Eine klare Perspektive beim Brexit und eine zumindest teilweise Einigung zwischen China und den USA im Handelskonflikt haben den ifo zum Jahresende ein wenig in die Höhe getrieben.
"Das ist ein positiver Jahresabschluss nach einem doch turbulenten Jahr und eigentlich einer doch sehr schlechten Stimmung in der Wirtschaft. Nun ist die Frage: Ist das wirklich ein Durchatmen oder ist das schon Anzeichen für den bevorstehenden Aufschwung? Ich habe eher das Gefühl, dass es so ein Stoßseufzer ist – es konnte nicht mehr schlechter gehen. Wenn wir uns die harten Indikatoren ansehen, in der Industrie, dann gibt es sicher noch gar keine Zeichen, die für Aufschwung stehen", sagt ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski.
Das zeigt auch der ifo-Index selbst. Denn in der Industrie sind die Umfragewerte im Vergleich zu November gefallen, dort hat sich die Stimmung also weiter eingetrübt.
Lichtblicke mit und ohne Einschränkung
Handel und Baugewerbe bewerten ihre aktuelle Lage noch als gut. Allerdings blicken sie etwas pessimistischer in die Zukunft. Im Dienstleistungssektor dagegen stieg der Index auf den höchsten Wert seit einem halben Jahr.
"Wir haben eine deutlich zweigeteilte Volkswirtschaft aktuell in Deutschland: Wir haben einen Konsum, der stark ist, den Einzelhandel. Also alles, was aufs Inland gerichtet ist, brummt weiter und guckt doch wieder optimistischer in die Zukunft. Gleichzeitig haben wir die exportabhängige Industrie, die natürlich leidet unter der globalen Abkühlung und den Handelskrieg".
Zentrale Wirtschaftsbereiche leiden
Die für die hiesige Wirtschaft wichtige Autoindustrie steckt inmitten einer starken Transformation hin zu alternativen Antriebstechniken; gleichzeitig hat durch die weltwirtschaftliche Abkühlung die Nachfrage aus Ländern wie China nachgelassen. China ist der mittlerweile wichtigste Auto-Absatzmarkt der Welt. In Folge verspüren auch andere zentrale Wirtschaftsbranchen wie die chemische Industrie und die Maschinenbauer Rückgänge von Aufträgen und damit der Produktion. Im dritten Quartal war die deutsche Wirtschaft mit einem minimalen Wachstum nur knapp einer Rezession entgangen. Die sehen Volkswirte gegeben, wenn die Wirtschaft in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen schrumpft. Die chinesische wie auch die globale Wirtschaft wiederum haben sich abgekühlt - auch wegen der Handelskonflikte, vor allem dem zwischen den USA und China.
Droht eine neue Schärfe im Handelskonflikt der EU mit den USA?
Zwar haben die in einem ersten Schritt gerade eine Teileinigung erreicht. Für die künftigen Monate aber wird entscheidend sein, ob sich die beiden weltgrößten Volkswirtschaften weiter aufeinander zubewegen oder nicht. Und ob vielleicht Europa verstärkt in den Fokus des US-Präsidenten gerät.
"Da muss man eine Münze werfen, ob er vor den Präsidentschaftswahlen noch einmal diesen Handelsstreit anzettelt mit Europa oder nicht. Ich denke eher nein. Weil er damit wenig gewinnen kann. Er wird sich jetzt mit dem Phase-1-Deal profilieren können als der Macher und wird dann diesen Handelsstreit mit Europa eher nach einer wieder gewonnenen Wahl anzetteln".
Doch sicher ist das eben nicht. Die Unsicherheit wird die deutsche und die globale Wirtschaft auch im kommenden Jahr also weiter begleiten. David Kohl, Chefvolkswirt der Schweizer Privatbank Julius Bär:
"Die Risiken sind auf jeden Fall da. Vielleicht die gute Nachricht ist, dass die meisten Risiken gut verstanden werden, vor allem wenn wir von der Finanzmarkt-Perspektive schauen. Nehmen wir den Handelskrieg, nehmen wir den Brexit; da wurde viel darüber geschrieben und analysiert, wenn es um die Finanzmärkte geht. Für die Wirtschaft selbst bleibt es natürlich ein Unsicherheitsfaktor, vor allem die Unsicherheit ist etwas, was die Wirtschaft belasten könnte in der Zukunft".
In den kommenden Monaten also wird sich zeigen, ob der aufgehellte ifo-Geschäftsklimaindex zum Jahresende die Wende zum Besseren ist – oder die Unsicherheit zu einem noch stärkeren Einbruch in der Industrie führt.