Tanya Lieske: Nick Hornby, Sie haben nun Ihren ersten Jugendroman geschrieben: „Slam“. Das ist ein Fachbegriff aus der Jugendsprache, was genau bedeutet Slam?
Nick Hornby: Slam ist ein sehr schwerer Sturz von einem Skateboard.
Lieske: Das bringt uns direkt in Ihren Roman, denn Ihr Protagonist Sam ist ein passionierter Skateboardfahrer.
Hornby: Das stimmt. Als mir die Idee zu diesem Buch kam, dachte ich, er sei ein Fußballfan und er würde sich in seinen Gedanken immer mit einem Fußballstar unterhalten. Aber dann schien mir das nicht mehr passend, denn man hat den Fußball ja jetzt auf allen Kanälen. Deswegen habe ich die Sache anders angelegt.
Lieske: Sie sind selbst ein großer Fußballfan, mussten Sie sich einarbeiten in die Kunst des Skateboardfahrens, um diesen Roman zu schreiben?
Hornby: Ich musste mich auf jeden Fall mit der Sprache vertraut machen, da gibt es jede Menge Jargon, Ausdrücke, die ich noch nie zuvor gehört hatte. Das hat mir sogar richtig gut gefallen, das bedeutet, dass ich als Autor sehr schnell eine sehr glaubwürdige Stimme finden konnte, indem ich die richtigen Ausdrücke verwandt habe.
Lieske: Sam ist in vieler Hinsicht eine neue Figur in Ihrem Universum. Sie haben davor Bücher geschrieben, in denen es meist männliche Hauptfiguren gibt, die in einer Endlosschleife stehen bleiben, die sehr lange Junggeselle sind, die sesshaft werden müssen. Diesmal ist es umgekehrt, Sam ist noch sehr jung und wird vorzeitig in ein Erwachsenenalter, in ein erwachsenes Thema hineinkatapultiert. War Ihnen diese Umkehrung bewusst?
Hornby: Nicht wirklich, ich habe es erst gemerkt, als man mich darauf hingewiesen hat. Aus meiner Warte liegt das alles schon eine ganze Weile zurück, diese Junggesellentypen. Ich habe meinen Roman „About a Boy“ 1998 veröffentlicht, und seither bin ich nicht mehr zu diesen Figuren zurückgekehrt. Meine nächsten Romane „How to be Good“ und „A Long Way Down“ handelten von ganz anderen Leuten. Ich hätte diesen Vergleich nicht gezogen, aber jetzt sehe ich selbst, dass es stimmt.
Lieske: Sam ist noch sehr jung, er ist 16 Jahre alt und wird Vater. Eine Teenageschwangerschaft, das ist in der Tat ein sehr brisantes Thema. In Europa gibt es die meisten Schwangerschaften unter 18 in Großbritannien, womit hängt das Ihrer Meinung nach zusammen?
Nick Hornby: Slam ist ein sehr schwerer Sturz von einem Skateboard.
Lieske: Das bringt uns direkt in Ihren Roman, denn Ihr Protagonist Sam ist ein passionierter Skateboardfahrer.
Hornby: Das stimmt. Als mir die Idee zu diesem Buch kam, dachte ich, er sei ein Fußballfan und er würde sich in seinen Gedanken immer mit einem Fußballstar unterhalten. Aber dann schien mir das nicht mehr passend, denn man hat den Fußball ja jetzt auf allen Kanälen. Deswegen habe ich die Sache anders angelegt.
Lieske: Sie sind selbst ein großer Fußballfan, mussten Sie sich einarbeiten in die Kunst des Skateboardfahrens, um diesen Roman zu schreiben?
Hornby: Ich musste mich auf jeden Fall mit der Sprache vertraut machen, da gibt es jede Menge Jargon, Ausdrücke, die ich noch nie zuvor gehört hatte. Das hat mir sogar richtig gut gefallen, das bedeutet, dass ich als Autor sehr schnell eine sehr glaubwürdige Stimme finden konnte, indem ich die richtigen Ausdrücke verwandt habe.
