Regina Brinkmann: Man kennt das ja: Der Urlaub steht vor der Tür, da muss der Schreibtisch leer sein, letzte Aktenberge und die Ablage noch einmal schnell erledigt werden. In der Politik ist das ganz ähnlich. So absolvierte in der vergangenen Woche der Bundesrat noch ein Mammutprogramm, bevor er sich bis Mitte September in die Sommerpause verabschiedete. Dabei konnte Bundesbildungsministerin Annette Schavan eigentlich nur unter ein Projekt einen Haken setzen, denn nur für das nationale Stipendienprogramm gab es in der Länderkammer grünes Licht – nachdem die Ministerin zugesagt hatte, die Kosten dafür allein zu tragen. Die BAföG-Erhöhung lässt dagegen auf sich warten. Frage an Bundesbildungsministerin Annette Schavan: Warum liegen Ihnen die leistungsorientierten Studierenden, die von diesem nationalen Stipendienprogramm profitieren sollen, mehr am Herzen?
Annette Schavan: Sie liegen mir überhaupt nicht mehr am Herzen. Ich habe im Bundesrat sehr deutlich für BAföG gesprochen und gekämpft. BAföG muss kommen, das ist überhaupt keine Frage. Ich bin doch gerade diejenige, die gesagt hat, bei BAföG braucht es kontinuierlich Weiterentwicklung, und deshalb 2008 plus zehn Prozent und jetzt weitere Erhöhung. Und dafür wird gekämpft, das ist überhaupt keine Frage. Ich will, dass beides kommt: BAföG und Stipendien.
Brinkmann: Ja, aber Sie haben ja erst einmal die Schatulle geöffnet für das nationale Stipendienprogramm?
Schavan: Das lässt sich ja überhaupt nicht vergleichen. Bei BAföG reden wir von 2,4 Milliarden Euro pro Jahr. Und wir reden jetzt über eine Erhöhung, die alles in allem Bund und Länder rund 500 Millionen pro Jahr kostet. Beim nationalen Stipendienprogramm reden wir über Summen im zweistelligen Millionenbereich. Deshalb, das eine war nur am Freitag möglich. Danach gab es keine Mehrheit mehr dafür. Und ich finde es falsch, den Studierenden in Deutschland weiterhin Stipendien vorzuenthalten. Das ist nicht gerecht, weil es gerade für die wichtig ist, die ihr Studium ganz alleine finanzieren müssen. Da ist es wichtig, eine Komponente zu haben, die elterneinkommensunabhängig ist.
Brinkmann: Aber ist Ihnen diese negative Symbolkraft, die Sie mit dieser Entscheidung ja im Grunde genommen setzen, nicht bewusst?
Schavan: Wenn in Deutschland der Eindruck erweckt wird, dass Stipendien negative Symbolkraft haben, dann ist etwas nicht Ordnung bei uns. Das ist ungerecht den Studierenden gegenüber.
Brinkmann: Na, sagen wir mal so, also Sie haben ja auch jetzt auch im Zuge der Bildungsstreiks und mit Ihrem ersten nationalen Bologna-Gipfel den Studierenden auch sozusagen signalisiert: Ich kümmere mich um euch, eure Interessen sind mir wichtig. Und dann plötzlich schicken Sie die Studierenden – das sind immerhin 800.000 an der Zahl – in die Warteschleife. Da könnte man doch den Eindruck bekommen, die liegen Ihnen nicht so sehr am Herzen, gerade dieser Teil der Studierenden.
Schavan: Nein, überhaupt nicht, denn erstens bedeutet ja Stipendienprogramm, auch hier muss erst ein Änderungsgesetz gemacht werden. Nirgends steht geschrieben, dass BAföG später kommt als die Stipendien. Das wird jetzt einfach mal behauptet. Nach der Sommerpause muss zweierlei geleistet werden: ein Änderungsgesetz für den Deutschen Bundestag, um einen anderen Finanzierungsschlüssel hinzubekommen, und Mitte September der Vermittlungsausschuss. Und ich werde wie eine Löwin kämpfen, dass genau das, was alle sagen, dass es wichtig ist, BAföG zu erhöhen, auch kommt, und dann schauen wir mal, wann das eine und wann das andere in Kraft tritt. Ich bleibe dabei: Ich bin auf der Seite der Studierenden, ich kämpfe für sie und ich brauche dafür auch die Mehrheit unter den Ländern.
Brinkmann: Mit welchen Bandagen werden Sie denn da kämpfen? Also ich meine, beim nationalen Stipendienprogramm haben Sie ja sozusagen den Länderanteil jetzt einfach mal so freiwillig übernommen – wären Sie denn da auch bereit, ja, bei den BAföG-Prozenten vielleicht noch mal auf die Länder ein Stück zuzukommen?
