Ute Wegmann: Zwei Künstlerinnen feierten vor nicht allzu langer Zeit ihr zehnjähriges Atelierjubiläum. Dieses Atelier befindet sich in Köln, wo beide leben und arbeiten und ihre oft gepriesenen und ausgezeichneten Bilder und Illustrationen für das ein oder andere Bilder- oder Kinderbuch, aber auch Postkarten und Buchcover fertigen: Katrin Stangl und Heike Herold.
Katrin Stangl, geboren 1977 in Filderstadt, Studium in Leipzig als Meisterschülerin von Volker Pfüller, der vor allem als Theaterplakatkünstler und Bühnenbildner berühmt wurde. Was haben Sie aus der Zeit bei Volker Pfüller als Besonderheit für Ihre Arbeit mitgenommen?
Katrin Stangl: Ich glaube, dass man Texte ernstnehmen kann und soll als Illustrator. Das es ein Teil der Arbeit ist, mit Text umzugehen.
Wegmann: Können Sie sich an einen prägnanten Text erinnern, den Sie durch ihn kennengelernt haben und illustrieren durften?
Stangl: Ich kann mich jetzt an keinen einzelnen Text erinnern, ich habe nur das Gefühl, dass ich mit Volker Pfüller in Sachen Humor sehr nahe kam. Es gab viele Texte, die uns beiden gefallen haben und die Arbeit daran hat viel mehr Spaß gemacht, wenn man mit dem Text was anfangen konnte. Es gab Texte, die ich gefunden habe, zum Beispiel Marlen Haushofer, die Erzählung mit der Kuh, die er gar nicht kannte, aber die Arbeit daran hat uns beiden Spaß gemacht.
Wegmann: Heike Herold wurde 1974 in Münster geboren und haben dort Illustration studiert. Wer war für Sie charismatisches Vorbild?
Heike Herold: Ich glaube, das kommt mehr aus meiner Kindheit, die verschiedenen Bilderbücher, die ich mir angeschaut habe, weniger jetzt jemand von der Hochschule. Da vielleicht eher Mitstudenten.
Wegmann: Welche Bilderbücher waren das?
Herold: Bei mir war das viel Astrid Lindgren, die schwarz-weiß Illustrationen bei "Pippi Langstrumpf" und dann die Illustrationen zu "Michel", da fällt mir aber jetzt der Illustrator gar nicht ein (Anm. d. Red.: Illustrator Björn Berg). Die haben mich als Kind sehr beeindruckt, die waren sehr erzählend. Und das ist etwas, das mir an Illustration wichtig ist.
Zehn Jahre Ateliergemeinschaft
Wegmann: Beide Illustratorinnen haben zeitversetzt das Troisdorfer Bilderbuchstipendium gewonnen, mit dem die Herstellung eines Bilderbuches verbunden ist. Die eine aus Württemberg, die andere aus Westfalen, wo sind sie beide sich begegnet?
Stangl: Das war lustig, es gibt in Köln, in Nippes einen Stammtisch für Illustratoren. Wir sind da beide, als wir in Köln neu waren, hingegangen und haben uns bei dem ersten Treffen kennengelernt.
Wegmann: Und daraus ist direkt die Ateliergemeinschaft entstanden
Stangl: Ja.
Herold: Ich hatte schon ein Atelier in Köln, musste da aber raus und Katrin hat sich überlegt, dass sie nicht mehr in ihrem Schlafzimmer arbeiten wollte. Wir waren uns ab Anhieb sympathisch, obwohl wir nichts voneinander kannten, es lief also nicht über die Arbeit, sondern über die persönliche Begegnung und haben uns zusammen was gesucht.
Wegmann: Was ist die Grundvoraussetzung, um mit einer, die in der gleichen Branche arbeitet, den Arbeitsraum zu teilen?
Stangl: Sympathie.