Lieske: Sam ist in vieler Hinsicht eine neue Figur in Ihrem Universum. Sie haben davor Bücher geschrieben, in denen es meist männliche Hauptfiguren gibt, die in einer Endlosschleife stehen bleiben, die sehr lange Junggeselle sind, die sesshaft werden müssen. Diesmal ist es umgekehrt, Sam ist noch sehr jung und wird vorzeitig in ein Erwachsenenalter, in ein erwachsenes Thema hineinkatapultiert. War Ihnen diese Umkehrung bewusst?
Hornby: Nicht wirklich, ich habe es erst gemerkt, als man mich darauf hingewiesen hat. Aus meiner Warte liegt das alles schon eine ganze Weile zurück, diese Junggesellentypen. Ich habe meinen Roman „About a Boy“ 1998 veröffentlicht, und seither bin ich nicht mehr zu diesen Figuren zurückgekehrt. Meine nächsten Romane „How to be Good“ und „A Long Way Down“ handelten von ganz anderen Leuten. Ich hätte diesen Vergleich nicht gezogen, aber jetzt sehe ich selbst, dass es stimmt.
Lieske: Sam ist noch sehr jung, er ist 16 Jahre alt und wird Vater. Eine Teenageschwangerschaft, das ist in der Tat ein sehr brisantes Thema. In Europa gibt es die meisten Schwangerschaften unter 18 in Großbritannien, womit hängt das Ihrer Meinung nach zusammen?
„Es ist angesagt, früh schwanger zu werden“
Hornby: Das ist eine sehr interessante Frage, und ich bin mir auch nicht ganz sicher, ob ich die Antwort kenne. Mit der mangelnden Verfügbarkeit von Verhütung oder Abtreibung kann es nichts zu tun haben, denn an beides kann man in England gut rankommen. Es gibt da eine sehr bedauerliche Modeerscheinung, es ist angesagt, früh schwanger zu werden. Und es mag auch etwas Berechnung mit im Spiel sein. Die Jugendlichen, die sonst keine Perspektive haben, denken, wenn sie ein Baby haben, dann bekommen sie mehr Geld, und der Staat wird ihnen bei der Wohnungssuche behilflich sein. Es gibt also mehrere Faktoren, die eine Rolle spielen.
Lieske: Aber keiner dieser Gründe trifft für Sam zu.
Hornby: Nein, manchmal passiert es eben auch zufällig. Es war ein Unfall, keine bewusste Entscheidung. Sams Freundin Alicia kommt aus der Mittelschicht, aber sie erfüllt nicht die Erwartung Ihrer Eltern. Aus ihr wird keine Akademikerin werden, und sie weiß, dass sie ihre Eltern damit enttäuscht. Sie schlägt also einen Weg ein, der in eine ganz andere Richtung läuft. Insofern geht es in diesem Buch auch sehr um Klassen und Schichten, mehr als in meinen früheren Büchern. Mich hat es interessiert, die unterschiedlichen Bedingungen in den beiden Familien zu untersuchen.
Lieske: Als deutsche Leser und Hörer sind wir immer vollkommen fasziniert von diesem Konzept der Klasse. In dieser Form und dieser Tradition und in dieser Stärke gibt es das einfach nicht in Deutschland. Ist das etwas, was auch Ihren Alltag bestimmt?
Hornby: Das alte Klassensystem in dieser Form existiert in England nicht mehr. Wenn ich von einer Klasse spreche, dann meine ich etwas, was es in jedem europäischen Land gibt. Ein Kind aus der Arbeiterschicht ohne Geld und ohne Ausbildung trifft ein Kind aus der Mittelschicht, und dann muss es einfach zu Komplikationen kommen. Diese Klassenprobleme findet man überall.
Lieske: Sehen Sie Teenageschwangerschaften als Problem einer bestimmten Schicht?
