Das Verfahren sei kein Tribunal über die deutsche Rüstungspolitik gewesen, betonte der Vorsitzende Richter Frank Maurer. Zwei Stunden lang begründete er das Urteil der Kammer. Demnach waren mehrere frühere Mitarbeiter daran beteiligt, sogenannte Endverbleibs-Erklärungen so zu beeinflussen, dass deutsche Behörden mehrfach Waffenexporte nach Mexiko genehmigten. Das war zwar nach Ansicht des Gerichts erlaubt, doch in Mexiko wurden die Waffen auch in Unruheprovinzen geliefert. Die deutschen Behörden konnten das nicht wissen, allerdings einige eingeweihte Heckler & Koch-Mitarbeiter sehr wohl.
Die früheren Mitarbeiter haben dabei bandenmäßig gehandelt. Dabei standen zwei Hauptverantwortliche gar nicht vor Gericht. Ein Beschuldigter ist bereits vor Prozessbeginn verstorben. Ein weiterer lebt in Mexiko, er war einst der Mexiko-Beauftragte von Heckler & Koch. Für ihn hat die Staatsanwaltschaft einen internationalen Haftbefehl beantragt.
Heckler & Koch kann Strafsumme nicht nachvollziehen
Für zwei ehemalige Mitarbeiter wurden Bewährungsstrafen bis zu 22 Monaten verhängt, auch weil sie Teil der Bande waren. So habe sich eine frühere Mitarbeiterin weit mehr als in ihrer Kompetenz lag, eingebracht und sich als Mitglied eines Teams gefühlt. Ein früherer Vertriebschef habe gewusst, um was es geht, habe dies aber billigend in Kauf genommen. Drei weiteren Angeklagten konnte die Staatsanwaltschaft keine Mitschuld nachweisen. Bettina Künzel, Sprecherin des Landgerichts Stuttgart, sagte: "Nach Überzeugung der Kammer gab es keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Beteiligung der übrigen Angeklagten, diese wurden deswegen frei gesprochen."
Den Tatertrag aus dem Mexiko-Geschäft legte die Kammer auf 3,7 Millionen Euro fest. Die sollen nun von Heckler & Koch eingezogen werden. Wenige Minuten nach der Urteilsverkündung teilte der Waffenhersteller mit, man könne die Summe nicht nachvollziehen. Vor einer Woche hatte der Verteidiger von Heckler & Koch eine Zahlung von 200.000 Euro angeboten. Heckler & Koch trat in diesem Verfahren als sogenannter Nebenbeteiligter auf.
"Finanzlage und Imagelage des Unternehmens drastisch verschärft"
Zum Teil sei er mit dem Urteil zufrieden, sagte Rüstungsgegner Jürgen Grässlin. Er hatte 2010 mit einer Anzeige gegen den baden-württembergischen Waffenhersteller das Verfahren mit auf den Weg gebracht. Mit Blick auf Heckler & Koch, betonte Grässlin, "sie haben jetzt ein Problem auf der Ebene einer immens zu zahlenden Finanzsumme von 3,7 Millionen Euro. Sie haben das Problem, dass sie zum allerersten Mal in ihrer Firmengeschichte wegen illegalem Waffenhandels verurteilt worden. Mit diesem Urteil ist die Finanzlage und die Imagelage des Unternehmens drastisch verschärft und nicht entschärft."
Die mit den Waffen möglichen Menschenrechtsverletzungen hätten in dem Prozess keine Rolle gespielt, kritisierte Grässlin. Zuvor hatte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung betont, es sei in diesem Prozess um den Export von Waffen gegangen und nicht um deren Verwendung. Der Linken-Politiker und frühere Bundestagsabgeordnete Jan van Aken forderte indes eine Reform der Gesetze: "Das Urteil sagt, dass der zentrale Pfeiler des heutigen Kontrollsystems nicht funktioniert. Deswegen brauchen wir jetzt ein neues, strenges Gesetz gegen Waffenexporte. Und bis dahin darf es keine Genehmigungen geben." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.