem tückisch ihr eingegebenen Gift verschieden war? Wie er sich ein solches Gift verschafft, wie er es ihr beigebracht, ob er es ihr abends in einen Trank gemischt, ob er sie gezwungen hatte, es einzuschlürfen - von all dem konnte er sich freilich heute keine Rechenschaft mehr geben; aber da es sich nun einmal herausgestellt hatte, dass sein Dasein eine ganze Anzahl solcher völlig ins Dunkel der Vergessenheit gerückter Stunden in sich fasste, warum sollte er den Mord an Brigitten nicht ebenso verübt haben wie den an Alberta? - Den an Alberta -? Was hatte denn Alberta damit zu tun?
Er streckte die Hand nach der Lampe neben seinem Bett aus und schaltete ein. Ebenso rasch, wie sie ihn in der Finsternis überfallen, zerflatterten im hellgewordenen Raum die Schreckgedanken in nichts. Er atmete auf. Was für eine Tollheit, dachte er, mir einzubilden, dass ich Brigitte vergiftet habe. Das gute, sanfte, heute noch geliebte Geschöpf.
23. Dezember 1917. Brief von Liesl. Allerlei Schiefkluges über meine Gesamterscheinung und über das, was sie meinen Nihilismus nennt. Oh Missverstand! Relativist mag ich sein, bin ich; der viele, allzuviele Werthe kennt - und sie (vielleicht allzu beflissen, allzu dialektisch) gegen einander abwägt. "Glaube" steht nun hoch im Kurs. Ja, ich bin allerdings ein Dichter für Schwindelfreie.
Literatur:
Arthur Schnitzler
"Träume". Das Traumtagebuch 1875 - 1931.
Herausgegeben von Peter Michael Braunwarth und Leo A. Lensing.
Wallstein Verlag 2012
"Träume". Das Traumtagebuch 1875 - 1931.
Herausgegeben von Peter Michael Braunwarth und Leo A. Lensing.
Wallstein Verlag 2012
Dass der Dichter von "Fräulein Else", "Traumnovelle" und anderen Meisterwerken, in denen die Figuren kunst- und sinnvoll träumen, auch selbst ein reges Traumleben führte, fällt bei der Lektüre seines großen Tagebuchwerks sofort auf: Arthur Schnitzlers Aufzeichnungen der eigenen Träume gehören zu den erzählerisch reizvollsten Eintragungen seines Diariums. Schnitzler hat zwischen 1921 und 1931 seine Traumnotate exzerpiert, stilistisch überarbeitet und drei substanzielle Traumtexte, die nicht im Tagebuch stehen, hinzugefügt. Das Ergebnis ist eine faszinierende Chronik seines Innenlebens, ein Werk, das zur Konfrontation mit Freuds "Traumdeutung" herausfordert. Obwohl die Traumtexte natürlich Schnitzlers ureigene Leiden und Leidenschaften widerspiegeln, enthalten sie auch seltsame Szenarien, in denen berühmte Zeitgenossen auftreten: neben Freud auch Herzl, Klimt, Hofmannsthal, Mahler und viele andere. Schnitzlers "Träume" sind das tiefste "Nachtbuch" der Epoche, sowohl eine "unbewusste" Autobiografie des Autors als auch ein dunkles Spiegelbild seiner Zeit. Dieses Typoskript aus dem Nachlass wird nun erstmals als Einheit veröffentlicht und mit einem umfassenden Kommentar versehen. "Wenn sich ein Mensch entschließen konnte, alle seine Träume ohne Unterschied, ohne Rücksicht ... niederzuschreiben, so würde er der Menschheit ein großes Geschenk machen. "Friedrich Hebbel
Arthur Schnitzler
Gesammelte Werke in drei Bänden
Hrsg. v. H. Scheible, Patmos Verlag (Artemis und Winkler)
Düsseldorf und Zürich 2003
Gesammelte Werke in drei Bänden
Hrsg. v. H. Scheible, Patmos Verlag (Artemis und Winkler)
Düsseldorf und Zürich 2003
Arthur Schnitzler
"Tagebücher"
Herausgegeben von der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig.
"Tagebücher"
Herausgegeben von der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig.