Hornby: Es sind vor allem die Kinder aus den unteren Schichten, die früh schwanger werden. Wenn ich mich an meine eigene Jugendzeit erinnere, da gab es für mich nichts Schrecklicheres als die Vorstellung, ich könnte eine Frau schwängern. Ich hatte Pläne, ich wollte zur Universität gehen. Wenn man früh ein Baby will, dann ist das ein Hinweis darauf, dass sich Menschen isoliert fühlen, sie wurden beiseite geschoben und können nicht mehr teilhaben am öffentlichen Leben, sie haben keine Hoffnung mehr für ihre Zukunft, und das finde ich sehr bedrückend.
Lieske: Sie führen ihre Hauptfigur Sam ja durch sehr viele Emotionen hindurch, durch den Schock, durch das langsame Erkennen, durch das Annehmen der Situation, und schließlich hin zu so etwas wie einen neuen Lebensmut. Ich glaube, Sie sind da sehr realistisch. Wie haben Sie recherchiert?
Lieske: Aber keiner dieser Gründe trifft für Sam zu.
Hornby: Nein, manchmal passiert es eben auch zufällig. Es war ein Unfall, keine bewusste Entscheidung. Sams Freundin Alicia kommt aus der Mittelschicht, aber sie erfüllt nicht die Erwartung Ihrer Eltern. Aus ihr wird keine Akademikerin werden, und sie weiß, dass sie ihre Eltern damit enttäuscht. Sie schlägt also einen Weg ein, der in eine ganz andere Richtung läuft. Insofern geht es in diesem Buch auch sehr um Klassen und Schichten, mehr als in meinen früheren Büchern. Mich hat es interessiert, die unterschiedlichen Bedingungen in den beiden Familien zu untersuchen.
Lieske: Als deutsche Leser und Hörer sind wir immer vollkommen fasziniert von diesem Konzept der Klasse. In dieser Form und dieser Tradition und in dieser Stärke gibt es das einfach nicht in Deutschland. Ist das etwas, was auch Ihren Alltag bestimmt?
Hornby: Das alte Klassensystem in dieser Form existiert in England nicht mehr. Wenn ich von einer Klasse spreche, dann meine ich etwas, was es in jedem europäischen Land gibt. Ein Kind aus der Arbeiterschicht ohne Geld und ohne Ausbildung trifft ein Kind aus der Mittelschicht, und dann muss es einfach zu Komplikationen kommen. Diese Klassenprobleme findet man überall.
Lieske: Sehen Sie Teenageschwangerschaften als Problem einer bestimmten Schicht?
Hornby: Es sind vor allem die Kinder aus den unteren Schichten, die früh schwanger werden. Wenn ich mich an meine eigene Jugendzeit erinnere, da gab es für mich nichts Schrecklicheres als die Vorstellung, ich könnte eine Frau schwängern. Ich hatte Pläne, ich wollte zur Universität gehen. Wenn man früh ein Baby will, dann ist das ein Hinweis darauf, dass sich Menschen isoliert fühlen, sie wurden beiseite geschoben und können nicht mehr teilhaben am öffentlichen Leben, sie haben keine Hoffnung mehr für ihre Zukunft, und das finde ich sehr bedrückend.
Lieske: Sie führen ihre Hauptfigur Sam ja durch sehr viele Emotionen hindurch, durch den Schock, durch das langsame Erkennen, durch das Annehmen der Situation, und schließlich hin zu so etwas wie einen neuen Lebensmut. Ich glaube, Sie sind da sehr realistisch. Wie haben Sie recherchiert?
" Ich habe geschrieben, was ich aufschreiben wollte.“
Hornby: Ich habe nicht wirklich recherchiert. Ich habe geschrieben, was ich aufschreiben wollte. So etwas passiert da draußen jeden Tag in so vielen Facetten, dass die Geschichte in jedem Fall stimmen würde. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied zu den anderen Problemen, die Teenager haben, zum Flatrate-Trinken oder zur Heroinsucht, und das ist der folgende: Wenn man ein Kind bekommt, dann wirkt das wie eine Erlösung. Auch wenn man das Kind nicht gewollt hat, empfindet das doch jeder, der Vater oder Mutter wird. Die Umstände sind dann egal. Wenn man das eigene Kind zum ersten Mal sieht, gibt es diese ungeheure emotionale Verbindung. Also war es gar nicht so schwer, einen positiven Grundton zu finden.
