Archiv


Im Einsatz für die ganz junge Kunst

Das Verhältnis zwischen den Sammlern und den Museen hat sich gewandelt, und das recht gründlich. Waren es früher die Museen, die den Kanon vorgaben, an dem sich die privaten Kunstliebhaber zu orientieren wussten, so ist seit einigen Jahren ein umgekehrter Einfluss nicht mehr zu verleugnen: Die Museen müssen ihr Augenmerk darauf richten, was in die privaten Sammlungen hineinfindet. Dort werden seit einigen Jahren die Trends gesetzt, und dort kauft man auch an, was irgendwann zwangsläufig in die öffentlichen Museen finden muss. Denn eigene Ankaufsetats gibt es vielerorts schon lange nicht mehr, und auch die Landesmuseen müssen darben.

Von Stefan Koldehoff | 19.03.2004
    Deshalb lohnt es sich, zur Zeit ganz besonders gründlich hinzuschauen, wenn ein großes deutsches Museum ankündigt, es werde eine private Sammlung zeigen. Manchmal steckt einfach nur der Wunsch eines Besitzers dahinter, seinen Besitz mit anderen zu teilen. Der Kieler Unternehmer Draeger verfährt so: Seine Bilder von Monet, Corinth und Slevogt reisen seit Monaten durch die kleineren Häuser der Republik, ohne dass gesagt worden wäre, wem sie gehören. So etwas nennt man Mäzenatentum. Andere wiederum platzieren ihre nicht selten wenig wagemutig zusammengestellten Kunstschätze werbewirksam im Museum, um sie anschließend um so gewinnbringender verkaufen zu können. Die Expressionistensammlung Ahlers war vor einigen Jahren so ein Fall. Der Verkauf allerdings, so ist zu hören, verläuft eher schleppend. Wieder andere suchen verzweifelt ein Museum, weil sie aus unerfindlichen Gründen der Meinung sind, dass auch anderen gefallen müsse, was bei ihnen an gefälliger Wohnzimmerkunst zu Hause hängt - der Münchner Galerist Alfred Gunzenhauser beispielsweise wurde schließlich endlich in Chemnitz genommen.

    Und dann gibt es Sammler wie Ute und Rudolf Scharpff. Der ehemalige Bosch-Manager und seine Frau haben eine Sammlung zusammengetragen, die an Qualität ihresgleichen sucht. Gelingen konnte das, weil sich das Ehepaar neben guten Beratern vor allem auf das eigene Auge und das eigene Gespür verließ. Beide haben nicht gekauft, um zu gefallen, sondern was ihnen gefiel. Beide lieben einfach nur den Filter der Kunst, um die Gegenwart zu sehen.

    Die Sammlung Scharpff, die seit heute in der Stuttgarter Staatsgalerie zu sehen ist, zeigt fast ausschließlich Künstler der unmittelbaren Gegenwart - und sie feiert die Malerei. Junge deutsche Künstler wie Neo Rauch, Eberhard Havekost oder Daniel Richter sind mit großen Tafelbildern vertreten, die sie virtuos beherrschen. Aus ihnen spricht kein Zeitgeist, sie geben das Lebensgefühl einer Generation unmittelbar wieder.


    Einer jungen Generation - und das ist das besondere an dieser Ausstellung. Denn Rudolf Scharpff, der all diese Bilder - von Sarah Morris und Franz Ackermann, von Albert Oehlen und Christopher Wool - gekauft hat, ist Jahrgang 1929 - mithin 75 Jahre alt. Er könnte der Großvater vieler seiner Künstler sein - und doch sagt er, lerne er von ihnen, nicht umgekehrt.

    Die amerikanischen Bilder aus ihrem Besitz haben Ute und Rudolf Scharpff schon vor Jahren als Dauerleihgabe an die Hamburger Kunsthalle gegeben - nicht in ihre Heimatstadt Stuttgart. Dort ist jetzt die ganze Sammlung zu sehen. Für das, was Hamburg nicht hat, gibt es noch keine Zukunftspläne.