Dirk-Oliver Heckmann: Seit acht Uhr heute früh sitzen die Mitglieder des Verteidigungsausschusses zusammen. Unmut vonseiten der Opposition hat ausgelöst, dass der schriftliche Bericht des Verteidigungsministers zur Hawk-Affäre bis zuletzt nicht vorgelegen hat, während die Koalition vom Minister persönlich vorab informiert worden ist. Während de Maizière unter Ausschluss der Öffentlichkeit von den Parlamentariern befragt wird, liegt uns der Bericht, den der Minister hat erarbeiten lassen, bereits vor.
Telefonisch sind wir verbunden mit Fritz Rudolf Körper von der SPD. Er ist Mitglied im Ausschuss und hat die Sitzung für uns verlassen. Herr Körper, macht sich der Minister derzeit einen schlanken Fuß?
Fritz Rudolf Körper: Es ist schon erstaunlich – guten Tag, Herr Heckmann, übrigens -, wie der Minister hier in seinem Bericht sich dargestellt hat. Er gibt unumwunden zu, dass er unzureichend eingebunden war, und auf Nachfragen stellt sich dann heraus, dass dieses, ich sage jetzt mal, schwer wiegende Probleme, was ja den Steuerzahler doch erhebliches Geld kostet, weder Gegenstand einer Leitungsrunde gewesen ist, noch war es beispielsweise eine Ansprache wert durch einen der Staatssekretäre beispielsweise an den Minister. Und wenn man die Abfolge genau sieht, dann hat im Grunde genommen der Minister nur die Entscheidung, ich glaube, am 13. Mai, so war es, dieses Jahres zur Kenntnis genommen. Das heißt, er war überhaupt nicht in diesen Vorgang involviert.
Heckmann: So ist es! Er sagt, am 13. Mai diesen Jahres sei er informiert worden. Ist das glaubhaft aus Ihrer Sicht?
Körper: Das muss ich so ihm abnehmen. Aber ich denke, ich habe ein anderes Verständnis von einem Minister und seiner Arbeit. Ich kenne mich da aus meiner alten Vergangenheit, meiner beruflichen Erfahrung als Parlamentarischer Staatssekretär ganz gut aus, wie solche Vorgänge eigentlich laufen. Es ist unglaublich, dass es diesen quasi Nichtvorgang auf der Leitungsebene zu dieser Problematik gegeben hat, eigentlich für mich aus meiner praktischen Erfahrung unfassbar.
Heckmann: Das heißt, Sie würden sagen, so kann es nicht angehen, dass der Minister jetzt seine engsten Mitarbeiter beschuldigt und im Prinzip nur ein Bauernopfer sucht?
Körper: Ja das riecht danach, dass man auf der Suche eines Bauernopfers ist und man versucht, die politische Verantwortung von sich abzulenken. Das scheint mir die Methode zu sein, und da habe ich doch erhebliche Fragezeichen.
Heckmann: Jetzt hat aber der Rechnungshof in seinem Bericht, der gestern ja bekannt geworden ist, von einem Organisationsversagen im Ministerium gesprochen, von einem schweren Organisationsversagen. Aber das betreffe die Zeit vor allem vor de Maizière. Der Minister selber habe ja reagiert, und das hat ja der Minister heute auch noch mal bekräftigt.
Körper: Ich will aber daran erinnern, dass der ganze Rüstungsbereich auch Gegenstand war der Neuausrichtung der Bundeswehr, von de Maizière eingeleitet und zum Thema gemacht. Und wenn man beispielsweise sieht, dass diese Organisationsfragen und die Schwierigkeiten bis zum heutigen Tag nicht gelöst sind, dann zeigt man die Umgehensweise mit dieser Thematik.
Ich will Ihnen ein Beispiel sagen. Die beiden beamteten Staatssekretäre haben folgende Aufgabe: Der eine beamtete Staatssekretär ist für die Rüstungspolitik zuständig und der andere für die Rüstungsindustrie. Da könnte man auch sagen, viele Köche verderben den Brei bis zu dem heutigen Tag, und ich glaube, ursächlich liegt da ein Problem drin, dass die Entscheidungsstrukturen bis zum heutigen Tag nicht klar gezogen sind.
