"Die Sitzung ist eröffnet. Bevor ich die amtlichen Mitteilungen zur Kenntnis gebe, möchte ich doch zu Beginn der heutigen Sitzung sagen:"
Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth am 23. August 1990.
"Wir alle sind glücklich und erleichtert über den wichtigen Beschluss der Volkskammer der DDR gestern Abend."
In den frühen Morgenstunden hatten im Ostberliner Palast der Republik die Abgeordneten der Volkskammer der DDR nach einer nächtlichen kontroversen und emotionalen Sitzung den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik zum 3. Oktober 1990 beschlossen. Damit war das monatelange Hin und Her um den Beitrittstermin endlich beendet. Die Auseinandersetzungen reichten bis in den Februar zurück, als sich die Einheit Deutschlands als politisch machbare Option abzuzeichnen begann. Neben wirtschafts- und währungspolitischen Fragen beherrschten damals auch verfassungsrechtliche Aspekte die Diskussionen um die mögliche Wiedervereinigung. Manfred Görtemaker, Historiker an der Universität Potsdam:
"Im Übrigen ging es ja auch darum, festzustellen, wie dieser Vereinigungsprozess tatsächlich ablaufen sollte: Ob eben nach Artikel 23 Grundgesetz mit einem Beitritt Ostdeutschlands zum Geltungsbereich des Grundgesetzes, oder eben nach Artikel 146, das heißt auf dem Wege der Erarbeitung einer neuen Verfassung."
Diese Überlegungen erwiesen sich wenig später als Makulatur: Mit dem überwältigenden Sieg der konservativen, von der CDU angeführten "Allianz für Deutschland" bei den ersten und einzigen freien Volkskammerwahlen im Frühjahr 1990 waren die innerdeutschen Weichen unwiderruflich für eine schnelle Wiedervereinigung nach Artikel 23 des Grundgesetzes gestellt.
Widerstand regte sich vor allem bei den Bürgerrechtlern, die mit ihrem aufrechten Gang die Wende in der DDR angestoßen hatten und teilweise noch an eine Reformierbarkeit der DDR glaubten. Aber auch manche Sozialdemokraten hätten eher die Ausarbeitung einer neuen gemeinsamen Verfassung befürwortet, denn einen sang- und klanglosen "Beitritt" der DDR zur Bundesrepublik. Manfred Görtemaker:
"Eine lange Verfassungsdiskussion hätte eine Gefahr oder zumindest ein Risiko bedeuten können, weil man ja damals nicht wusste, wie groß dieses Fenster der Gelegenheit sein würde, tatsächlich ein vereintes Deutschland zu schaffen. Es hätte ja beispielsweise durchaus sein können, dass Gorbatschow gestürzt wird, und dann hätten wir eine völlig neue Situation gehabt."
Mit dem Inkrafttreten der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion am 1. Juli war der erste Schritt zur Einheit getan. Die Regierungen der DDR und der Bundesrepublik verhandelten bereits über den Einigungsvertrag, der die Beitrittsmodalitäten festschrieb. Nur wann die DDR der Bundesrepublik beitreten sollte, war immer noch strittig. Am späten Abend des 22. August trat die Volkskammer der DDR zu einer Sondersitzung zusammen, einzige Tagesordnungspunkte: ein Antrag der Deutschen Sozialen Union für den sofortigen Beitritt der DDR zur BRD nach Artikel 23 des Grundgesetzes und ein Antrag von Abgeordneten der CDU, den Beitritt zum 14. Oktober 1990 zu beschließen, nach der Wahl der neuen Länderparlamente. Beide Anträge wurden abgelehnt.
Weit nach Mitternacht präsentierten die Fraktionen der CDU/Demokratischer Aufbruch, FDP, DSU und SPD schließlich einen gemeinsamen Kompromissvorschlag mit dem 3. Oktober als Beitrittstermin. Kurz nach halb drei verkündete Volkskammerpräsidentin Sabine Bergmann-Pohl das Abstimmungsergebnis.
"Die Volkskammer erklärt den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes mit der Wirkung vom 3. Oktober 1990. Abgegeben wurden 363 Stimmen, davon ist keine ungültige Stimme abgegeben worden. Mit "Ja" haben 294 Abgeordnete gestimmt."
Bei 62 Nein-Stimmen und sieben Enthaltungen hatten mehr als 80 Prozent der Volkskammerabgeordneten ein eindeutiges Votum für den Beitritt nach Artikel 23 abgegeben.
Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth am 23. August 1990.
"Wir alle sind glücklich und erleichtert über den wichtigen Beschluss der Volkskammer der DDR gestern Abend."
In den frühen Morgenstunden hatten im Ostberliner Palast der Republik die Abgeordneten der Volkskammer der DDR nach einer nächtlichen kontroversen und emotionalen Sitzung den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik zum 3. Oktober 1990 beschlossen. Damit war das monatelange Hin und Her um den Beitrittstermin endlich beendet. Die Auseinandersetzungen reichten bis in den Februar zurück, als sich die Einheit Deutschlands als politisch machbare Option abzuzeichnen begann. Neben wirtschafts- und währungspolitischen Fragen beherrschten damals auch verfassungsrechtliche Aspekte die Diskussionen um die mögliche Wiedervereinigung. Manfred Görtemaker, Historiker an der Universität Potsdam:
"Im Übrigen ging es ja auch darum, festzustellen, wie dieser Vereinigungsprozess tatsächlich ablaufen sollte: Ob eben nach Artikel 23 Grundgesetz mit einem Beitritt Ostdeutschlands zum Geltungsbereich des Grundgesetzes, oder eben nach Artikel 146, das heißt auf dem Wege der Erarbeitung einer neuen Verfassung."
Diese Überlegungen erwiesen sich wenig später als Makulatur: Mit dem überwältigenden Sieg der konservativen, von der CDU angeführten "Allianz für Deutschland" bei den ersten und einzigen freien Volkskammerwahlen im Frühjahr 1990 waren die innerdeutschen Weichen unwiderruflich für eine schnelle Wiedervereinigung nach Artikel 23 des Grundgesetzes gestellt.
Widerstand regte sich vor allem bei den Bürgerrechtlern, die mit ihrem aufrechten Gang die Wende in der DDR angestoßen hatten und teilweise noch an eine Reformierbarkeit der DDR glaubten. Aber auch manche Sozialdemokraten hätten eher die Ausarbeitung einer neuen gemeinsamen Verfassung befürwortet, denn einen sang- und klanglosen "Beitritt" der DDR zur Bundesrepublik. Manfred Görtemaker:
"Eine lange Verfassungsdiskussion hätte eine Gefahr oder zumindest ein Risiko bedeuten können, weil man ja damals nicht wusste, wie groß dieses Fenster der Gelegenheit sein würde, tatsächlich ein vereintes Deutschland zu schaffen. Es hätte ja beispielsweise durchaus sein können, dass Gorbatschow gestürzt wird, und dann hätten wir eine völlig neue Situation gehabt."
Mit dem Inkrafttreten der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion am 1. Juli war der erste Schritt zur Einheit getan. Die Regierungen der DDR und der Bundesrepublik verhandelten bereits über den Einigungsvertrag, der die Beitrittsmodalitäten festschrieb. Nur wann die DDR der Bundesrepublik beitreten sollte, war immer noch strittig. Am späten Abend des 22. August trat die Volkskammer der DDR zu einer Sondersitzung zusammen, einzige Tagesordnungspunkte: ein Antrag der Deutschen Sozialen Union für den sofortigen Beitritt der DDR zur BRD nach Artikel 23 des Grundgesetzes und ein Antrag von Abgeordneten der CDU, den Beitritt zum 14. Oktober 1990 zu beschließen, nach der Wahl der neuen Länderparlamente. Beide Anträge wurden abgelehnt.
Weit nach Mitternacht präsentierten die Fraktionen der CDU/Demokratischer Aufbruch, FDP, DSU und SPD schließlich einen gemeinsamen Kompromissvorschlag mit dem 3. Oktober als Beitrittstermin. Kurz nach halb drei verkündete Volkskammerpräsidentin Sabine Bergmann-Pohl das Abstimmungsergebnis.
"Die Volkskammer erklärt den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes mit der Wirkung vom 3. Oktober 1990. Abgegeben wurden 363 Stimmen, davon ist keine ungültige Stimme abgegeben worden. Mit "Ja" haben 294 Abgeordnete gestimmt."
Bei 62 Nein-Stimmen und sieben Enthaltungen hatten mehr als 80 Prozent der Volkskammerabgeordneten ein eindeutiges Votum für den Beitritt nach Artikel 23 abgegeben.