Lieske: Gab es auch so ein Element, dass Sie den jungen Leuten die Augen öffnen wollten?
Hornby: Nein, Autoren sollten in ihren Büchern keine Warnungen aussprechen. Ich wollte einfach nur realistisch sein, und ich wollte so viele emotionale Schattierungen wie möglich anbieten. Trotzdem glaube ich nicht, dass man dieses Buch zu Ende lesen kann und dann noch der Meinung ist, es sei eine tolle Idee, möglichst früh ein Kind zu bekommen.
Lieske: Slam ist ihr erstes Jugendbuch, wie kamen Sie dazu?
Hornby: Wissen Sie, ich bin mir immer noch nicht so ganz sicher, ob es ein Buch für junge Leser ist. Ich wollte über eine junge Figur schreiben, das habe ich ja auch in „About a Boy“ getan. Die Hälfte dieses Buchs ist aus der Perspektive eines Zwölfjährigen erzählt. Ich wollte einfach über ihn schreiben, aber das macht es noch nicht zu einem Jugendbuch.
Lieske: In Ihrer Art zu schreiben sind Sie sehr im Alltag verhaftet. Man findet eine sehr mündliche Sprache mit Redundanzen und Slang. Gab es jemals den Impuls, das Feld der Unterhaltungsliteratur zu verlassen, das Sie ja schon seit Jahren sehr erfolgreich besetzen?
Hornby: Bislang hatte ich nicht den Wunsch, etwas anderes zu versuchen. Ich schreibe ja auch Essays und Kritiken, und vielleicht war auch mein erstes Buch „Fever Pitch“ etwas kunstvoller angelegt. Dann gibt es eine Kolumne, die ich für den New Yorker schreibe, und meine Essaysammlung „31 Songs“, das ist dann schon in einer anderen Stimme verfasst. Diese Sachtexte geben mir eine Balance, da kann ich meine anderen Qualitäten anbringen. Aber in meinen fiktionalen Texten will ich die Sprache verwenden, die meine Figuren sprechen.
Lieske: Finden Sie sich wieder in diesen Figuren?
Hornby: Ja, das ist unausweichlich – besonders bei diesem Buch. Um in Sams Kopf zu kommen, musste ich mich zurückdenken in das Jahr 1973, als ich 16 Jahre alt war, und ich musste mir vorstellen, was so etwas bei mir ausgelöst hätte.
Lieske: Sie haben auch eine ganz große Nähe zum Film, zur Popmusik, wie hat das Ihr Schreiben beeinflusst?
Hornby: Ich denke, alles, was ich konsumiere, beeinflusst mein Schreiben. Bücher, die ich gelesen und geliebt habe, haben mich beeinflusst, aber warum sollten nicht auch Regisseure wie Preston Sturges oder Martin Scorsese Bücher schreiben? Die Zeiten sind vorbei, in denen nur Bücher Bücher beeinflusst haben.
Lieske: Was bedeutet Musik für Ihre Schreiben?
Lieske: Gab es auch so ein Element, dass Sie den jungen Leuten die Augen öffnen wollten?
Hornby: Nein, Autoren sollten in ihren Büchern keine Warnungen aussprechen. Ich wollte einfach nur realistisch sein, und ich wollte so viele emotionale Schattierungen wie möglich anbieten. Trotzdem glaube ich nicht, dass man dieses Buch zu Ende lesen kann und dann noch der Meinung ist, es sei eine tolle Idee, möglichst früh ein Kind zu bekommen.
Lieske: Slam ist ihr erstes Jugendbuch, wie kamen Sie dazu?