Heckmann: Das heißt, Sie würden ganz klar sagen, Teile des Ministeriums, nämlich die Teile, die für die Rüstung zuständig sind, die führen praktisch ein Eigenleben?
Körper: Man kann den Verdacht haben, dass da sehr stark in Richtung Eigenleben vorgegangen worden ist, und wenn man den Entscheidungsweg zu dem Thema Euro-Hawk sieht, dann kann man das nur unterstreichen, dass das offensichtlich so der Fall gewesen ist, dass man letztendlich nur die Haltung an den Tag gelegt hat, ganz zum Schluss, dann informiert man den Minister.
Heckmann: Welche Konsequenzen will de Maizière denn ziehen? Hat er dazu schon was gesagt?
Körper: Er hat etwas dazu gesagt, was das Thema personelle Konsequenzen anbelangt. Da zitiere ich ihn ungefähr so, dass er gesagt hat, über personelle Konsequenzen redet man nicht, die vollzieht man dann, wenn der Zeitpunkt gekommen ist. So seine Aussage im Ausschuss zu dem Thema personelle Konsequenzen.
Heckmann: Rechnen Sie damit, dass er seinen Staatssekretär oder beide möglicherweise entlässt?
Körper: Ich weiß nicht, welche Überlegungen er hier anstellt. Das könnte sein. Aber sicher bin ich mir da bei meiner Einschätzung nicht.
Heckmann: Sie haben selber gerade gesagt, Herr Körper, der Minister trägt die politische Verantwortung für derartige Vorgänge. Wie sieht es aus? Sehen Sie das so, dass der Minister seinen Hut nehmen müsste?
Körper: Ich würde sagen, das ist an dieser Stelle zu früh, über diese Frage zu entscheiden. Wir haben ja folgende Vorgehensweise verabredet, dass es eine Sondersitzung des Verteidigungsausschusses am kommenden Montag, beginnend ab zehn Uhr, geben wird. Das bringt uns auch in die Situation, den Bericht noch einmal gründlich zu studieren, denn das war ja heute eine Tischvorlage.
Über dieses Verfahren will ich dann nicht im Einzelnen noch mal reden, aber ich glaube, das war eine Zumutung besonderer Art. Und es ist auch so, dass man 140 Seiten nicht so einfach durch Handauflegen zur Kenntnis nehmen kann. Dann wird es ganz entscheidend sein, welche Konsequenzen wir auch an Forderungen ziehen werden vonseiten der Opposition, auch was die Frage der Verantwortung des Ministers und was dann eventuell eine Rücktrittsforderung angeht. Aber ich denke, diese Frage kann derzeit noch nicht entschieden werden.
Heckmann: In Rede steht, Herr Körper, die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Wird der aus Ihrer Sicht kommen? Die Zeit dafür, die ist ja knapp bis zur Bundestagswahl.
Körper: Man muss diese Zeitschiene sehen. Das ist äußerst schwierig für einen Untersuchungsausschuss, dann einfach auch zu einem Ergebnis zu kommen. Und deswegen: bei der Frage Untersuchungsausschuss ja oder nein muss man natürlich diese Zeitabfolge im Auge haben, ob es in der Tat noch Sinn machen kann. Aber auch diese Frage wird zu der Debatte in den nächsten Stunden entschieden werden, da gehe ich von aus.
Heckmann: Persönliche Einschätzung zum Schluss, Herr Körper. Gehen Sie davon aus, dass de Maizière noch im Amt sein wird nächste oder übernächste Woche?
Körper: Ich habe etwas zu einer eventuellen Rücktrittsforderung gesagt. Da will ich auch dabei bleiben. Das müssen wir jetzt in den nächsten Stunden überlegen, gemeinsam miteinander diskutieren und auch entsprechend die Sondersitzung im Verteidigungsausschuss vorbereiten. Vielleicht ist es mir dann eher möglich, ich sage jetzt mal, Anfang nächster, Mitte nächster Woche auf Ihre Frage noch mal zu antworten.
