Umweltkriminalität
Wie sich der illegale Holzhandel bekämpfen lässt

Der Druck auf die Wälder ist riesig. Eine der größten Bedrohungen ist der illegale Holzeinschlag. Bis zu 30 Prozent des globalen Holzhandels ist illegalen Ursprungs. Die EU versucht gegenzusteuern – bislang wenig erfolgreich.

    Auf einer staubigen Strasse transportiert ein Lastwagen Baumstämme ab. Im Hintergrund sind Urwald und blauer Himmel zu sehen.
    Die Amazonasregion ist eine der am stärksten von illegalem Holzeinschlag betroffenen Regionen der Welt. (Getty Images / iStockphoto / Brasil2)
    Illegaler Holzeinschlag ist inzwischen weltweit eine der größten Bedrohungen für die Wälder. Nach Angaben von Umweltschützern wird alle zwei Sekunden eine Waldfläche von der Größe eines Fußballfeldes illegal abgeholzt.
    Der Raubbau an den Wäldern findet nicht nur in den Tropen oder in Russland statt, sondern auch in der Europäischen Union. Ein Beispiel ist Rumänien. Dort wurden in den vergangenen Jahren sogar mehrere Förster ermordet, die sich gegen den illegalen Holzeinschlag engagierten.
    Die Nachfrage nach Holz wächst. Dafür gibt es zwei wichtige Ursachen. Erstens hat Russlands Krieg gegen die Ukraine fossile Energieträger wie Gas, Öl und Kohle deutlich verteuert. Das macht Holz als Brennstoff lukrativ.
    Zweitens unterstützt die EU das Verfeuern von Holz durch großzügige Subventionen. So will man die Abhängigkeit von fossilen Energien verringern. Zusätzlich zu den EU-Subventionen gibt es nationale Förderprogramme, in Deutschland beispielsweise nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Insgesamt wird Holzverbrennung in der EU mit jährlich fast 30 Milliarden Euro subventioniert. Das erhöht den Druck auf die Wälder und lockt Geschäftemacher.
    Eine Grafik der Hauptverursacher der weltweiten CO2-Emissionen (25.11.2022).
    Auch Abholzung trägt signifikant zum Anstieg der CO2-Emissionen bei. (dpa-infografik GmbH)

    Wie groß sind die Ausmaße des illegalen Holzhandels?

    Bis zu 30 Prozent des globalen Holzhandels sind der internationalen Polizeiorganisation Interpol zufolge illegalen Ursprungs. In tropischen Ländern dürfte die Spanne sogar 60 bis 90 Prozent betragen. Tendenz: weiter steigend.
    Illegaler Holzhandel heißt, dass bei Ernte, Transport, Einkauf oder Verkauf des Holzes gegen nationale oder internationale Gesetze verstoßen wurde. In Deutschland sind laut Schätzungen des Thünen-Instituts für Holzforschung in Hamburg zwei bis fünf Prozent des eingeführten Holzes illegal.
    Schlupflöcher im Zuge des Kriegs in der Ukraine
    Im Zuge des Krieges in der Ukraine und der neuerlichen Entwicklungen sind aktuell weitere Schlupflöcher innerhalb der EU und an deren Außengrenzen entstanden, sagt Sasa Braun. Er ist ein sogenannter Criminal Intelligence Officer bei Interpol.
    „Beispielsweise in Osteuropa haben wir neue Ermittlungen, wo der Verdacht besteht, dass russisches und weißrussisches Holz umetikettiert als Holz-Biomassen-Brennstoff illegal über Lettland und Litauen importiert wird. Hier verschwinden gewaltige Massen an Holz völlig unbemerkt."
    Unmengen an Baumstämmen liegen auf Schneebedeckter Landschaft unter blauem Himmel.
    Holz aus Russland: In Sibirien werden ganze Landstriche kahlgeschlagen. (Getty Images / iStockphoto / Alextov)
    Außerdem regen Embargos und steigende Preise kriminelle Netzwerke dazu an, Systeme auszuhebeln und kreative neue Wege zu finden, um sich daran zu bereichern, erläutert Braun.