Unter Mitwirkung von Peter Michael Braunwarth, Susanne Pertlik und Reinhard Urbach. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1983 - 2000
Hörbuch:
Arthur Schnitzler
"Sterben". Novelle.
Ungekürzte Lesung von Monica Bleibtreu.
Hörbuch Hamburg 200
"Sterben". Novelle.
Ungekürzte Lesung von Monica Bleibtreu.
Hörbuch Hamburg 200
'"Im Grund Ihres Wesens sind Sie ein psychologischer Tiefenforscher, so ehrlich unparteiisch und unerschrocken wie nur je einer war." Sigmund Freud in einem Brief an Arthur Schnitzler. Mit dieser Novelle gelang Schnitzler der Durchbruch als Erzähler. Die völlig unsentimental erzählte Geschichte zeichnet das Sterben des todkranken Felix nach - mitsamt den Veränderungen, die sein Schicksal in der Beziehung zu seiner Geliebten Marie zeitigt, vom anfänglichen "romantischen" Traum eines gemeinsamen Liebestodes bis hin zur panischen Flucht Maries vor dem Sterbenden und seinem Tod.
DVD:
DVD, Arthaus Musik GmbH 2008,
Fräulein Else ist ein deutscher Stummfilm aus dem Jahre 1929 nach der gleichnamigen Novelle von Arthur Schnitzler. Unter der Regie von Paul Czinner spielt dessen spätere Ehefrau Elisabeth Bergner die Hauptrolle. Mehr
"Eyes Wide Shut", (deutsch Die Augen weit geschlossen) ist der letzte vollendete Film des US-amerikanischen Filmregisseurs Stanley Kubrick, der nur wenige Tage nach Fertigstellung des Filmschnitts im März 1999 starb. Es handelt sich um eine ins New York der Gegenwart verlegte Verfilmung von Arthur Schnitzlers Traumnovelle mit Nicole Kidman und Tom Cruise in den Hauptrollen.
Auszug aus dem Manuskript:
Arthur Schnitzler hatte ein unglaubliches Einfühlungsvermögen in Frauen. In seiner Literatur. Im Leben war er ein Casanova, der durchaus rücksichtslos sein konnte. Und die Doppelmoral, die er bei seinen Figuren so gerne anprangerte, die war ihm selbst nur allzu vertraut. Er, der meistens mehrere Geliebte gleichzeitig zu halten wusste, wachte seinerseits misstrauisch über ihre Treue. In seinem Tagebuch dokumentierte er schonungslos sein Leben, und in seinem literarischen Werk scheint er oft Abbitte zu leisten für sein reales Verhalten.
Eines der frappierendsten Beispiele für das Auseinanderklaffen von Leben und Werk ist die Erzählung "Frau Berta Garlan". Darin schildert Schnitzler die Wiederbegegnung von zwei Menschen, die als Jugendliche ineinander verliebt waren. Aber während die mittlerweile verwitwete Berta Garlan all ihre Sehnsucht in das Wiedersehen legt, ist es für den berühmten Musiker Emil Lindbach nur eine kleine Episode. So ähnlich hat Schnitzler es selbst erlebt, als ihn seine Jugendliebe Franziska Reich in Wien besuchte und deutlich ihr Interesse an einer neuen Beziehung zeigte. In seinem Tagebuch notierte er:
22. Mai 1899. Pfingstmontag. - in der Secession. Traf dort, wie verabredet, Fännchen, die seit vier Jahren verwitwet, in Bielitz lebt; war von ihrem jüdeln und plappern unangenehm berührt. Abends mit ihr im Riedhof; sie sehr zärtlich: - "so wird ein Wunsch erfüllt".
24. Mai 1899. Abends holte ich Fännchen vom Volkstheater ab - mit ihr im Hotel Victoria - anfangs ging sie mir auf die Nerven, dann siegte der Trieb!
Als Fanny bald darauf ihren nächsten Besuch in Wien ankündigte, schrieb Schnitzler ihr ab. Er fand, dass man alte Lieben nicht aufwärmen sollte. Während der Mann Schnitzler also anscheinend unbeteiligt die Episode erlebte und kaltschnäuzig beendete, begann der Autor Schnitzler ein halbes Jahr später die Erzählung zu schreiben, in der er die erotische Sehnsucht, die Seelennöte und die tiefe Enttäuschung einer Frau so sensibel und mit so viel Empathie beschrieb, wie es in der damaligen Literatur einzigartig war.
