Gut 2,2 Millionen Mitglieder hat die IG Metall nun. Im vorigen Jahr sind 0,2 Prozent hinzugekommen. Die Beiträge sind deutlich stärker um 3,4 Prozent gestiegen. Hauptkassierer Jürgen Kerner hat wie immer ein Gutteil in die Rücklagen gesteckt und kann so den Kollegen, die mitten in Tarifverhandlungen stecken, den Rücken stärken: "Die IG Metall ist finanziell gut aufgestellt und jederzeit handlungsfähig."
Soll heißen: Streik wären finanziell kein Problem. Aber es sieht nicht nach Streik aus. 5,5 Prozent mehr Lohn hat die IG Metall in der vorige Woche angelaufenen Runde gefordert, dazu mehr Alters- und vor allem mehr Bildungsteilzeit: Bezahlte Arbeitszeit also, in der die Mitarbeiter sich fortbilden sollen. Die Arbeitgeber sagen zwar, sie gäben schon genug Geld dafür aus. Aber die IG Metall beharrt auf ihrer Forderung, will vor allem über die Bildungsteilzeit mitbestimmen. Das wäre neu. Diese Machtfrage hat die Gewerkschaft aber gestellt. Und Jörg Hofmann, der für die Tarifpolitik zuständige zweite Vorsitzende, will hart bleiben, gibt sich dennoch optimistisch:
"Wir werden es schaffen, auch dieses Jahr ohne Urabstimmung und Streik zu einem Ergebnis zu kommen. Damit ist aber auch notwendig, dass sich Bewegung am Verhandlungstisch auf der Arbeitgeberseite in die richtige Richtung zeigt."
Warnstreiks und andere Scharmützel, wie vorige Woche schon in Thüringen erlebt, seien aber vom 29. Januar an bundesweit möglich.
Auch in Zukunft keine tariffreien Räume
Das kurzfristige Tarifgeschäft geht also routiniert seinen Gang. Was die IG Metall in der Zukunft umtreibt, sind die sich dramatisch ändernden Geschäftsprozesse in der Industrie. Versand, Gebäudeinstandhaltung und Kantinenbetrieb gehen an selbstständige Unternehmen. Externe Ingenieurbüros übernehmen die Entwicklungsarbeit. Damit wird der einheitliche Metalltarif infrage gestellt. Die Gewerkschaft passe sich dem an, wolle aber tariffreie Räume nicht zulassen:
"Facility Management wird sicherlich anders bezahlt werden als jemand, der in der Automobilindustrie arbeitet. Es kann aber auch sein, dass es Tarifverträge gibt, die natürlich Metall- und Elektroindustrie betreffen oder vielleicht sogar noch höher sind. Ich sag mal das Stichwort "Entwicklungsdienstleister". Das heißt, da gibt es keine klare, einheitliche Antwort. Sondern deswegen sprechen wir von einem System von IG-Metall-Tarifverträgen, das auf die unterschiedlichen Realitäten eine entsprechende Antwort gibt," sagt Detlef Wetzel, der erste Vorsitzende der IG Metall. Ihm ist klar, dass dann auch Arbeitsbereiche entstehen, in der bisher die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Tarifverhandlungen führte. Ja, sagt Wetzel, das könne zum Konflikt führen.
"Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir im DGB auch eine Lösung finden. Das dauert manchmal seine Zeit. Aber ich bin ganz sicher, dass wir insgesamt in Deutschland eine vernünftige Lösung finden für die Fälle, wo es möglicherweise zurzeit unterschiedliche Meinungen zu gibt."
Sonst gehe die Geschichte über die Gewerkschaften hinweg.