Hornby: Wissen Sie, ich bin mir immer noch nicht so ganz sicher, ob es ein Buch für junge Leser ist. Ich wollte über eine junge Figur schreiben, das habe ich ja auch in „About a Boy“ getan. Die Hälfte dieses Buchs ist aus der Perspektive eines Zwölfjährigen erzählt. Ich wollte einfach über ihn schreiben, aber das macht es noch nicht zu einem Jugendbuch.
Lieske: In Ihrer Art zu schreiben sind Sie sehr im Alltag verhaftet. Man findet eine sehr mündliche Sprache mit Redundanzen und Slang. Gab es jemals den Impuls, das Feld der Unterhaltungsliteratur zu verlassen, das Sie ja schon seit Jahren sehr erfolgreich besetzen?
Hornby: Bislang hatte ich nicht den Wunsch, etwas anderes zu versuchen. Ich schreibe ja auch Essays und Kritiken, und vielleicht war auch mein erstes Buch „Fever Pitch“ etwas kunstvoller angelegt. Dann gibt es eine Kolumne, die ich für den New Yorker schreibe, und meine Essaysammlung „31 Songs“, das ist dann schon in einer anderen Stimme verfasst. Diese Sachtexte geben mir eine Balance, da kann ich meine anderen Qualitäten anbringen. Aber in meinen fiktionalen Texten will ich die Sprache verwenden, die meine Figuren sprechen.
Lieske: Finden Sie sich wieder in diesen Figuren?
Hornby: Ja, das ist unausweichlich – besonders bei diesem Buch. Um in Sams Kopf zu kommen, musste ich mich zurückdenken in das Jahr 1973, als ich 16 Jahre alt war, und ich musste mir vorstellen, was so etwas bei mir ausgelöst hätte.
Lieske: Sie haben auch eine ganz große Nähe zum Film, zur Popmusik, wie hat das Ihr Schreiben beeinflusst?
Hornby: Ich denke, alles, was ich konsumiere, beeinflusst mein Schreiben. Bücher, die ich gelesen und geliebt habe, haben mich beeinflusst, aber warum sollten nicht auch Regisseure wie Preston Sturges oder Martin Scorsese Bücher schreiben? Die Zeiten sind vorbei, in denen nur Bücher Bücher beeinflusst haben.
Lieske: Was bedeutet Musik für Ihre Schreiben?
" Ohne Musik könnte ich nicht arbeiten“
Hornby: Musik war für mich immer so etwas wie ein Treibstoff, ich nehme die Musik auf und sie verwandelt sich in Worte. Ohne Musik könnte ich nicht arbeiten.
Lieske: Hören Sie auch Musik, wenn Sie schreiben?
Hornby: Nein, während des Schreibens kann ich keine Musik hören. Dazu brauche ich Stille.
Lieske: Wenn Sie schreiben, läuft das Filmskript immer schon mit? Denn viele Romane wurden ja adaptiert für einen Film, für ihren letzten Roman „A Long Way Down“ hat Johnny Depp die Filmrechte erworben.
Hornby: Ich glaube nicht, dass meine Bücher so leicht zu verfilmen sind. Es sieht so aus, denn es gibt ja sehr viele Dialoge, aber wenn man genauer hinsieht, dann erkennt man, dass sich das meiste in den Köpfen der Figuren abspielt. Ein Großteil der Handlung besteht darin, dass Leute reden und Entscheidungen fällen müssen. Und das ist gar nicht so cinematografisch, wie es aussieht. Ich habe meine Bücher als Bücher geschrieben, und ich glaube, die Filmadaptionen sind schwieriger, als es scheint. Auf jeden Fall zieht es sich ganz schön hin mit den Filmen zu „A Long Way Down“ und „How to be Good“.
Lieske: In der Filmmusik kommen Ihre verschiedenen Vorlieben zusammen, schauen Sie sich diesen Prozess genau an, und sind sie daran beteiligt?