Immer schneller schien der Zug seinem Ziele zuzueilen. Schon stieg der Dunst der großen Stadt wie aus der Tiefe empor. Das Herz begann ihr zu klopfen. Es war ihr, als werde sie erwartet, von irgend etwas Unbestimmtem, das sie nicht hätte nennen können, von irgend etwas Hundertarmigem, das bereit war, sie zu umfassen; jedes Haus, an dem sie vorüberfuhr, wußte, daß sie kam, die Abendsonne auf den Dächern glänzte ihr entgegen, und als der Zug jetzt in die Halle einfuhr, fühlte sie sich mit einemmal geborgen. Jetzt erst empfand sie, daß sie in Wien, in ihrem Wien war, in der Stadt ihrer Jugend, ihrer Träume, in der Heimat! Hatte sie denn bisher gar nicht daran gedacht? Sie kam nicht vom Hause, - nein, jetzt war sie zu Hause angelangt. Der Lärm auf dem Bahnhof erfüllte sie mit Wohlbehagen, das Gewühl der Wagen und Menschen freute sie, alles Traurige war von ihr abgefallen. - Hier stand sie, Berta Garlan, jung und hübsch, an einem warmen Maiabend in Wien, am Franz-Josefs-Bahnhof, frei, niemandem Rechenschaft schuldig, und morgen früh wird sie den Einzigen wiedersehen, den sie je geliebt, - den Geliebten, der sie gerufen hat.
Drei Biografien:
Giuseppe Farese
Arthur Schnitzler.
Ein Leben in Wien 1862-1931
München 1999
Konstanze Fliedl
Arthur Schnitzler.
Reclam, Stuttgart 2005
Peter Gay
Das Zeitalter des Doktor Arthur Schnitzler.
Innenansichten des 19. Jahrhunderts
Frankfurt a.M. 2002
Das 19. Jahrhundert war ein Jahrhundert der Gegensätze, zwischen der Welt von gestern und der Welt von heute: Revolution und Reaktion, Wissenschaft und Aberglaube, freie Sexualität und Prüderie. Anhand der Stationen in Schnitzlers Leben zeichnet Peter Gay die Biografie dieser Epoche. Das Leben des Dr. Arthur Schnitzlers ist exemplarisch für diese Zeit der Umbrüche, denn nur wenige Autoren haben so penibel über ihr Innenleben Buch geführt wie er. Zu Lebzeiten publikumsscheu in privaten Dingen, vertraute Schnitzler seinen Tagebüchern intimste Details seiner Seelenzustände an. Das opulente und sinnliche Porträt einer vergangenen Epoche, die unsere Gegenwart wesentlich mitgeprägt hat - das Fin de siècle. "Ein beeindruckendes Panorama des 19. Jahrhunderts." Neue Zürcher Zeitung
Arthur Schnitzler.
Ein Leben in Wien 1862-1931
München 1999
Konstanze Fliedl
Arthur Schnitzler.
Reclam, Stuttgart 2005
Peter Gay
Das Zeitalter des Doktor Arthur Schnitzler.
