Landesweit gibt es in Spanien wahrscheinlich mehr als eine halbe Million illegal angelegter Brunnen, so offizielle Schätzungen. Manchmal werden sie versteckt, oft aber auch nicht. Die Bauern sagen, sie brauchen das Wasser, Funktionäre aus der Verwaltung schauen weg oder halten sogar die Hand auf. Hier und da gibt es mal einen Prozess, tatsächlich sind schon vergangenes Jahr drei Männer in der Provinz Huelva zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden.
Ab heute wird aber gleich 15 Männern der Prozess gemacht, darunter zwei ehemalige Bürgermeister. Sie sollen mit illegalen Brunnen schon zwischen 2007 und 2012 systematisch Wasser gefördert haben, und das nicht zu knapp.
Illegale Brunnen im Nationalpark
Dementsprechend prangert der WWF schon seit Jahren, eigentlich seit Jahrzehnten, die Untätigkeit spanischer Behörden an. Mehrere unter Naturschutz stehende Feuchtgebiete in Spanien sind durch Trockenheit akut bedroht. Seit den Achtzigern steigt der Wasserbedarf in der Landwirtschaft, oft liegen sogar die Felder, auf denen angebaut wird, auf geschütztem Land. Auch an der Coto Doñana, die sogar Nationalpark-Status hat.
"Es ist ein in Europa einzigartiges Gebiet für hunderttausende Zugvögel", sagt Rafael Seiz vom WWF, "ein strategisch wichtiger Punkt auf dem Zug nach Afrika und zurück".
Um die 2000 Hektar "wilder" Plantagen soll es hier geben, bis zu 1500 illegale Brunnen.
Bauern brauchen Wasser
Manche Bauern in der Gegend geben offen zu, dass sie ohne Genehmigung gebohrt haben. Sie brauchen das Wasser, sagen die Bauern – und viele haben sich in einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen.
"Wenn wir Wasser anderweitig bekommen, machen wir die Brunnen dicht", verspricht Cristobal Picon, Sprecher der Landwirte. Überhaupt seien die Brunnen gar nicht illegal, sondern nur nicht genehmigt, weil sich die Verwaltung in den letzten 40 Jahren geweigert habe, sie zu genehmigen.
Eine Logik, der weder die Unesco noch die EU folgen. Die Unesco hat mehrfach damit gedroht, den Nationalpark zum gefährdeten Weltnaturerbe zu erklären. 2017 hat die EU wegen der Zustände rund um die Grundwasserausbeutung ein Verfahren gegen Spanien eingeleitet. Im Dezember hat die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofs Spanien eine Rüge erteilt.
Alle Brunnen sofort schließen - unmöglich
Inzwischen werden rund um den Nationalpark illegale Brunnen punktuell geschlossen. Die Zentralregierung hat im Januar eine neue Genehmigung für die Bewässerung mit Leitungswasser erteilt, das außerhalb des Einzugsgebietes der Coto Doñana gewonnen wird. Sie gilt für gut 300 Hektar Anbaufläche. Cristobal Picon von der Bewässerungs-Interessengemeinschaft freut sich:
"150 bis 170 Brunnen können geschlossen werden, insgesamt werden jetzt 810 Hektar anderweitig bewässert. Das ist für die Landwirte in der Provinz Huelva sehr wichtig, das trägt dazu bei, dass sich der Grundwasserspeicher 27, aus dem sich die Coto Doñana speist, erholen kann."
Aber mehr als 1000 Brunnen holen weiter unerlaubt Wasser aus dem Grundwasserspeicher des Nationalparks. Sie von jetzt auf gleich zu schließen, allen Betreibern den Prozess zu machen – fast unmöglich. Und trotzdem:
"Wir müssen die Kriminellen stoppen", sagt Felipe Fuentelsaz vom WWF, "denn auch die Landwirte, die sich an die Vorschriften halten, leiden unter denen, die illegal Wasser abzapfen".
Landwirte und Politiker vor Gericht
Die Fälle, die ab heute in Huelva verhandelt werden, hören sich besonders dreist an – sind aber wahrscheinlich gar nicht mal ungewöhnlich. Die 13 angeklagten Landwirte hätten Brunnen gebohrt, obwohl ihnen völlig klar gewesen sei, dass sie keine Genehmigung dafür bekommen würden, so die Staatsanwaltschaft. Die mitangeklagten Bürgermeister hätten nicht nur die Augen zugedrückt, sondern auch dann nichts unternommen, als sie von der oberen Wasserbehörde dazu aufgefordert worden seien.