"Ich bin Vater einer 14-jährigen Tochter, die geht aufs Gymnasium." – "Ich hab zwei 13-jährige Jungs, die jetzt in der Schule bald die Entscheidung treffen sollten, müssen, können: was möchten sie tun." – "Will beim Papa im Betrieb einsteigen, ich weiß aber noch nicht, ob das das Richtige ist."
Eltern. Rund 30 von ihnen sind hier versammelt im Bildungszentrum der IHK Köln. Weil sie nur eines wollen: Das Beste fürs Kind.
"Die Kinder orientieren sich an den Eltern, die fragen mich auch immer mal wieder, was machst du eigentlich? Und meine Antwort war: Ich transportiere Wattestäbchen aus Frankreich nach Deutschland."
Eltern informieren sich über Karrierechancen der Kinder
Simon Krüsi arbeitet als Disponent in der Logistik und hat zwei 13-jährige Söhne und will sich heute Abend über das duale Ausbildungssystem informieren – als gebürtiger Schweizer ist das Neuland für ihn.
"Ich sage immer, hätte ich was Anständiges gelernt, müsste ich nicht diesen Job machen."
Wer heute Abend nicht da ist: Kinder. Der Nachwuchs der anwesenden Eltern ist zwischen 13 und 17 Jahren alt und glänzt durch Abwesenheit, aber schließlich ist das hier auch ein Elternabend.
"Der Sohn ist 14 und er sagte zu mir, er wünscht mir nen interessanten Abend."
Ist das notwendig, dass Eltern sich über die Karrierechancen ihrer Kinder in der dualen Berufsausbildung informieren – und nicht etwa die Kinder selbst? Offenbar ja – denn das Konzept ist erfolgreich und sorgt regelmäßig für ein volles Haus. Viele Eltern haben das Gefühl, sie müssten aktiv werden. Mein Kind hat nur Fußball im Kopf, mein Sohn hängt nur vor der Konsole, die Hände von meiner Tochter kleben am Handy – Eltern eben.
Teilnehmer: "Mein Sohn, 17 ist gerade dabei, dass Gymnasium zu crashen."
Teilnehmerin: "Ich brauch ein Update zu den Berufsgruppen, welche Berufe es gibt, außer Youtuber."
Teilnehmerin: "Ich brauch ein Update zu den Berufsgruppen, welche Berufe es gibt, außer Youtuber."
Kinder sollen selbstständiger werden
"Also wir sind der Meinung, dass man nicht zu viel machen sollte, dass man nicht bei Unternehmen anruft und auch nicht zu Unternehmen hinfährt, sondern, dass das die Kinder selber machen sollen, dass sie sich mehr selbstständig trauen."
Clara Hadwiger ist Vermittlerin für Ausbildungsstellen bei der IHK Köln und die Erfinderin des Elternabends für angehende Azubi-Eltern. Dass Eltern bei Firmen anrufen und fragen etwa, ob da noch Stelle frei ist fürs eigene Kind ist nicht selten.
"Sehr häufig, nicht nur Eltern, auch Großeltern, Tanten, Paten."
Sind junge Erwachsene unselbstständiger geworden? Ja, meint Alexander Uhr, Leiter der Ausbildungsabteilung der IHK Köln. Aber nicht, weil die Eltern diktatorisch in die Karriere ihrer Kinder eingreifen würden, eher im Gegenteil.
"Ich glaube Eltern haben heute Angst, im jüngsten Alter, wenns um die Gymnasialempfehlung geht, oder spätestens, wenns ums Abitur geht, einen Riesenfehler zu machen, wenn sie jetzt nicht das Allerallerallerbeste für ihr Kind rausholen. Früher haben Eltern bestimmt, was man macht. Heute ist es so, man guckt ins Internet und hat eine unglaubliche Transparenz über alles, was man machen kann. Und das macht unsicherer, und deswegen kommen Eltern auch hierher und lassen sich Fragen beantworten."
Imagekampagne für die duale Berufsausbildung
Ganz uneigennützig ist die Veranstaltung allerdings nicht. Stichwort: Fachkräftemangel. Bei der IHK hat man den Einfluss der Eltern auf die beruflichen Entscheidungen der Kinder inzwischen erkannt – quasi Eltern als natürliche Berufsberater. Deswegen ist der Elternabend auch das: eine Imagekampagne für die duale Berufsausbildung. Viele Betriebe beklagen sich allerdings auch darüber: die Unselbstständigkeit ihrer Azubis. Sind Kinder ausbildungsreif, wenn die Eltern zur Berufsberatung gehen und nicht die Kinder selber?
"Na klar. Jung und unsicher waren alle mal. Man muss nur irgendwie loslassen können. Also spätestens auf dem Parkplatz des Unternehmens sollten Eltern mal Stopp machen und ihr Kind gehen lassen, es muss dem Kind Spaß machen und nicht der Mama."
Und Väter wie Markus Metternich, Chef eines Unternehmens für Gebäudetechnik wollen auch nicht bestimmen, wie er sagt, sondern unterstützen.
"Wenn er zu sehr in eine falsche Richtung laufen sollte, würde ich korrigierend eingreifen. Also ich werde meinen Sohn auf keinen Fall in irgendeine Richtung drängen."