Innenansichten des 19. Jahrhunderts
Frankfurt a.M. 2002
Das 19. Jahrhundert war ein Jahrhundert der Gegensätze, zwischen der Welt von gestern und der Welt von heute: Revolution und Reaktion, Wissenschaft und Aberglaube, freie Sexualität und Prüderie. Anhand der Stationen in Schnitzlers Leben zeichnet Peter Gay die Biografie dieser Epoche. Das Leben des Dr. Arthur Schnitzlers ist exemplarisch für diese Zeit der Umbrüche, denn nur wenige Autoren haben so penibel über ihr Innenleben Buch geführt wie er. Zu Lebzeiten publikumsscheu in privaten Dingen, vertraute Schnitzler seinen Tagebüchern intimste Details seiner Seelenzustände an. Das opulente und sinnliche Porträt einer vergangenen Epoche, die unsere Gegenwart wesentlich mitgeprägt hat - das Fin de siècle. "Ein beeindruckendes Panorama des 19. Jahrhunderts." Neue Zürcher Zeitung
Auszug aus dem Manuskript:
Arthur Schnitzler gehörte neben Henrik Ibsen, Gerhart Hauptmann und Anton Tschechow zu den großen Dramatikern der Jahrhundertwende und lässt wie sie eine neue Generation gegen die alte Gesellschaft des 19. Jahrhunderts antreten. Er zeigt Menschen, die in Konventionen gefangen sind und Menschen, die dagegen rebellieren, seine Theaterfiguren geben sich Lebenslügen hin oder erforschen unnachgiebig die Wahrheit ihrer Beziehungen. Schnitzler brachte das Traumtheater der Seele auf die Bühne; und er schuf Menschen mit großer Sehnsucht. Sie sehnen sich nach Liebe, nach Freiheit oder Anerkennung. Während die Stücke aus seiner reifen Zeit, wie "Das weite Land" oder "Der einsame Weg" groß angelegte, melancholische Gesellschaftsbilder sind, greifen die frühen Stücke scharfsichtig und oft mit bissiger Satire die Verhältnisse seiner Zeit an, vor allem die Scheinheiligkeit einer bürgerlichen Moral, die in Wirklichkeit gar nicht mehr gelebt wurde.
Der junge Arthur Schnitzler wurde darum sofort als Skandalautor wahrgenommen; er brachte die Zensurbehörde wie die konservative Gesellschaft gegen sich auf, was ihn nicht unberührt ließ, wie man manchen seiner Träume entnehmen kann:
23.1.1904 Traum: Ich fliege nackt über die Ringstraße in der Gegend des Burgtheaters. Sehr peinlich - und denke, um das Peinliche zu paralysieren, werde ich mir vorstellen, es ist ein Traum."
Schon die Einakter um Schnitzlers Lebemann "Anatol" stießen bei ihrer Uraufführung auf Empörung, weil die Darstellung dieser angeblich so unsittlichen Verhältnisse die jungen Mädchen im Publikum verderben könnten. Der Frauenheld Anatol wird gerne als Alter Ego seines Autors gesehen; das stimmt nicht ganz, aber eine gewisse Ähnlichkeit ist nicht zu übersehen! Das meint auch Werner Schneyder, der Kabarettist, Autor und Regisseur, der die Werke Arthur Schnitzlers bewundert und vor Kurzem die Szenenfolge "Anatol" inszeniert hat.
Werner Schneyder: "Es gibt wohl wenig Autoren, die von Erotik, von den Abgründen der Erotik so viel verstanden haben wie Arthur Schnitzler. Das ist ja das Wundersame, dass ein Arzt an sich die Sex-Manie konstatiert. Fraglos war der auf diesem Gebiet, ich tät nicht sagen: krank, aber ich sag: extrem, und er war in der Lage, das zu analysieren. Ich finde es faszinierend, dass ein Mensch in seinen Theaterstücken auf seinen Typus losgeht, und auch dessen Komik, dessen Lächerlichkeit, durchaus darstellt."
Um Erotik im weitesten Sinne geht es auch in den Stücken, die auf den "Anatol"-Zyklus folgen, aber hier zeigt sich Schnitzler von einer geradezu feministischen Seite, die für seine Zeit doch erstaunt: In "Das Märchen" nimmt er Partei für eine junge Frau, die sich verführen ließ und darum nicht mehr gesellschaftsfähig ist. Die junge und schon berühmte Adele Sandrock übernahm damals die Hauptrolle, denn niemand sonst wollte diese "gefallene" Frau spielen, die zwei Liebesverhältnisse hinter sich hat und dennoch nicht vor Reue zusammenbricht, sondern mit erhobenem Haupt ihren Weg geht. 1893 war das ein Skandal, nach zwei Vorstellungen wurde das Stück abgesetzt!
In der Tragödie "Das Vermächtnis" konfrontiert Schnitzler eine bürgerliche Familie mit dem unehelichen Kind ihres Sohnes. Und im Schauspiel "Freiwild" zeigt er, wie schwer es für eine junge Schauspielerin an einer Provinzbühne war, sich nicht zu prostituieren. Das konnte nämlich ein Kündigungsgrund sein.