Herold: Man muss es lange mit jemandem an einem Ort aushalten. Was aber auch für uns beide wichtig ist, dass man eine gleiche Sprache spricht. Man zeigt sich ja gegenseitig Dinge und man muss sich darauf verlassen, dass das auch in dem Sinne ist, dass man die Kritik gut annehmen kann, dass man mit der Kritik was anfangen kann. Es gibt ja Kritik, bei der man sagt: Teil ich einfach nicht. Wenn auch unsere Bildwelten unterschiedlich sind, sind doch unsere Vorstellungen davon, was eine gute Illustration ist, sehr ähnlich. Und in der Hinsicht geben wir uns Kommentare und das ist hilfreich.
Wegmann: Wie viel sprechen Sie miteinander über Entwürfe, Ideen, fertige Bilder, Texte?
Stangl: Schon viel. Das ist super, das hab ich gemerkt, nachdem ich so lange alleine gearbeitet habe, dass es schön ist, dass man die Sachen zwischendurch, wenn man sich vielleicht ein bisschen verrannt hat oder wenn man nicht mehr sieht: was ist besser, was ist schlechter, dass man sich dann Dinge zeigen kann, um sich zu vergewissern, welchen Weg man weiter versuchen sollte.
Wegmann. Das ist ein wichtiger Aspekt, die Kritik des anderen annehmen zu können.
Stangl: Auf jeden Fall, und die auch zu kriegen. Wie viel Leute kennt, die man um ernsthafte Kritik bitten kann.
Bildaufbau wie beim Siebdruck
Wegmann: Katrin Stangl, 2011 erschien "Stark wie ein Bär", das preisgekrönte Bilderbuch. Auf jeder Seite ein Kind in Verbindung mit einem Tier, Sätze wie: frech wie ein Dachs, stumm wie ein Fisch usw. In gleicher Technik und gleichem Format erschien später "Schwimmt Brot in Milch?" – hier jeweils eine Seite eine Frage: "Passen zwei Kinder auf ein Klo?" - hier sieht man zwei Kinder von der Seite Rücken an Rücken auf einer Toilette, "Kann man mit Gummistiefeln schlafen?" – ein Kind mit Stiefeln und Jacke schlafend auf dem Arm eines Erwachsenen. Die in Großbuchstaben gemalten Sätze und Fragen sind am unteren Bildrand farbig in einem farbigen Kasten zu finden. Die Motive seitenfüllend, der Pinselstrich deutlich erkennbar, die Hautstellen weiß ausgespart. Augen, Nase, Haare oft nur mit wenigen Mitteln angedeutet. Für "Schwimmt Brot in Milch?" erhielten Sie den Preis der Stiftung Buchkunst als schönstes Buch des Jahres 2018. Eine tolle Auszeichnung! Wie haben Sie zu diesem kräftigen, groben Strich, diesem eher kantigen Stil gefunden?
Stangl: Also ich denke, dass das mit dem Studium in Leipzig zusammenhängt, das ja sehr traditionell aufgebaut ist, in dem man alle klassischen Drucktechniken Siebdruck, Lithografie, Radierung, Holzschnitt lernt. Das sind alles Techniken, die mir wahnsinnig viel Spaß machen und auch im Studium hab ich damit sehr viel gearbeitet. Also die Illustration von "Stark wie ein Bär" und "Schwimmt Brot in Milch?" sind genau aufgebaut, wie man auch einen Siebdruck anlegen und aufbauen würde. Daher kommt wahrscheinlich die vereinfachte, flächige, knallige Form.
Wegmann: Sie haben mit Hilfe eines DAAD Stipendiums eine Zeit lang in Brasilien gelebt und bei einem Holzschneider gelernt. Welche Rolle spielt das für Ihr Werk?
Stangl: Da spielt weniger die Persönlichkeit des Künstlers eine Rolle, als mehr die Erfahrung, die ich in dem Land gemacht habe. Einfach woanders zu sein, andere Dinge zu sehen, ein anderes Lebensumfeld zu haben, in einer viel einfacheren Bevölkerungsschicht zurechtzukommen, alles das hat mich viel mehr beeindruckt und in Arbeiten beschäftigt als das Lernen von dem Holzschneider. Ich war da in der Werkstatt, hab mir die Sachen angeguckt, das beeindruckt mich auch, was er macht, Jota Borges heißt er, aber echtes Lernen war das nicht.