Schavan: Wir haben in vielen Bereichen – in der Hochschule, bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft und bei BAföG – Mischfinanzierung. Der Bund zahlt schon heute den deutlich höheren Anteil: 65 Prozent im Vergleich zu 35 Prozent der Länder. Und deshalb finde ich, dass da sehr grundsätzlich diskutiert werden muss, denn die Hochschulen – darauf legen die Länder großen Wert – sind Hochschulen der Länder. Deshalb ist mein erster Appell: Zieht euch da nicht raus! Denn indem ich bei dem Stipendienprogramm so reagiert habe, habe ich den Ländern die Chance zur Entlastung gegeben, und die sollten sie nutzen und jetzt springen, wenn es um BAföG geht.
Brinkmann: Apropos Rausziehen: Man konnte ja jetzt aktuell ganz gut auch mit dem Streit um das Ende der Medizinerausbildung in Lübeck beobachten, wie sich das Land Schleswig-Holstein da aus seiner Verantwortung stiehlt und wie Sie dann sozusagen über, ich nenne das mal einen Buchungstrick dann doch wieder eingeschaltet haben. Also der Bund als finanzielle Feuerwehr?
Schavan: Der Bund ist nicht die Sparkasse der Länder, das ist auch kein Buchungstrick, wir haben jetzt getan, was in anderen Ländern in den vergangenen Jahren auch geschehen ist – eine neue Trägerschaft für ein Forschungsinstitut, das geht, wo es Sinn macht, das wird aber nicht andauernd so gehen. Und deshalb muss klar sein: Der Bund setzt die Priorität bei Bildung und Forschung, die Länder müssen es auch. Nur so wird dieses Land die Basis für künftigen Wohlstand legen.
Brinkmann: In den vergangenen Monaten gab es ja einige Bildungsgipfel, wo man versucht hat, gerade auch die Ausgaben in dem Bildungssektor zu steigern. Da ist man aber nicht richtig vorangekommen. Wie wollen Sie diese Blockade jetzt lösen?
Schavan: Der Beschluss, dass wir auf zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und Forschung kommen wollen in den nächsten Jahren, steht, der ist ja nicht aufgehoben. Die Länder haben aber angesichts der Schwierigkeit in ihren Haushalten gesagt, wir können noch nicht sagen bis wann. Deshalb ist meine Devise: Wir bleiben gemeinsam dran, wir steigern, das muss sichtbar werden, in der Qualität, und dann werden wir spätestens am Ende der Legislaturperiode, also zur Mitte der Dekade eine Bilanz ziehen. Ich bin davon überzeugt, wir werden dann sehr viel näher an diesem Zehnprozentziel sein.
Annette Schavan: Sie liegen mir überhaupt nicht mehr am Herzen. Ich habe im Bundesrat sehr deutlich für BAföG gesprochen und gekämpft. BAföG muss kommen, das ist überhaupt keine Frage. Ich bin doch gerade diejenige, die gesagt hat, bei BAföG braucht es kontinuierlich Weiterentwicklung, und deshalb 2008 plus zehn Prozent und jetzt weitere Erhöhung. Und dafür wird gekämpft, das ist überhaupt keine Frage. Ich will, dass beides kommt: BAföG und Stipendien.
Brinkmann: Ja, aber Sie haben ja erst einmal die Schatulle geöffnet für das nationale Stipendienprogramm?
Schavan: Das lässt sich ja überhaupt nicht vergleichen. Bei BAföG reden wir von 2,4 Milliarden Euro pro Jahr. Und wir reden jetzt über eine Erhöhung, die alles in allem Bund und Länder rund 500 Millionen pro Jahr kostet. Beim nationalen Stipendienprogramm reden wir über Summen im zweistelligen Millionenbereich. Deshalb, das eine war nur am Freitag möglich. Danach gab es keine Mehrheit mehr dafür. Und ich finde es falsch, den Studierenden in Deutschland weiterhin Stipendien vorzuenthalten. Das ist nicht gerecht, weil es gerade für die wichtig ist, die ihr Studium ganz alleine finanzieren müssen. Da ist es wichtig, eine Komponente zu haben, die elterneinkommensunabhängig ist.
Brinkmann: Aber ist Ihnen diese negative Symbolkraft, die Sie mit dieser Entscheidung ja im Grunde genommen setzen, nicht bewusst?
Schavan: Wenn in Deutschland der Eindruck erweckt wird, dass Stipendien negative Symbolkraft haben, dann ist etwas nicht Ordnung bei uns. Das ist ungerecht den Studierenden gegenüber.