Junge Schauspielerin: Herr Direktor haben mir heute - zu meinem größten Erstaunen - die Kündigung geschickt.
Herr Direktor: Richtig.
Junge Schauspielerin: Ja, ich bitte, Herr Direktor, warum?
Herr Direktor: Sie fragen warum? Ja, mein Fräulein, ich kann Sie eben nicht brauchen.
Junge Schauspielerin: Ja, aber ich hab‘ doch - ich weiß wirklich nicht, Herr Direktor - ich hab‘ doch meine Pflicht getan so gut wie die anderen, ich hab‘ meine Rollen studiert, ich bin zu den Proben gekommen, ich hab‘ gefallen -
Herr Direktor: Das müssen Sie wohl mir zu beurteilen überlassen, mein Fräulein.
Junge Schauspielerin: Aber Sie selbst, Herr Direktor, haben mir ja erst vorgestern gesagt, dass Sie mit mir zufrieden sind.
Herr Direktor: Mag sein. Wahrscheinlich wollte ich Sie aufmuntern.
Junge Schauspielerin: Ja also, wenn Sie mich vorgestern aufmuntern, warum kündigen Sie mir denn heute?
Herr Direktor: Ganz einfach, mein Fräulein. Sie ziehen mir keine Leute ins Theater. Klar Sie sind unliebenswürdig, mein Fräulein, ich muss es schon sagen, daran liegt es! Ich habe ja eben wieder einmal Gelegenheit gehabt, Ihr Benehmen meinen verehrten Freunden gegenüber, auf eine fragende Miene Annas den Herren Offizieren gegenüber zu beobachten. Sie sind direkt unfreundlich, Sie zeigen dem Publikum geradezu, dass Sie es verachten. Mein Fräulein, dafür ist es für Sie noch etwas zu früh. Diesen Luxus können Sie sich bei einem Hoftheater erlauben, wir sind hier auf das Publikum angewiesen. Ich sorge für mein Personal, ich habe ein Recht zu verlangen, dass mein Personal auch für mich sorgt.
Junge Schauspielerin: Ich kann es nicht anders, als indem ich meine Pflicht tue.
Herr Direktor: Das ist eben zu wenig. Bitte schauen Sie sich doch Ihre Kolleginnen an. Jede hat ihren … Anhang. Wenn ich heute die Schütz oder die Bendner einfach hinausstelle - selbst in der kleinsten Rolle, ich kann darauf rechnen, dass zwei, drei Logen und ein Dutzend Parkettsitze genommen werden. Ihnen kann ich heute eine Rolle von zwölf Bogen geben, es geht keine Katz‘ Ihretwegen hinein.
Junge Schauspielerin: Ja, da bedauere ich sehr, mit den Damen kann ich eben nicht konkurrieren.
Herr Direktor: Das behaupte ich ja. Es fehlt Ihnen eben, mein Fräulein, mit einem Worte gesagt, der künstlerische Ernst.
Junge Schauspielerin: Wenn der darin bestehen soll, dass man bis in die Nacht hinein mit Offizieren champagnerisiert -
Herr Direktor: Fräulein Riedel, kommen Sie mir nicht mit frechen - jawohl - frechen Antworten. Ich dulde es nicht, dass Sie sich Bemerkungen über die harmlosen Unterhaltungen Ihrer Kolleginnen gestatten. Es würde Ihnen wohl keine Perle aus der Krone fallen, wenn Sie sich etwas weniger exklusiv benähmen. Aber Ihnen fehlt eben der Esprit de corps, ich möchte sagen, die Achtung vor Ihrem eigenen Stand. Damit genug. Adieu mein Fräulein. -
Im übrigen - ich will es noch einmal mit Ihnen versuchen. Wollen Sie für die halbe Gage monatlich meinem Kunstinstitut weiter angehören, so wollen wir darüber reden.
Im übrigen - ich will es noch einmal mit Ihnen versuchen. Wollen Sie für die halbe Gage monatlich meinem Kunstinstitut weiter angehören, so wollen wir darüber reden.