Cover, Postkarten, Bilderbuch
Wegmann: Heute zu Gast im Studio sind die beiden Kölner Künstlerinnen Katrin Stangl und Heike Herold.
Heike Herold, Sie haben Koch- und Sachbücher bebildert, jede Menge Cover gestaltet: Maria Parr: Sommersprossen auf den Knien, Bilder zu Ulf Nilssons Kindergeschichte "Mein Papa und ich" gemalt und zuletzt die beiden Bilderbücher "Das rote Ding" und "Was Wim und Wanda alles können". Was ist die größere Herausforderung, der fremde oder der eigene Text?
Herold: Könnte ich gar nicht so sagen, denn mit dem eigenen Text hab ich noch gar nicht so viel Erfahrung, das waren ja jetzt meine beiden ersten Versuche. Das hat mir total viel Spaß gemacht, weil man mehr Freiheiten hat und das insgesamt auch mehr formen kann. Wenn man einen Text bekommt, sind ja schon viele Dinge vorgegeben. Aber das empfinde ich auch oft als große Herausforderung. Der Wechsel ist ganz gut. ich kann nicht sagen, dass ich das eine besser finde als das andere.
Wegmann: Sie arbeiten mit filigranem Strich. In Nilssons Buch, Geschichten aus der Vorweihnachtszeit zwischen Vater und kleiner Tochter, mit Buntstiften und Aquarellfarben, reduziert auf drei Farben. Ich fühlte mich fast ein wenig an Eva Erikssons einfühlsame Kinderbilder erinnert, die schwedische Illustratorin, die ebenfalls stets im zarten Pastelligen und Filigranen bleibt. Auch "Das rote Ding", das Bilderbuch um ein Roller fahrendes Mädchen, das im Wasser etwas Rotes entdeckt, denkt, das sei ein Wal, aber jeder und jede, die ihr begegnen, haben eine andere Idee dazu, was das sein könnte, und man erkennt rasch, dass jeder nach seinen Möglichkeiten assoziiert. Wir haben hier zwei Ebenen: Die Erzählebene überwiegend in Tuschezeichnungen und die Fantasieebene unter Wasser, die dann in zarten aber bunten Farben zwei Drittel des Bildes ausmacht. Eine schöne Idee. Wie kamen Sie zu der Zweiteilung?
Herold: Es kam über die Grundidee: Mir hat eine Freundin erzählt, sie haben was Rotes im Rhein schwimmen sehen und haben gerätselt, was es ist. Das war der Ausgangspunkt. Und ich fand das toll, das man nicht unter die Wasseroberfläche gucken kann, wie ein Deckel, der über der Welt liegt, und somit ein Einstieg in die Phantasie. Ich wollte das Leben oben zeigen, wie eine Erzählstimme, und der wollte ich weniger Gewicht geben, dieser Welt, in der wir leben und die wir oft nicht bewusst wahrnehmen. Die wollte ich zurücknehmen, die hat ihre Stärke dadurch, dass da wahnsinnig viel passiert. Und die untere Ebene ist die Fantasieebene, an der wir ja selber basteln, in die wir alles hinein projizieren, die wir mitgestalten und deswegen ist die groß und farbig geworden.
Wegmann: Der Text von Ebi Naumann entstand später zu den Bildern. Es sind Reime. Wie war das, den Text später zu lesen? War das eine Überraschung?
Herold: Ja, das war für mich kein ganz leichter Prozess, weil man natürlich schon Vorstellungen hat. Aber vielleicht ist das auch das, was sonst Autoren aushalten müssen, weil die zuerst einen Text schreiben und dann die Bilder später sehen, und auch damit klarkommen müssen, dass Dinge dort anders sind, als man selber gedacht hatte.