    Wie sehen Umweltkriminalität und illegaler Holzhandel aus?

    Die Umweltkriminalität ist weltweit die dritthäufigste Kriminalitätsform - nach dem Drogenhandel und der Produktfälschung. Dabei werden illegale Profite von bis zu 280 Milliarden US-Dollar jährlich erwirtschaftet. Laut Interpol entfällt dabei mehr als die Hälfte davon auf den illegalen Holzhandel.
    Umweltkriminalität muss dabei immer im Gesamtzusammenhang gesehen und deliktübergreifend wahrgenommen werden. Sasa Braun von Interpol zählt zu jenen Ermittlern, die weltweit Umweltkriminalität aufdecken. Er sieht Überschneidungen u.a. mit Korruption, Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Gewaltkriminalität oder Betrug, oftmals verbunden mit anderer Schwerstkriminalität wie Drogen- und Menschenhandel, aber auch Terrorismus.
    Letzteres ist am Beispiel Somalia zu sehen: Der Handel mit Holzkohle ist hier illegal und dennoch eine der größten Einnahmequellen der islamistischen Al-Shabab-Miliz. Aber auch Regierungsmitarbeiter verdienen mit daran.
    Die Organisierte Kriminalität ist im Bereich der Umweltkriminalität fest etabliert, sagt Braun, da die Risiken verhältnismäßig gering und die Profite enorm hoch seien. Anders als im Drogenhandel ist beim illegalen Holzhandel der Verfolgungsdruck weltweit längst nicht so groß, die Gewinnspannen sind dagegen vergleichbar hoch.

    Mit welchen Maßnahmen wird illegaler Holzhandel bekämpft?

    Die Europäische Union versucht bereits seit Längerem, gesetzlich gegen den Import der illegal geschlagenen und falsch deklarierten Holzware vorzugehen. 2013 trat die Europäische Holzhandelsverordnung in Kraft, die EUTR - das Kürzel steht für „European Timber Regulation“. Seitdem müssen Händler nachweisen, woher sie ihre Produkte beziehen.
    Die deutsche Umsetzung ist das Holzhandels-Sicherungs-Gesetz (HolzSiG), das insbesondere die nationalen Kontrollen und die möglichen Sanktionen bei Verstößen regelt.
    Gemeinsam mit World Wide Fund For Nature (WWF) International hat die EU die EU Forest Crime Initiative entwickelt. Ziel ist es unter anderem, in den betroffenen Herkunftsländern Strafverfolger zu schulen und Ermittlungsteams aufzubauen. Im Fokus sind dabei Rumänien, Bulgarien und die Slowakei. Aber auch Belgien, wo sehr viel Tropenholz aus Übersee in die EU gelangt. Bei den Ermittlungen hilft auch die Expertise von Interpol.
    Aufwendige Herkunftsbestimmung
    Um illegal gehandeltes Holz zu ermitteln, hilft die Herkunftsbestimmung. Bei Vollholz und auch für viele daraus gefertigte Folgeprodukte wie etwa Holzkohle ist das kein Problem. Das gelingt mithilfe des genetischen Fingerprints des Holzes, den ein weiteres Thünen-Institut in Schleswig-Holstein ermittelt.
    So konnte gemeinsam mit dem WWF nachgewiesen werden, dass angeblich aus Osteuropa stammende Grillkohle große Mengen Tropenholz enthielt. Zuletzt gab es auch viel Verwirrung um falsch deklarierte Gartenmöbel. Mit bloßem Auge ist so ein Schwindel indes nicht zu erkennen.

    Wie wirkungsvoll sind die Maßnahmen?