(für sich): Bin ich dazu da, meine Schauspielerinnen zu ernähren?
Filmszenen im Netz:
Liebelei ist eine deutsche Verfilmung des gleichnamigen Schauspiels von Arthur Schnitzler. Regie führte Max Ophüls. Der Film wurde am 24. Februar 1933 in Wien uraufgeführt. Mehr
Liebelei 1933 Schlussszene mit Magda Schneider, Hans Moser u.a. auf YouTube
Liebelei 1958 Schlussszene mit Romy Schneider auf YouTube
Auszug aus dem Manuskript:
Als Christine erfährt, dass Fritz wegen einer anderen Frau gefallen ist, erweist sich das "Süße Mädel" als große tragische Figur. Für Werner Schneyder ist eine Aufführung von "Liebelei" unvergesslich, die er als junger Mann gesehen hat:
Werner Schneyder: "Ich habe da allerdings auch eine historische Erinnerung, und deshalb liebe ich es, denn ich habe es mit Hans Moser gesehen als alten Weiring, und ich bin damals mit einer Studienkollegin, der ich imponieren wollte, ins Akademietheater gegangen, und ich habe den ganzen Schluss geheult, und das hat sozusagen meinem männlichen Imponierversuch nicht genützt (lacht) .
MUSIK
1. Stunde
Titel: Piano Classics, Walzer für Kalvier in As-Dur op.39 / Nr.15
Komponist: Johannes Brahms
Interpret: John O'Conor
Titel: Symphonie Nr.3 d-moll / 6. Abteilung Natursymphonie
Komponist: Gustav Mahler
Interpret: New York Choral Artists Joseph Flum
Titel: Eyes wide shut / Orig.Filmmusik Walzer Nr.2 - Nr. VI aus der "Jazz Suite"
Komponist: Dimitri Schostakowitsch
Interpret: Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam
Titel: Jazz Suite Nr.1
Komponist: Dimitri Schostakowitsch
Interpret: Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam
Titel: Symphonie Nr.3 d-moll / 6. Abteilung Natursymphonie
Komponist: Gustav Mahler
Interpret: Boston Symphony Orchestra
Titel: Wr. Bonbons / Tausendundeine Nacht op.346
Komponist: Johann Strauss
Interpret: Wr. Philharmoniker / Willi Boskovsky
2. Stunde
Titel: Radetzky Marsch
Komponist: Josef Franz Wagner / Günter Gürsch
Interpret: Große Garderegimentsmusik / Robert Stolz
Titel: Symphonie Nr.3 d-moll / 1. Satz Natursymphonie
Komponist: Gustav Mahler
Interpret: Symphonieorchester des Kölner Rundfunks
Titel: Jazz Suite Nr.1
Komponist: Dimitri Schostakowitsch
Interpret: Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam
Titel: Symphonie Nr.3 d-moll / 6. Abteilung Natursymphonie
Komponist: Gustav Mahler
Interpret: New York Choral Artists Joseph Flum
Titel: Auf verwachsenem Pfade
Komponist: Leoa Janacek
Interpret: Ivan Klansky
Titel: Valses nobles Nr.1-12 D.969 op.77
Komponist: Franz Schubert
Interpret: Daniel Barenboim
3. Stunde
Titel: Der Reigen, Konzertwalter aus dem gln. Film "La Ronde"
Komponist: Oscar Straus
Interpret: Strauß Symphonieorcherster Budapest
Titel: Pizzicato Polka
Komponist: Johann Strauß / Joseph Strauß
Interpret: Tschaikowsky Chamber Orchestra Lazar Gosman
Titel: Symphonie Nr.3 d-moll / 6. Abteilung Natursymphonie
Komponist: Gustav Mahler
Interpret: New York Choral Artists Joseph Flum
Titel: Ungarischer Tanz Nr.1 in g-moll
Komponist: Johannes Brahms
Interpret: Wr. Philharmoniker
Titel: Impromtus op.90 / Impromptu Nr.3 Ges-Dur
Komponist: Franz Schubert
Interpret: Alfred Brendel
Titel: Symphonie Nr.1 d-Dur / Der Titan
Komponist: Gustav Mahler
Interpret: Chicago Symphony Orchestra