Stangl: "Ich hab’s gern bunt"
Wegmann: Katrin Stangl, apropos Farben: Man kann sagen, man erkennt Ihre Bilder nicht nur am Stil, sondern auch an der Farbgebung. Betrachte ich das kleine Tierreime-Buch "Denkt euch nur der Frosch ist krank" oder "Vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße" - Texte von Kurt Tucholsky in der Inselbücherei oder auch die Bilderbücher so wiederholen sich bestimmte Farben wie ZB ein typisches Stangl Maisgelb oder ein Apfelsinenorange, ein mittelhelles Blau und ein moosiges Grün. Alle diese Farben findet man auf dem schwarzgrundigen Cover des Tucholsky-Buches, das bedeckt ist mit Porträts. Sind das Sonderfarben?
Stangl: Ich finde das ganz lustig mit den besonderen Farben, weil ich da gar nicht drauf gekommen wäre. Ich hab gar nicht das Gefühl, dass ich spezielle, besondere Farben nehme. Ich hab’s gern bunt, aber ich mach genauso gerne Schwarz-Weiß-Bilder. ich weiß auch nicht, ob sich da Farben wirklich wiederholen. Bei dem Tucholsky-Band sind das echte Farben, deswegen leuchten die so, das ist auch das, was "Stark wie ein Bär" und "Schwimmt Brot in Milch?" verbindet, die Herstellungsweise, also die Druckweise. Dass die Bilder nicht aus einzelnen Druckpunkten entstehen, sondern genau die Farbe aufs Papier gedruckt wird, die man da sieht. Bei Tucholsky hab ich auch versucht, die Zeit zu repräsentieren. Ich weiß nicht, irgendwie hat dieses Senfgelb für mich dazugehört. Ich kann das gar nicht gut erklären.
Wegmann: Sie sagen, es ist bunt. Ja, es ist natürlich bunt, aber für mich hat es trotzdem etwas Gedecktes, etwas Zurückgenommenes. Was war das größte Vergnügen an der Bebilderung der Tucholsky-Texte aus den 1920er Jahren?
Stangl: Der Versuch, die Zeit wiederzugeben und trotzdem was Eigenes zu machen, das ist eine schöne Herausforderung. Dann macht es mir besonders Spaß, solche Sammlungen zu illustrieren, denn dann fühle ich mich etwas freier. Ich kann für jeden kleinen Text, für jedes Gedicht mir was Neues ausdenken, eine andere Form finden. Es gibt keine Figur, die immer wieder gleich aussehen muss. Es gibt nichts, was einem ein Korsett vorgibt. Es muss auch nicht verbunden sein, man macht einfach ein einzelnes schönes Bild. Das macht mir Spaß.
Computer als Hilfsmittel
Wegmann. Noch zur Erklärung: Es ist eine Textsammlung mit Gedichten und kleinen Textnotizen. Mit dem Computer zu arbeiten, liegt Ihnen beiden fern?
Herold: Doch, "Wim und Wanda" hab ich am Computer gemacht. Also die schwarzen Formen sind handgezeichnet, aber die Farben sind am Rechner eingesetzt. Ich nutze das nur nicht gerne, um andere Techniken zu imitieren. Ich nutze es gern als das Hilfsmittel, was es ist. Nehm die Farben plakativ wie bei "Wim und Wanda", und an manchen Stellen ist der Computer ja ganz hilfreich, aber ich möchte ihn nicht benutzen, wenn ich eigentlich Aquarell malen will.
Stangl: Wir sagen es immer wieder mal, dass wir viel zu viel am Computer sitzen. Man zeichnet zwar von Hand, aber die ganze Weiterbearbeitung ... Bei den Tucholsky-Illustrationen habe ich zum Beispiel jede Farbe einzeln gezeichnet, das scan ich dann ein und muss es am Rechner zusammenbauen. Das ist schon viel zu viel Zeit, lieber würde man mehr auf Papier zeichnen.
Wegmann: Sie haben beide zwei neue Bücher: "Wim und Wanda", sind Zwillinge, mit ihren gleichen und unterschiedlichen Fähigkeiten, alle Figuren sind dick schwarz umrandet, die Untergründe farblich kräftig, der Text handschriftlich auf die Seiten gesetzt. Sehr kraftvoll, selbst selbstbewusst, dominant. Eine etwas andere Heike Herold?