Hornby: Ich beteilige mich an den Diskussionen. Aber der Film ist ein sehr kollektives Medium, und ich bin dann ein Mitglied in einem Team von elf oder zwölf Leuten. Ich habe eine Stimme, aber der Prozess läuft demokratisch, und so sollte es auch sein. Letztlich verstehe ich ja gar nicht genug vom Filmemachen, um irgendwelche Anweisungen zu geben. Film ist ein ganz eigenes Medium.
Lieske: Sie haben einen Essay geschrieben, der mich sehr berührt hat. In diesem Essay beschreiben Sie, wie die Filmmusik zu „About a Boy“ für Sie eine ganz persönliche Note bekam, wie sich der kreative Prozess sozusagen potenziert hat. Was war da los?
Hornby: Der Vorschlag, die Band „Badly Drawn Boys“ zu nehmen und sie die Filmmusik schreiben zu lassen, war von dem Regisseur gekommen. Aber mir hat die Musik sehr gut gefallen, und ich hätte der Band den Rücken gestärkt, falls es zu einer Auseinandersetzung gekommen wäre, denn die betreffende Person hatte noch nie einen Soundtrack geschrieben. Er schrieb einen Song, der heißt: „A minor incident“, und der erinnerte mich sehr an meinen eigenen Sohn Danny. Danny war damals sieben oder acht Jahre alt, und es war die Zeit, in der mir klar wurde, dass Danny ein autistisches Kind ist. Die Figur des Markus in dem Film und mein Sohn, das sind zwei ganz verschiedene Leute. Und doch passt der Song, er trifft auf sie beide zu, und das ist schon sehr interessant. Es gibt da diesen kreativen Funken, er fliegt über zu jemand anderem, der macht seine eigene Arbeit, und die hat dann wiederum Bedeutung für mich.
Lieske: Diese Erfahrung, die Verantwortung zu haben für einen Menschen, der sein ganzes Leben lang sehr hilfsbedürftig sein wird, wie hat das Ihr Schreiben verändert?
Hornby: Ich musste ganz schnell Geld verdienen. Mein Schreiben hat sich dadurch nicht so sehr verändert. Höchstens insofern, als dass mir die moralische Tragweite meiner Geschichten wichtiger geworden ist, die Frage, was schulden wir den anderen?
Lieske: Sie drängen Ihre Figuren dazu, immer mehr soziale Verantwortung zu übernehmen. Einer ihrer letzten Romane heißt sogar: „How to be Good“.
Hornby: Mich interessiert diese Frage sehr. Meine jüngeren Romane drehen sich genau um diesen Punkt, was sind wir den anderen schuldig, die wir noch nicht einmal kennen? Es ist doch klar, dass man sich um seine eigene Familie kümmert. Aber was ist mit denen, die gerade ein ganz kleines Stück außerhalb stehen? Oder die ganz weit weg sind von uns? Welche Verantwortung haben wir für diese Menschen? Also habe ich Figuren erfunden, die sich mit diesem Problem rumschlagen. „How to be Good“ und „A Long Way Down“ drehen sich genau um diese Frage.
Lieske: Nick Hornby, diese Bücher sind auch unheimlich komisch. Was bedeutet die Komik auch für Sie persönlich?
Hornby: Mein Humor gehört ganz einfach zu mir. Ich kann jetzt gar nicht sagen, woher ich meinen Humor habe. Ich muss mir auch keine Sorgen darüber machen, woher wohl die nächste Pointe kommt, es ist eher genau umgekehrt, ich muss die ernsteren Passagen zufrieden lassen, damit sie atmen können, damit ich sie nicht mit Witzen überfrachte.
Lieske: Sie sind Jahrgang 1957, und Sie sind so etwas wie der Porträtist Ihrer Generation. Die ist in der Mittelschicht verhaftet, hat keine ökonomischen Probleme. Sie kann sich sehr viel Individualismus leisten, hat vielleicht auch noch die Ausläufer der 68er mitbekommen, wie würden Sie das Lebensgefühl dieser Generation beschreiben?
