Berlin, 1977. Wir tauchen ein in den Kosmos einer wilden, kreativen Zeit. In der Mitte der Bühne ein Kubus, der unten Tonstudio, oben Arena für David Bowie ist. Mit roten, glatt gegelten Haaren und im spacigen Kostüm singt der von seiner Kunstfigur Major Tom. Unten flimmern bunte Leuchtreklamen der 70er Jahre vorbei, davor räkelt sich Iggy Pop mit nacktem Oberkörper. Für den Regisseur des Stückes, Sascha Hawemann, eine Erinnerung an seine eigene Jugend.
"Ich bin zwar Jahrgang 66, aber 77 bin ich in Ost-Berlin aufgewachsen, habe die Mauer gesehen, mit ihr gelebt, bin dann 1980, also drei Jahre später, schon Punk geworden, also ich habe sozusagen relativ früh mich sozialisiert und eigentlich ist auch Iggy Pop etwas sehr autobiographisch Geprägtes."
Flucht nach Berlin, in die Kreativität
Zusammen mit Johannes Kirsten, Dramaturg am Schauspiel Hannover und ebenfalls in Berlin aufgewachsen, hat Sascha Hawemann die Künstlerfreundschaft von Iggy Pop von David Bowie zum Theaterstück gemacht. Dabei kreist alles um die Zeit, in der beide nach Berlin flüchten, um sich neu zu erfinden: Iggy, um nicht an Drogen zu krepieren, Bowie, um nicht in Rockstarattitüden zu erstarren. Neustart in Europas kaltem Herzen statt intellektuellem und physischem Tod in L.A.
"Die Mauer, der kalte Krieg schufen eine großartige Insel, Schöneberg, die rote Insel, ist a-no-nym, ich bin a-no-nym, glücklich.."
Carolin Haupt gibt wunderbar androgyn den spacigen Bowie, Hagen Oechel ist die perfekte Kopie des gegenwärtigen Iggy Pop, mit strähnigen, langen Haaren und freiem Oberkörper. Wie ein Geist aus dem Heute taucht er immer wieder auf, wenn drei Kopien des 70er-Jahre Iggys die Zeit Revue passieren lassen: Besuch in Stammheim, Treffen mit Heiner Müller, Günter Grass, der sich mit Thomas Brasch unterhält. Stationen der Zeitgeschichte werden zu Spielszenen.
"The Passenger" unterwegs zu Kleist
"Passenger ist entstanden, weil Iggy Pop halt jedes Wochenende an den Wannsee gefahren ist zum Grab von Heinrich von Kleist. Und dann geht die Phantasie los, zu sagen: Was ist denn das? Also da fährt er mit dieser S-Bahn da hin, zum Kleist, liest seine Kleistliteratur, und dann entsteht dann zwangsläufig irgendwann eine Idee zu sagen: Die müssen sich begegnen, das muss eine Szene geben."
Tontechniker: Also ich fand das schon erstaunlich, wie der Iggy und der David das hingekriegt haben, so ganz ohne Drogen, das war schon doll.
Iggy: Kann ja auch sein, dass das Koks dabei manchmal n´bisschen geholfen hat, Ede.
Iggy: Kann ja auch sein, dass das Koks dabei manchmal n´bisschen geholfen hat, Ede.
Die Aufnahmen zu "Fall in Love with me" für das Berliner Studioalbum "Lust vor Life" in den legendären Hansa-Studios mit Blick auf die Berliner Mauer: Iggy am Mikro, Bowie als Produzent. Als Band: das gesamte Theater-Ensemble und Multiinstrumentalist Tim Golla im Einsatz. Komponierte Soundatmosphären und Originaltitel all der Hits von Iggy und Bowie, an einer der Gitarren der Schauspieler Silvester von Hösslin:
"Was ich schon sehr interessant finde, dass er eigentlich der Erste war - der erste Rock´n´Roller, der erste Punk und dass er so etwas wie Stagediving erfunden hat, dass er einfach so das erfunden hat: Rock ’n’ Roll kann eigentlich nie weniger sein, es geht eigentlich immer ums Leben, es gibt eigentlich immer 100 Prozent, er räumt den Schrank eigentlich immer aus."