Herold: Ich mach schon immer alles parallel, wechsel die Techniken. Wenn ich eine zeitlang so zart gearbeitet habe, dann möchte ich mal wieder was anderes ausprobieren. Das hält es für mich lebendiger. Und ich find es spannend, mit neuen Projekten neue Techniken zu entdecken. Ich will ja auch immer die richtige Technik für die Bilder finden und zeigen. Wim und Wanda sind keine zarten Figürchen, die sind impulsiv, manchmal ein bisschen kraftmeierisch und die sollen auch alles ein bisschen rausschreien dürfen. Dafür fand ich so die richtige Form.
Wegmann: Ein Bilderbuch ab drei Jahre, sagt der Verlag. Würden Sie sage, es ist für die Kleinen schöner, wenn es in der Farbgebung kräftiger ist? Herold: Ich glaube, dass sich über Art und Weise und Strich und Farbgebung Stimmungen mittragen oder Lautstärke: das nehmen die Kinder intuitiv auf, das prägt die Stimmung eines Buches. Insofern ja.
Für den jeweiligen Text das richtige Bild
Wegmann: Ich weiß gar nicht, ob ich sagen kann: Eine etwas andere Katrin Stangl findet man in dem neuen Bilderbuch "Als die wilden Tiere bei uns einzogen" von dem französischen Kinderbuchautor Didier Lévy. Die Geschichte zweier Jungs, die aus völlig unterschiedlichen Milieus kommend, beste Freunde werden. Bei Max gibt es alles, was beim etwa 8jährigen Erzähler zuhause verboten ist: Chips, Wurst, Eis, Playstation, Riesenauto, Schrank mit Gewehren. Herrlich, denkt der Erzähler und möchte sich adoptieren lassen. Sofort. Aber zum Schluss erkennt er, dass seine Eltern durchaus Qualitäten haben und gute Dinge bewirken, zum Beispiel dass sich die wilden Tiere zu Jagdzeiten in ihren Garten retten können. Es ist auch ein Buch über den Einklang mit der Natur, den Blick auf Klima und Umwelt, verbunden mit der Hoffnung, dass man durch Freundlichkeit einen positiven Einfluss auf andere nehmen kann. Katrin Stangl, was war der Reiz an diesem Bilderbuch?
Stangl: Für mich ist es in erster Linie eine Freundschaftsgeschichte, so werden es auch Kinder wahrnehmen, die werten ja nicht, das eine ist richtiger als das andere. Sie sehen, es ist verschieden und das hat in jedem Fall einen Reiz. Vom Zeichnerischen liegt der Reiz in den Tieren. Weil ich wirklich gerne Tiere zeichne. Die Geschichte geht ja dann ins Fantastische, sodass man sich austoben kann. Nach den ersten Anfangsschwierigkeiten hat mir das wirklich Spaß gemacht.
Wegmann: Ich habe es so empfunden, als ob die Bildentwürfe oder Doppelseiten detailreicher, kleinteiliger und filigraner gearbeitet sind, weil die Tiere mit einem Tuschstrich grundgelegt sind. Ist das richtig?
Stangl: Ja, das ist etwas, was mich auch mit Heike verbindet, dass wir den Anspruch haben, für den jeweiligen Text das richtige Bild zu finden. Um die beiden Lebenswelten nicht plakativ erscheinen zu lassen, habe ich detailreicher gearbeitet und mehr Dinge in den Bildern schon erzählt. Aber ich glaube, dass die flächigen Sachen mir leichter fallen.
Zeichnerinnen unter sich - beim Magazin SPRING
Wegmann: Sie haben gerade gesagt, Sie zeichnen gerne Tiere. Ein Bild finde ich sehr schön, weil es amüsant das freundliche Miteinander zwischen Mensch und Tier noch mal deutlich präsentiert, fast ein Schlussbild, da versammeln sich alle im Kinderzimmer und der Frischling liegt zwischen Bauklötzen und ist eingeschlafen, während der Bär im Bett liegt und dem kleinen Bruder als Unteralge dient. Eins meiner Lieblingsbilder. Und viele Tiere sind vereint.