Hornby: Ich glaube, meine Generation steckt fest zwischen ganz verschiedenen Positionen. Wir gehören nicht zu den 68ern, wir sind zu jung, ich war damals gerade elf. Ich glaube, für mich war der Punk das ausschlaggebende Erlebnis. Ich war damals 19, und die Philosophie des „Do it yourself“ ist ja typisch für den Punk, das hat mich sehr geprägt. Dann kamen die Thatcher-Jahre, und dann die letzten zehn Jahre mit Tony Blair. Die haben zu einer großen Desillusionierung mit der Politik geführt, denn diese Regierung war so sehnlichst erwartet worden, aber wir hatten uns das ganz anders vorgestellt. Wir fühlen uns jetzt zwar desillusioniert, aber nicht ohnmächtig.
Lieske: Wenn man sich Ihre Bücher anguckt, da spricht trotzdem ein Optimist, woher kommt der Ton?
Lieske: Hören Sie auch Musik, wenn Sie schreiben?
Hornby: Nein, während des Schreibens kann ich keine Musik hören. Dazu brauche ich Stille.
Lieske: Wenn Sie schreiben, läuft das Filmskript immer schon mit? Denn viele Romane wurden ja adaptiert für einen Film, für ihren letzten Roman „A Long Way Down“ hat Johnny Depp die Filmrechte erworben.
Hornby: Ich glaube nicht, dass meine Bücher so leicht zu verfilmen sind. Es sieht so aus, denn es gibt ja sehr viele Dialoge, aber wenn man genauer hinsieht, dann erkennt man, dass sich das meiste in den Köpfen der Figuren abspielt. Ein Großteil der Handlung besteht darin, dass Leute reden und Entscheidungen fällen müssen. Und das ist gar nicht so cinematografisch, wie es aussieht. Ich habe meine Bücher als Bücher geschrieben, und ich glaube, die Filmadaptionen sind schwieriger, als es scheint. Auf jeden Fall zieht es sich ganz schön hin mit den Filmen zu „A Long Way Down“ und „How to be Good“.
Lieske: In der Filmmusik kommen Ihre verschiedenen Vorlieben zusammen, schauen Sie sich diesen Prozess genau an, und sind sie daran beteiligt?
Hornby: Ich beteilige mich an den Diskussionen. Aber der Film ist ein sehr kollektives Medium, und ich bin dann ein Mitglied in einem Team von elf oder zwölf Leuten. Ich habe eine Stimme, aber der Prozess läuft demokratisch, und so sollte es auch sein. Letztlich verstehe ich ja gar nicht genug vom Filmemachen, um irgendwelche Anweisungen zu geben. Film ist ein ganz eigenes Medium.
Lieske: Sie haben einen Essay geschrieben, der mich sehr berührt hat. In diesem Essay beschreiben Sie, wie die Filmmusik zu „About a Boy“ für Sie eine ganz persönliche Note bekam, wie sich der kreative Prozess sozusagen potenziert hat. Was war da los?
Hornby: Der Vorschlag, die Band „Badly Drawn Boys“ zu nehmen und sie die Filmmusik schreiben zu lassen, war von dem Regisseur gekommen. Aber mir hat die Musik sehr gut gefallen, und ich hätte der Band den Rücken gestärkt, falls es zu einer Auseinandersetzung gekommen wäre, denn die betreffende Person hatte noch nie einen Soundtrack geschrieben. Er schrieb einen Song, der heißt: „A minor incident“, und der erinnerte mich sehr an meinen eigenen Sohn Danny. Danny war damals sieben oder acht Jahre alt, und es war die Zeit, in der mir klar wurde, dass Danny ein autistisches Kind ist. Die Figur des Markus in dem Film und mein Sohn, das sind zwei ganz verschiedene Leute. Und doch passt der Song, er trifft auf sie beide zu, und das ist schon sehr interessant. Es gibt da diesen kreativen Funken, er fliegt über zu jemand anderem, der macht seine eigene Arbeit, und die hat dann wiederum Bedeutung für mich.