Brinkmann: Na, sagen wir mal so, also Sie haben ja auch jetzt auch im Zuge der Bildungsstreiks und mit Ihrem ersten nationalen Bologna-Gipfel den Studierenden auch sozusagen signalisiert: Ich kümmere mich um euch, eure Interessen sind mir wichtig. Und dann plötzlich schicken Sie die Studierenden – das sind immerhin 800.000 an der Zahl – in die Warteschleife. Da könnte man doch den Eindruck bekommen, die liegen Ihnen nicht so sehr am Herzen, gerade dieser Teil der Studierenden.
Schavan: Nein, überhaupt nicht, denn erstens bedeutet ja Stipendienprogramm, auch hier muss erst ein Änderungsgesetz gemacht werden. Nirgends steht geschrieben, dass BAföG später kommt als die Stipendien. Das wird jetzt einfach mal behauptet. Nach der Sommerpause muss zweierlei geleistet werden: ein Änderungsgesetz für den Deutschen Bundestag, um einen anderen Finanzierungsschlüssel hinzubekommen, und Mitte September der Vermittlungsausschuss. Und ich werde wie eine Löwin kämpfen, dass genau das, was alle sagen, dass es wichtig ist, BAföG zu erhöhen, auch kommt, und dann schauen wir mal, wann das eine und wann das andere in Kraft tritt. Ich bleibe dabei: Ich bin auf der Seite der Studierenden, ich kämpfe für sie und ich brauche dafür auch die Mehrheit unter den Ländern.
Brinkmann: Mit welchen Bandagen werden Sie denn da kämpfen? Also ich meine, beim nationalen Stipendienprogramm haben Sie ja sozusagen den Länderanteil jetzt einfach mal so freiwillig übernommen – wären Sie denn da auch bereit, ja, bei den BAföG-Prozenten vielleicht noch mal auf die Länder ein Stück zuzukommen?
Schavan: Wir haben in vielen Bereichen – in der Hochschule, bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft und bei BAföG – Mischfinanzierung. Der Bund zahlt schon heute den deutlich höheren Anteil: 65 Prozent im Vergleich zu 35 Prozent der Länder. Und deshalb finde ich, dass da sehr grundsätzlich diskutiert werden muss, denn die Hochschulen – darauf legen die Länder großen Wert – sind Hochschulen der Länder. Deshalb ist mein erster Appell: Zieht euch da nicht raus! Denn indem ich bei dem Stipendienprogramm so reagiert habe, habe ich den Ländern die Chance zur Entlastung gegeben, und die sollten sie nutzen und jetzt springen, wenn es um BAföG geht.
Brinkmann: Apropos Rausziehen: Man konnte ja jetzt aktuell ganz gut auch mit dem Streit um das Ende der Medizinerausbildung in Lübeck beobachten, wie sich das Land Schleswig-Holstein da aus seiner Verantwortung stiehlt und wie Sie dann sozusagen über, ich nenne das mal einen Buchungstrick dann doch wieder eingeschaltet haben. Also der Bund als finanzielle Feuerwehr?
Schavan: Der Bund ist nicht die Sparkasse der Länder, das ist auch kein Buchungstrick, wir haben jetzt getan, was in anderen Ländern in den vergangenen Jahren auch geschehen ist – eine neue Trägerschaft für ein Forschungsinstitut, das geht, wo es Sinn macht, das wird aber nicht andauernd so gehen. Und deshalb muss klar sein: Der Bund setzt die Priorität bei Bildung und Forschung, die Länder müssen es auch. Nur so wird dieses Land die Basis für künftigen Wohlstand legen.
Brinkmann: In den vergangenen Monaten gab es ja einige Bildungsgipfel, wo man versucht hat, gerade auch die Ausgaben in dem Bildungssektor zu steigern. Da ist man aber nicht richtig vorangekommen. Wie wollen Sie diese Blockade jetzt lösen?
Schavan: Der Beschluss, dass wir auf zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und Forschung kommen wollen in den nächsten Jahren, steht, der ist ja nicht aufgehoben. Die Länder haben aber angesichts der Schwierigkeit in ihren Haushalten gesagt, wir können noch nicht sagen bis wann. Deshalb ist meine Devise: Wir bleiben gemeinsam dran, wir steigern, das muss sichtbar werden, in der Qualität, und dann werden wir spätestens am Ende der Legislaturperiode, also zur Mitte der Dekade eine Bilanz ziehen. Ich bin davon überzeugt, wir werden dann sehr viel näher an diesem Zehnprozentziel sein.