Katrin Stangl, es gibt einen Zusammenschluss mehrerer Künstlerinnen, ua Birgit Weyhe, Stephanie Wunderlich, Larissa Betonasco, die unter einem Thema jährlich eine Anthologie herausbringen, die im mairisch Verlag erscheint. Die Gruppe heißt SPRING (von springen oder von Frühling?). No 15 beschäftigte sich mit Arbeit, No 16 mit Sex. Wie wichtig ist es für den Zusammenschluss, unter Frauen zu bleiben?
Stangl: Das war am Anfang wichtig. Als das Magazin gegründet wurde, war das eine männerdominierte Szene und es gab viele Anthologien, wo Zeichnerinnen nie gefragt wurden, wo man nicht reinkam. Das hat sich tatsächlich aus einem Gegenimpuls gegründet. Jetzt ist es alles andere als eine feministische Gruppierung, aber es hat sich bewährt und deswegen besteht es noch so, nur mit Frauen.
Wegmann: Die bevorzugte Farbe in "Sex" ist eindeutig Rosa, Ihr Beitrag heißt "Pleasure Play". Es sind Frauendarstellungen in aufreizenden Posen, deren nackte Körperstellen durch rosafarbene Platten mit Ziffern verdeckt sind. Die sichtbaren Hautpartien sind – wie Sie es auch bereits in Arne Rautenbergs Weihnachtsgedichtband schon gemacht haben – popartmäßig gerastert. Ist das eine Hommage an den amerikanischen Popart-Künstler Roy Lichtenstein?
Stangl: Nee, das kommt aus der technischen Ecke, das nennt man Risographie, ist so eine Art Kopierer, der Grautöne in Rastern darstellt.
Je nachdem, wie man die Grautöne anlegt und den Kopierer einstellt, kriegt man kleinere Raster und das fand ich einfach ästhetisch reizvoll. Es ist eine Spielerei mit einer Technik und der Anmutung, die die Technik produziert.
Je nachdem, wie man die Grautöne anlegt und den Kopierer einstellt, kriegt man kleinere Raster und das fand ich einfach ästhetisch reizvoll. Es ist eine Spielerei mit einer Technik und der Anmutung, die die Technik produziert.
Wegmann: Vor kurzem haben Sie beide zum ersten mal ein Projekt zusammen gemacht, ein Buch als Beigabe zu einer Kinderlieder-CD des Kölner Musikers Johannes Stankowski: "Tausend schöne Dinge". Es geht um Freundschaft, Zelten, Spiele im Garten, Radfahren am Rhein, zu jedem Liedtext ein Bild. Wie haben Sie das zusammen erarbeitet? Ich komm nicht so richtig dahinter.
Stangl: Wir haben uns ein sehr technisches Korsett auferlegt: Jedes Bild darf zwei Farben haben, die Farben wechseln von Bild zu Bild: wir wechseln die Seiten ab und jeder macht die übernächste Illustration, das ist der ganze Trick.
Wegmann: Aber es ist dann schon erstaunlich, so unterschiedlich wie Sie arbeiten, dass sie sich da wahnsinnig toll ergänzen in der Zusammenarbeit.
Herold: Ja, aber es ist, wie Katrin sagt, es liegt ganz stark an der Technik, weil durch das zweifarbige wird die Ästhetik schon stark vorgegeben. Es wird einfacher und reduzierter und dadurch nähern sich auch die Zeichnungen an. Weil es ein kleines Buch ist, wäre es schwierig konträre Sachen zu machen. Ich denke, wenn man genauer guckt, kann man schon erkennen, wer was gemacht hat, aber über die Technik haben wir die Verbindung geschaffen, damit es passt.
Wegmann: Ich hatte ja auch eine Idee, wie man Sie unterscheiden könnte, nämlich an den Nasen.
Herold: Ja, das kann gut sein, würde ich auch sagen: Gesichter und Nasen.
Inspiration im Alltag und durchs Buch
Wegmann: Sie haben beide Familien und Kinder. Sie wohnen beide in der Stadt. Was ist für Sie die unverzichtbarste Inspiration?