Heckmann: Dann werden wir sehen, ob wir uns wieder verabreden zum Interview. Herr Körper, ganz herzlichen Dank, dass Sie die Sitzung für uns verlassen haben, und einen schönen Tag.
Körper: Herr Heckmann, ich bedanke mich auch.
Heckmann: Fritz Rudolf Körper war das, SPD-Mitglied im Verteidigungsausschuss.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Telefonisch sind wir verbunden mit Fritz Rudolf Körper von der SPD. Er ist Mitglied im Ausschuss und hat die Sitzung für uns verlassen. Herr Körper, macht sich der Minister derzeit einen schlanken Fuß?
Fritz Rudolf Körper: Es ist schon erstaunlich – guten Tag, Herr Heckmann, übrigens -, wie der Minister hier in seinem Bericht sich dargestellt hat. Er gibt unumwunden zu, dass er unzureichend eingebunden war, und auf Nachfragen stellt sich dann heraus, dass dieses, ich sage jetzt mal, schwer wiegende Probleme, was ja den Steuerzahler doch erhebliches Geld kostet, weder Gegenstand einer Leitungsrunde gewesen ist, noch war es beispielsweise eine Ansprache wert durch einen der Staatssekretäre beispielsweise an den Minister. Und wenn man die Abfolge genau sieht, dann hat im Grunde genommen der Minister nur die Entscheidung, ich glaube, am 13. Mai, so war es, dieses Jahres zur Kenntnis genommen. Das heißt, er war überhaupt nicht in diesen Vorgang involviert.
Heckmann: So ist es! Er sagt, am 13. Mai diesen Jahres sei er informiert worden. Ist das glaubhaft aus Ihrer Sicht?
Körper: Das muss ich so ihm abnehmen. Aber ich denke, ich habe ein anderes Verständnis von einem Minister und seiner Arbeit. Ich kenne mich da aus meiner alten Vergangenheit, meiner beruflichen Erfahrung als Parlamentarischer Staatssekretär ganz gut aus, wie solche Vorgänge eigentlich laufen. Es ist unglaublich, dass es diesen quasi Nichtvorgang auf der Leitungsebene zu dieser Problematik gegeben hat, eigentlich für mich aus meiner praktischen Erfahrung unfassbar.
Heckmann: Das heißt, Sie würden sagen, so kann es nicht angehen, dass der Minister jetzt seine engsten Mitarbeiter beschuldigt und im Prinzip nur ein Bauernopfer sucht?
Körper: Ja das riecht danach, dass man auf der Suche eines Bauernopfers ist und man versucht, die politische Verantwortung von sich abzulenken. Das scheint mir die Methode zu sein, und da habe ich doch erhebliche Fragezeichen.
Heckmann: Jetzt hat aber der Rechnungshof in seinem Bericht, der gestern ja bekannt geworden ist, von einem Organisationsversagen im Ministerium gesprochen, von einem schweren Organisationsversagen. Aber das betreffe die Zeit vor allem vor de Maizière. Der Minister selber habe ja reagiert, und das hat ja der Minister heute auch noch mal bekräftigt.
Körper: Ich will aber daran erinnern, dass der ganze Rüstungsbereich auch Gegenstand war der Neuausrichtung der Bundeswehr, von de Maizière eingeleitet und zum Thema gemacht. Und wenn man beispielsweise sieht, dass diese Organisationsfragen und die Schwierigkeiten bis zum heutigen Tag nicht gelöst sind, dann zeigt man die Umgehensweise mit dieser Thematik.
Ich will Ihnen ein Beispiel sagen. Die beiden beamteten Staatssekretäre haben folgende Aufgabe: Der eine beamtete Staatssekretär ist für die Rüstungspolitik zuständig und der andere für die Rüstungsindustrie. Da könnte man auch sagen, viele Köche verderben den Brei bis zu dem heutigen Tag, und ich glaube, ursächlich liegt da ein Problem drin, dass die Entscheidungsstrukturen bis zum heutigen Tag nicht klar gezogen sind.
Heckmann: Das heißt, Sie würden ganz klar sagen, Teile des Ministeriums, nämlich die Teile, die für die Rüstung zuständig sind, die führen praktisch ein Eigenleben?