    Johannes Zahnen vom WWF zieht zehn Jahre nach dem Inkrafttreten der Europäischen Holzhandelsverordnung eine kritische Bilanz – auch wenn er darin einen großen Schritt vorwärts sieht. Denn vorher gab es gar keine gesetzliche Grundlage, um Wälder zu schützen oder illegales Holz aufzuhalten.
    Das FSC-Waldsiegel: Ein Hinweisschild für einen nach FSC-Richtlinien zertifizierten Wald.
    Geht es nach der EU, sollen Siegel wie das FSC-Waldsiegel das Problem mit dem illegal geschlagenen Holz lösen. (IMAGO / blickwinkel / L. F. Postl)
    „Sie wurde aber in den EU-Ländern so schlecht umgesetzt, dass sie quasi keine Wirkung entfaltet hat. Das betrifft nicht nur Deutschland, das betrifft nahezu alle EU-Länder“, sagt Zahnen. „Als Indikator dafür kann man nehmen, dass die Amerikaner ein ähnliches Gesetz haben. Dort hat es in den letzten Jahren mehrere große, relevante Fälle gegeben, die vor Gericht behandelt wurden. In Gesamteuropa hat es seit 2013 keinen relevanten, großen EUTR-Fall gegeben.“
    Schwierige Ermittlungswege
    Größtes Manko in seinen Augen: Holz kann in diesem Rechtsrahmen nur dann „illegal“ sein, wenn beim Einschlag gegen Vorschriften des Herkunftslandes verstoßen wurde. Dies jedoch zweifelsfrei zu ermitteln, sei für eine Staatsanwaltschaft hierzulande kaum möglich.
    Das Gesetz könne nur im umgekehrten Fall eine Wirkung entfalten, sagt der Strafrechtler Michael Pfohl. Und zwar dann, wenn zum Beispiel brasilianische oder indonesische Behörden eine deutsche Staatsanwaltschaft bitten, nachzuforschen, ob illegal geschlagenes Holz in die EU gelangt ist.
    Ein Orang-Utan in einer Auffangstation auf Borneo in Malaysia. Der rot-braune Affe hängt an zwei Baumstämmen vor grünem Regenwald.
    Viele Tiere sind von illegalen Abholzungen bedroht - zum Beispiel Orang-Utans auf Borneo, Malaysia. (IMAGO / VWPics / Sergi Reboredo)
    Kein sehr realistisches Szenario, meint der Interpol-Ermittler Sasa Braun. Er stellt immer wieder fest: Illegales Holz gelange vor allem deswegen in den Handel, weil auch viele Akteure in den Behörden der Herkunftsländer korrupt seien.
    Es gibt aber weitere Hürden. So müsste dem Importeur, juristisch als „Inverkehrbringer“ bezeichnet, unter anderem ein Vorsatz nachzuweisen sein, erklärt Umweltstrafrechtsexperte Michael Pfohl. Auch die Freiheitsstrafe sei mit maximal einem Jahr nicht abschreckend genug.

    Wie kann gesetzlich nachgesteuert werden?

    Ein viel schärferes Schwert aus Sicht des Strafrechtlers Michael Pfohl liefert die Artenschutzverordnung der EU. Wer zum Beispiel Holz von streng geschützten Baumarten wie Rio-Palisander oder Amerikanischen Mahagoni importiert, muss nach dem Bundesnaturschutzgesetz mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren rechnen - kein Vergleich also zu dem eher zahmen deutschen Holzhandels-Sicherungs-Gesetz.
    Auch eine Sprecherin des zuständigen Bundesministeriums für Landwirtschaft sieht – wie auch die gesamte Bundesregierung – eine ganze Reihe von Nachbesserungsmöglichkeiten beim Kampf gegen illegalen Holzhandel, wie sie auf Anfrage erklärt. Diese würden verfolgt im Rahmen der Verhandlungen zur EU-Verordnung gegen Entwaldung, die voraussichtlich Ende 2024 die jetzige EU-Holzhandelsverordnung ablösen werde.
    Der illegale Holzeinschlag, so die Sprecherin weiter, sei in der Tat wenigstens zum Teil der Organisierten Kriminalität zuzuordnen. Auf verschiedenen Ebenen werde dies adressiert, unter anderem über die Financial Action Task Force (FATF) zur Geldwäschebekämpfung.
    (Quellen: cwu, Lutz Reidt, dlf, dlf kultur, Bmel.de)