Stangl: Lesen. Alles mögliche. Den Kindern vorlesen und selber abends einen Roman lesen.
Herold: Bei mir ist es auch viel das Gucken. Und das ist weit gestreut, ob Museum oder Buchhandlung, Bilder angucken. Und das ist natürlich beim Vorlesen mit inbegriffen.
Wegmann: Welche Rolle spielt Natur?
Herold: Zum Erholen eine große. Aber ich gehe nicht in die Natur und komme da auf Ideen. Bei mir ist es schon so, dass es sich aus dem Alltag ergibt. Ob Ideen für eine Geschichte oder eine formale oder technische Sache, oft läuft man rum, sieht eine Struktur oder etwas, das einen reizt und man denkt, das kann man gut benutzen.
Zuviel Angst, den Kindern etwas zuzumuten
Wegmann: Nun sind Sie beide keine Frischlinge mehr auf dem Bilderbuchmarkt, sind schon mehrere Jahre dabei. Sie kennen den Markt gut, gucken nach links und rechts. Was wünschen Sie dem Bilderbuch für die nächsten Jahre?
Stangl: Wir haben schon ein paar Mal festgestellt, dass die Bücher aus unserer Kindheit deutlich anders funktionieren. Ich kann es nicht gut beschreiben, aber sie sind weniger glatt gebürstet. Diese Bücher würde ich mir wünschen.
Herold: Ich wünsche mir Vielfalt. Es muss ja nicht nur das ganz spezielle Bilderbuch geben, aber ich habe schon das Gefühl, das es zur Zeit ganz stark eine Richtung gibt, Erfolgsrichtungen, die werden dann von allen aufgegriffen, da durch strömt dann alles in eine Richtung. Und natürlich, wie Katrin sagte, eine Scheu davor, ein bisschen spröde zu sein, ist auch größer geworden. Ich glaube, dass manchmal die Angst zu groß ist, Kindern was zuzumuten.
Didier Lévy und Katrin Stangl (Illustration)
"Als die wilden Tiere bei uns einzogen"
Aus dem Französischen von Silvia Bartholl
(Peter Hammer Verlag, Wuppertal), 32 Seiten
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(Peter Hammer Verlag, Wuppertal), 32 Seiten
Kurt Tucholsky und Katrin Stangl (Illustration)
"Vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße"
(Insel Verlag, Berlin), 104 Seiten
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Katrin Stangl
"Schwimmt Brot in Milch?"
(Aladin Verlag, Hamburg), 32 Seiten
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Katrin Stangl
"Stark wie ein Bär"
(Aladin Verlag, Hamburg), 32 Seiten
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Arne Rautenberg und Katrin Stangl (Illustration)
"vier kerzen, drei könige, zwei augen, ein stern.
24 Weihnachtsgedichte"
(Peter Hammer Verlag (Wuppertal), 32 Seiten
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Katrin Stangl
"Denkt euch nur, der Frosch ist krank"
(Verlagshaus Jacoby & Stuart, Berlin), 24 Seiten
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Spring GbR
"No. 15 Arbeit"
(mairisch Verlag, Berlin), 228 Seiten
"No. 15 Arbeit"
(mairisch Verlag, Berlin), 228 Seiten
Spring GbR
"#16 Sex"
(mairisch Verlag, Berlin), 252 Seiten
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Heike Herold und Ebi Naumann (Text)
"Das rote Ding"
(Aladin Verlag, Stuttgart), 32 Seiten
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Heike Herold
"Was Wim und Wanda alles können"
(Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim), 32 Seiten
"Was Wim und Wanda alles können"
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Ulf Nilsson und Heike Herold (Illustration)
"Mein Papa und ich"
(Moritz Verlag, Frankfurt/M), 78 Seiten
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Katrin Stangl und Heike Herold (Illustration)
und Johannes Stankowski (Lieder)
"Tausend schöne Dinge"
(Pänz Verlag, Köln), 20 Seiten, mit CD
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"Tausend schöne Dinge"
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