Lieske: Diese Erfahrung, die Verantwortung zu haben für einen Menschen, der sein ganzes Leben lang sehr hilfsbedürftig sein wird, wie hat das Ihr Schreiben verändert?
Hornby: Ich musste ganz schnell Geld verdienen. Mein Schreiben hat sich dadurch nicht so sehr verändert. Höchstens insofern, als dass mir die moralische Tragweite meiner Geschichten wichtiger geworden ist, die Frage, was schulden wir den anderen?
Lieske: Sie drängen Ihre Figuren dazu, immer mehr soziale Verantwortung zu übernehmen. Einer ihrer letzten Romane heißt sogar: „How to be Good“.
Hornby: Mich interessiert diese Frage sehr. Meine jüngeren Romane drehen sich genau um diesen Punkt, was sind wir den anderen schuldig, die wir noch nicht einmal kennen? Es ist doch klar, dass man sich um seine eigene Familie kümmert. Aber was ist mit denen, die gerade ein ganz kleines Stück außerhalb stehen? Oder die ganz weit weg sind von uns? Welche Verantwortung haben wir für diese Menschen? Also habe ich Figuren erfunden, die sich mit diesem Problem rumschlagen. „How to be Good“ und „A Long Way Down“ drehen sich genau um diese Frage.
Lieske: Nick Hornby, diese Bücher sind auch unheimlich komisch. Was bedeutet die Komik auch für Sie persönlich?
Hornby: Mein Humor gehört ganz einfach zu mir. Ich kann jetzt gar nicht sagen, woher ich meinen Humor habe. Ich muss mir auch keine Sorgen darüber machen, woher wohl die nächste Pointe kommt, es ist eher genau umgekehrt, ich muss die ernsteren Passagen zufrieden lassen, damit sie atmen können, damit ich sie nicht mit Witzen überfrachte.
Lieske: Sie sind Jahrgang 1957, und Sie sind so etwas wie der Porträtist Ihrer Generation. Die ist in der Mittelschicht verhaftet, hat keine ökonomischen Probleme. Sie kann sich sehr viel Individualismus leisten, hat vielleicht auch noch die Ausläufer der 68er mitbekommen, wie würden Sie das Lebensgefühl dieser Generation beschreiben?
Hornby: Ich glaube, meine Generation steckt fest zwischen ganz verschiedenen Positionen. Wir gehören nicht zu den 68ern, wir sind zu jung, ich war damals gerade elf. Ich glaube, für mich war der Punk das ausschlaggebende Erlebnis. Ich war damals 19, und die Philosophie des „Do it yourself“ ist ja typisch für den Punk, das hat mich sehr geprägt. Dann kamen die Thatcher-Jahre, und dann die letzten zehn Jahre mit Tony Blair. Die haben zu einer großen Desillusionierung mit der Politik geführt, denn diese Regierung war so sehnlichst erwartet worden, aber wir hatten uns das ganz anders vorgestellt. Wir fühlen uns jetzt zwar desillusioniert, aber nicht ohnmächtig.
Lieske: Wenn man sich Ihre Bücher anguckt, da spricht trotzdem ein Optimist, woher kommt der Ton?
„Ich bin ein Pessimist“
Hornby: Mein Optimismus ist immer etwas untergraben, es ist ein gedämpfter Optimismus, und so enden ja auch die meisten meiner Romane. Ich glaube, ich versuche mir den Optimismus selbst schönzureden, denn von Natur aus bin ich gar nicht optimistisch.
Lieske: Was sind Sie dann?
Hornby: Ich bin ein Pessimist . Aber ich lasse mich davon nicht gerne treiben, also arbeite ich so viel Optimismus wie möglich in meine Bücher ein. Das hilft mir selbst.
Lieske: Nick Hornby, danke für das Gespräch.
Lieske: Was sind Sie dann?
Hornby: Ich bin ein Pessimist . Aber ich lasse mich davon nicht gerne treiben, also arbeite ich so viel Optimismus wie möglich in meine Bücher ein. Das hilft mir selbst.
Lieske: Nick Hornby, danke für das Gespräch.