Körper: Man kann den Verdacht haben, dass da sehr stark in Richtung Eigenleben vorgegangen worden ist, und wenn man den Entscheidungsweg zu dem Thema Euro-Hawk sieht, dann kann man das nur unterstreichen, dass das offensichtlich so der Fall gewesen ist, dass man letztendlich nur die Haltung an den Tag gelegt hat, ganz zum Schluss, dann informiert man den Minister.
Heckmann: Welche Konsequenzen will de Maizière denn ziehen? Hat er dazu schon was gesagt?
Körper: Er hat etwas dazu gesagt, was das Thema personelle Konsequenzen anbelangt. Da zitiere ich ihn ungefähr so, dass er gesagt hat, über personelle Konsequenzen redet man nicht, die vollzieht man dann, wenn der Zeitpunkt gekommen ist. So seine Aussage im Ausschuss zu dem Thema personelle Konsequenzen.
Heckmann: Rechnen Sie damit, dass er seinen Staatssekretär oder beide möglicherweise entlässt?
Körper: Ich weiß nicht, welche Überlegungen er hier anstellt. Das könnte sein. Aber sicher bin ich mir da bei meiner Einschätzung nicht.
Heckmann: Sie haben selber gerade gesagt, Herr Körper, der Minister trägt die politische Verantwortung für derartige Vorgänge. Wie sieht es aus? Sehen Sie das so, dass der Minister seinen Hut nehmen müsste?
Körper: Ich würde sagen, das ist an dieser Stelle zu früh, über diese Frage zu entscheiden. Wir haben ja folgende Vorgehensweise verabredet, dass es eine Sondersitzung des Verteidigungsausschusses am kommenden Montag, beginnend ab zehn Uhr, geben wird. Das bringt uns auch in die Situation, den Bericht noch einmal gründlich zu studieren, denn das war ja heute eine Tischvorlage.
Über dieses Verfahren will ich dann nicht im Einzelnen noch mal reden, aber ich glaube, das war eine Zumutung besonderer Art. Und es ist auch so, dass man 140 Seiten nicht so einfach durch Handauflegen zur Kenntnis nehmen kann. Dann wird es ganz entscheidend sein, welche Konsequenzen wir auch an Forderungen ziehen werden vonseiten der Opposition, auch was die Frage der Verantwortung des Ministers und was dann eventuell eine Rücktrittsforderung angeht. Aber ich denke, diese Frage kann derzeit noch nicht entschieden werden.
Heckmann: In Rede steht, Herr Körper, die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Wird der aus Ihrer Sicht kommen? Die Zeit dafür, die ist ja knapp bis zur Bundestagswahl.
Körper: Man muss diese Zeitschiene sehen. Das ist äußerst schwierig für einen Untersuchungsausschuss, dann einfach auch zu einem Ergebnis zu kommen. Und deswegen: bei der Frage Untersuchungsausschuss ja oder nein muss man natürlich diese Zeitabfolge im Auge haben, ob es in der Tat noch Sinn machen kann. Aber auch diese Frage wird zu der Debatte in den nächsten Stunden entschieden werden, da gehe ich von aus.
Heckmann: Persönliche Einschätzung zum Schluss, Herr Körper. Gehen Sie davon aus, dass de Maizière noch im Amt sein wird nächste oder übernächste Woche?
Körper: Ich habe etwas zu einer eventuellen Rücktrittsforderung gesagt. Da will ich auch dabei bleiben. Das müssen wir jetzt in den nächsten Stunden überlegen, gemeinsam miteinander diskutieren und auch entsprechend die Sondersitzung im Verteidigungsausschuss vorbereiten. Vielleicht ist es mir dann eher möglich, ich sage jetzt mal, Anfang nächster, Mitte nächster Woche auf Ihre Frage noch mal zu antworten.
Heckmann: Dann werden wir sehen, ob wir uns wieder verabreden zum Interview. Herr Körper, ganz herzlichen Dank, dass Sie die Sitzung für uns verlassen haben, und einen schönen Tag.
Körper: Herr Heckmann, ich bedanke mich auch.
Heckmann: Fritz Rudolf Körper war das, SPD-Mitglied im Verteidigungsausschuss.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.